Verheißungsvolle Sehnsucht
er plötzlich vor mir gestanden hätte. Ich war wütend und am Boden zerstört. Und ich war sauer … sauer, dass er so ein Feigling gewesen war, der nicht geholfen hat, als meine Mutter ihn am meisten brauchte.«
»Ich verstehe das. Glauben Sie mir … wirklich. Ich habe keinen Kontakt zu meiner Familie. Nun ja, kaum. Vor Kurzem hat meine Schwester mich aufgesucht, aber bis dahin hatte ich mit keinem aus meiner Familie etwas zu tun.«
Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte ihn. Ihre Hände berührten sich immer noch, und er zeichnete unterschiedliche Muster auf ihre Haut, indem er seinen Daumen von den Knöcheln zum Handgelenk und zurück gleiten ließ. Es gefiel ihm, sie zu berühren. Er hätte sie die ganze Nacht berühren können. Und daran war nichts Sexuelles. Er genoss ganz einfach die seidige Glätte ihrer Hand … und ihrer Finger, deren Kuppen jeweils einen anderen Farbfleck aufwiesen.
»Was hat Ihre Familie getan?«, fragte sie leise.
»Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie Ihnen irgendwann einmal erzählen. Aber jetzt möchte ich viel lieber alles über Sie erfahren.«
Sie runzelte die Stirn. »Das ist nicht fair. Ich habe Ihnen von meiner Familie erzählt. Ich werde erst weiterreden, wenn Sie mir auch etwas über Ihre erzählt haben.«
Er lachte leise, und seine Finger legten sich fester um ihre Hand. Sie riss die Augen auf und senkte schnell den Blick auf ihre jetzt ineinander verwobenen Finger. Ja, sie spürte es ebenso wie er. Aber sie kämpfte im Gegensatz zu ihm dagegen an.
»Na gut. Ich erzähle Ihnen ein bisschen, und dann sind Sie wieder dran.«
Sie runzelte die Stirn. »Das hängt davon ab, für wie wertvoll ich Ihre Informationen erachte. Sie müssen mir schon etwas bieten, das in etwa den gleichen Wert hat wie das, was ich Ihnen erzählt habe.«
»Nun, das ist unmöglich«, murmelte er. Er sah ihr tief in die Augen, und wieder hatte er das Gefühl, in deren Tiefen zu ertrinken. »Nichts von dem, was ich erzähle, kann so wertvoll sein wie das, was Sie mir anvertrauen.«
Ihre Wangen röteten sich, und sie senkte den Blick. Ihre Hand zuckte in seiner, aber er hielt sie so fest, dass sie sie ihm nicht entziehen konnte.
»Es mag sein, dass Sie das so sehen«, erklärte sie heiser. »Aber vielleicht finde ich das, was Sie mir erzählen, viel wertvoller. Schauen Sie … Sie sind mir gegenüber im Vorteil. Sie haben Informationen über mich eingeholt, haben mich beschatten lassen. Sie wissen bestimmt viel mehr über mich, als mir lieb ist. Deshalb ist es nur fair, einen Ausgleich herzustellen, indem Sie mir all Ihre dunklen Geheimnisse verraten.«
Sie flirtete mit ihm. Auf eine schüchterne, entzückende Art, als wüsste sie nicht genau, wie man so etwas macht. Er war noch nie so … aufgeregt gewesen. Und da war auch Lust. Eindeutig. Er begehrte sie, wie er noch nie zuvor eine Frau begehrt hatte. Aber da war noch mehr. Er interessierte sich für sie. Wollte wissen, wie sie dachte. Er wollte genauso sehr in ihren Kopf eindringen, wie er in ihren Körper wollte. Aber vor allem wollte er, dass sie ihm vertraute, auch wenn er sich das bisher durch nichts verdient hatte.
Er würde es ihr mit der Zeit beweisen. Wenn sie ihm nur die Gelegenheit dazu gab.
»Dunkle Geheimnisse, puh. Ich fürchte, ich muss Sie enttäuschen. Ich bin schrecklich langweilig. Ich bin mit meiner Arbeit verheiratet und verabscheue meine Familie fast so sehr, wie sie mich verabscheut. Meine richtige Familie sind meine Geschäftspartner und deren Frauen.«
»Mit der Ausnahme, dass Ihre Schwester Sie vor Kurzem aufgesucht hat. Haben Sie wieder zueinandergefunden?«
Er ließ ihre Hand los und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Sein Blick schweifte für einen Moment in die Ferne, ehe er Josie wieder ins Gesicht sah.
»Das könnte man wohl so sehen. Allerdings bin ich noch nicht vollständig von ihrer Ernsthaftigkeit überzeugt. Ich würde gerne glauben, dass sie endlich mit dem Wolfsrudel gebrochen hat, aber das wird die Zeit zeigen.«
»Was hat Ihre Familie denn gemacht? Mit Ihnen beiden?«
Ash seufzte. »Uns zur Welt gebracht? Wenn ich das nur wüsste. Meine Mutter hat überhaupt keine Muttergefühle und trotzdem vier Kinder in die Welt gesetzt. Es verwirrt mich, dass eine so egoistische Frau immer noch mehr Kinder bekommen hat, die sie doch generell als Belastung ansieht.«
Josies Nase kräuselte sich und sie sah ihn voller Mitgefühl an.
»Sind Sie nie mit Ihrer Familie ausgekommen? Auch nicht
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