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Verheißung des Glücks

Verheißung des Glücks

Titel: Verheißung des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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seine Mutter habe nie versucht, etwas gegen die unsäglichen Vorkommnisse in jenen Tagen zu unternehmen. Und nun stellte sich heraus, dass sie durchaus versucht hatte, ihrem Sohn zu helfen — wenn auch ohne Erfolg.
    Melissa konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Großvater sehr erbaut war, wenn man ihn in seinem eigenen Haus anschrie, ihm Vorwürfe machte oder ihn gar beleidigte. Abgesehen davon ertrug er Kritik an seinen Söhnen besonders schlecht. Melissa fragte sich, warum sie und Lincoln erst jetzt von Eleanor Ross' Besuch bei den MacFearsons erfuhren.
    »Wie reagierte Großvater denn?«
    »Er tat, was sie verlangte.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Wahrscheinlich waren es die Tränen«, sagte Neill. »Sie fing an zu weinen, bevor sie aus dem Haus rannte. Er befahl uns, dass wir uns von Line fern halten sollten.«
    »Aber ihr habt ihm nicht gehorcht.«
    »Meli, kein Einziger von uns zog damals durch die Gegend, um Line zu verprügeln. Und als Dad drohte, dass er uns die Reitpeitsche spüren lasse, falls er noch einmal Klagen über uns hören müsste, versuchten wir wirklich alles, um Line aus dem Weg zu gehen. Das hatten wir sowieso schon vorgehabt. Aber der wütende Auftritt seiner Mutter änderte gar nichts. Line ließ uns einfach nicht in Ruhe. Er kam immer wieder zurück und legte sich aufs Neue mit uns an.«
    »Es reicht!«, sagte Lincoln kalt. »Ich kann es einfach nicht mehr hören. Selbst wenn ihr die alte Geschichte noch tausendmal aufwärmt — es ist und bleibt nur die halbe Wahrheit. Bringen wir es hinter uns.«
    Ohne auf die anderen zu warten, ritt er den Hügel hinab. Melissa seufzte. Zu Neill und Jamie, der inzwischen bei ihnen angekommen war, sagte sie: »Nehmt es ihm nicht übel. All die Jahre glaubte er, alles wäre wieder ins Lot gekommen, wenn seine Mutter nur einmal mit eurem Vater geredet hätte. Er wusste bis heute nicht, dass sie das versucht hat.«
    »Das hat sie. Und sie nahm wirklich kein Blatt vor den Mund. Aber bewirkt hat sie damit gar nichts«, antwortete Neill.
    »Ja, und das macht die ganze Sache für Lincoln nicht einfacher«, antwortete Melissa.
    Langsam folgten sie Lincoln hinunter zum Haus. Melissa war bedrückt. Offenbar hatte Lincoln sich in seiner Mutter getäuscht. Nach langem Hin und Her hatte er diesem Besuch bei ihr zugestimmt. Würde er nun herausfinden, dass er jahrelang dem falschen Menschen die Schuld für seinen unfreiwilligen Umzug nach England gegeben hatte?
    Lincoln war bereits im Salon. Neill blieb draußen im Hof. Jamie, der Melissa ins Haus begleitete, blieb in der Eingangshalle stehen, machte sich aber sofort aus dem Staub, als Eleanor Ross erschien.
    Lincoln schritt vor dem Kamin auf und ab — ob aus Nervosität oder Ungeduld war unmöglich zu sagen.
    »Es wird alles gut werden«, versuchte Melissa ihn zu ermutigen, obwohl sie selbst nicht recht daran glauben konnte.
    Er gab keine Antwort. Mit einem Mal trat Eleanor ein. Sie wirkte reserviert, so als ahnte sie gleichsam, warum die beiden gekommen waren.
    Es gelang ihr, sich für Melissa ein Lächeln abzuringen, das jedoch kaum mehr war als ein gequältes Verziehen der Lippen. »Welch eine angenehme Überraschung! Steht der Termin denn schon fest?«
    »Ja«, antwortete Melissa. »Wir heiraten Ende des Monats. Sie kommen doch zu unserem Fest, nicht wahr?«
    »Ich komme gerne — wenn Lincoln nichts dagegen hat.«
    Noch deutlicher hätte sie es kaum aussprechen können. Doch Eleanor war der Schreck über ihre unverblümten Worte anzusehen. Sie wurde kreidebleich. Lincoln staunte nicht schlecht, dass seine Mutter damit selbst das leidige Thema des überaus unterkühlten Verhältnisses, das zwischen ihnen herrschte, auf den Tisch brachte. Er starrte seine Mutter wortlos an.
    Eleanor sank auf einen Stuhl. »Es war dumm von mir, so daherzureden.«
    Lincoln duldete keine Abschwächung des Gesagten. »Was wolltest du denn in Wirklichkeit antworten? Wenn es deine Zeit erlaubt? Wenn du nichts Wichtigeres zu tun hast? Oder brauchst du noch ein wenig Zeit, um dir eine Entschuldigung auszudenken, damit du nicht zu unserer Hochzeit kommen musst?«
    »Was wirfst du mir eigentlich vor?«
    »Mangelndes Interesse vielleicht. Es ist schließlich nur die Hochzeit deines Sohnes — des Sohnes, der dir schon vor Jahren gleichgültig wurde.«
    Lincoln wandte sich ab. Eleanors verletzten Blick sah er nicht. Doch auch er war tief getroffen, hatte die Worte nur mit Mühe hervorschleudern können. Melissa hielt es nicht länger aus. Sie

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