Verhext in Texas: Roman (German Edition)
wurde klar, wie sehr ich mich abseits der magischen Welt gelangweilt hatte.
» Ich muss mich als Detektiv betätigen. Du bist nicht mehr dabei.« Ich zuckte innerlich zusammen, aber bevor ich etwas zu meiner Verteidigung vorbringen konnte, wurden wir unterbrochen.
»Hallo! Wer ist denn da?«, erklang die Stimme meiner Oma aus dem Erdgeschoss. »Ich kenne dieses Auto nicht, also wenn Sie uns gerade berauben, sollten Sie wissen, dass ich bewaffnet bin!«
»Und das ist meine Oma«, seufzte ich. »Ich wusste ja, dass uns nicht viel Zeit bleiben würden.« Ich stand auf und rief nach unten: »Ich bin’s nur, Oma. Ich hab einen Freund zu Besuch.«
»Das indische Mädchen aus dem Hotel?«
»Nein, ein Freund von außerhalb ist zu Besuch gekommen.« Ich gab Owen ein Zeichen, und er stand auf und folgte mir nach unten. »Oma, das ist Owen. Er ist aus New York. Owen, das ist meine Großmutter, Mrs Callahan.«
Owen wollte ihr die Hand geben, aber sie stützte beide Hände auf ihren Gehstock und musterte ihn in aller Ruhe von Kopf bis Fuß. »Bei dieser Hautfarbe müssen sie wohl irisch sein«, sagte sie. »Schön, mal jemanden aus der alten Heimat zu treffen.«
Ich biss mir auf die Zunge, um sie nicht im üblichen Stil meiner Mutter daran zu erinnern, dass sie nie einen Fuß in die alte Heimat gesetzt hatte. Aber ich nahm an, dass ihr texanischer Akzent ausreichte, damit jemand von Owens Klugheit es auch so begriff. Noch hatte sie ihren nachgemachten irischen Tonfall nicht aufgesetzt. »Ich bin mir nicht sicher, was ich für eine Abstammung habe«, antwortete er. »Aber es könnte etwas Irisches dabei sein.« Owen hatte übrigens nicht die leiseste Ahnung, wer er war. Er war als kleines Kind verwaist und wusste nichts über seine Eltern. Ich kannte nicht alle Details, aber ich stellte mir vor, wie er als Baby in einem Korb auf den Stufen einer Kirche ausgesetzt worden war. So passierte das jedenfalls immer in Büchern.
»Ach, Sie sind irisch, da bin ich mir sicher. Ich glaube, durch Ihre Adern fließt sogar ein bisschen Magie.« Und damit schaltete sie auf den irischen Akzent um. »Ich vermute, Sie begegnen auch hin und wieder Angehörigen des Elfenvolks.« Sie tippte mit einem ihrer knotigen Finger in ihren Augenwinkel. »Ich weiß so was, wirklich. Es heißt, ich hätte das zweite Gesicht.«
»Mutter, du erzählst Owen doch wohl nicht diese Geschichten?«, drang die Stimme meiner Mom aus der Küche. Dann erschien sie im Wohnzimmer. »Kannst du uns vielleicht einen Kaffee machen, Mutter? Ich bin sicher, dass Owen nach der langen Fahrt einen Energieschub gebrauchen könnte.« Oma warf Owen noch einen langen, fragenden Blick zu und verschwand schließlich in die Küche. Mom senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: »Lassen Sie sich nicht täuschen. Sie hat nie einen Fuß aus Texas rausgesetzt. Wir haben zwar irische Vorfahren, aber alles, was sie über die alte Heimat weiß, hat sie aus Spielfilmen. Und falls sie das zweite Gesicht hat, ist das garantiert genauso vom grauen Star in Mitleidenschaft gezogen wie ihre Augen.«
»Sie hat nur sehr selten recht«, stimmte ich zu, aber Oma hatte mit ihrer Feststellung richtig gelegen, dass Owen Magie in sich trug. Hatte sie das wirklich gesehen, oder war das nur eine ihrer üblichen Plappereien gewesen?
»Jetzt entschuldigt mich«, meinte Mom, »ich muss mich ums Abendessen kümmern. Ich habe die ganze Familie eingeladen, damit wir Sie besser kennenlernen.«
So wie es aussah, würde es eine echte Herausforderung werden, Ermittlungen anzustellen – von der Klärung unseres Verhältnisses zueinander ganz zu schweigen.
7
Zum Glück reagierte Owen nicht so, wie ich es am liebsten getan hätte; er rannte nicht schreiend aus dem Haus. Er reagierte auch nicht so, wie ich fast vermutet hatte, nämlich mit einer plötzlichen Schockstarre. Stattdessen sagte er leise, aber mit einem bestimmten Unterton: »Das ist sehr nett von Ihnen, Mrs Chandler, aber ich hatte mich darauf gefreut, den Abend mit Katie zu verbringen.« Mit diesen Worten legte er seinen Arm um mich und bewies damit, dass er wirklich hier war und nicht nur aus einer magischen Nebelwolke bestand. O ja, er war definitiv wirklich und sehr, sehr präsent, und ich wollte den Abend noch weniger mit der Familie verbringen. Ich hatte ganz vergessen, wie gut es tat, wenn er seinen Arm um mich legte.
Mom zögerte. »Oh. Das hätte ich mir eigentlich auch denken können. Ja. Ich nehme an, Sie sind ohnehin müde von der Reise.
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