Verhext in Texas: Roman (German Edition)
all die Stärkungen schon vergessen, die sie mir in den letzten Tagen hat angedeihen lassen.«
»Das ist ihre Art, dir ihre Zuneigung zu zeigen. Gewöhn dich also dran. Solange du hier bist, wird sie dich mit Essen vollstopfen. Bis später.«
Ungefähr eine Stunde später rief Nita an. »Du glaubst nicht, was ich für einen Morgen hatte«, seufzte sie. Da ich ihren Hang zum Dramatisieren kannte, hielt ich es für absolut möglich, dass sie meinte, dass das Telefon einmal geklingelt hatte. Deshalb vermied ich es, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen, ganz gleich welche Sorgen ich mir darum machte, was ein ganz spezieller Gast im Motel wohl so trieb.
»Was war denn los?«, fragte ich.
»Ich hatte viel zu tun. Heute Morgen haben schon drei Leute eingecheckt, und dazu gab es noch mehrere Reservierungen. Wenn das den ganzen Tag so weitergeht, muss ich womöglich noch ausprobieren, ob die »Ausgebucht«-Anzeige noch funktioniert. So viele Gäste an einem Tag hatten wir schon seit unserem Familientreffen vor einigen Jahren nicht mehr.«
»Was ist denn bloß los?«, fragte ich sofort noch misstrauischer.
»Vielleicht sind das die anderen Mitglieder der Band! Oder ein paar Fans. Irgendwie waren die alle vom gleichen Schlag. Das ist wohl so eine Art Emo-Gruppe, oder?«
Ich war mir nicht mal sicher, was ein »Emo« überhaupt war. »Die sind schwer einzuordnen«, improvisierte ich. »Halte mich auf dem Laufenden, entweder hier oder zu Hause. Ich bin neugierig. Sind auch gutaussehende Typen dabei?«
Sie prustete los. »Nicht mal das! So verzweifelt ich auch bin, auf eine so niedrige Stufe würde ich mich nicht begeben, auch wenn sie bei einer Band sind. Und natürlich ist keiner von ihnen Inder. Vielleicht sind sie ja hier, um in der Abgeschiedenheit an einem neuen Album zu arbeiten. Wenn es gut wird, wird unser Motel bestimmt berühmt. Oh, warte mal. Ist das zu fassen? Da kommt schon der Nächste. Ich muss auflegen. Ich glaube, ich sollte eine Erfolgsprämie verlangen.«
Ich war ganz sicher, dass es Dutzende von sehr vernünftigen Gründen dafür gab, dass plötzlich Scharen von unattraktiven jungen Männern nach Cobb strömten. Aber da Phelan Idris, der Schutzpatron der unattraktiven sozialen Außenseiter, ebenfalls in der Stadt war, war ich geneigt zu glauben, dass hier irgendwas im Gange war.
»Ich mache Schluss für heute«, sagte ich zu Sherri, während ich meine Tasche schnappte und das Büro verließ. »Ich hab alle Bestellungen und Rechnungen abgearbeitet. Ruf mich zu Hause an, wenn du mich brauchst.«
»Stimmt irgendwas nicht?«, fragte sie.
Ich war so überrascht, dass sie sich in jemanden hineinversetzen konnte, mit dem sie gerade nicht flirtete, dass es einige Sekunden dauerte, bis mir eine Antwort einfiel. »Owen ging es gestern Abend nicht gut. Ich will ihn deshalb nicht zu lange mit Mom allein lassen.«
»Ja, dann solltest du wirklich nach Hause fahren.« Sie klang ehrlich mitfühlend. Wenige Tage zuvor wäre mir das noch wie ein Wunder erschienen.
Owen saß, mit zwei Hunden zu seinen Füßen, auf der Hollywoodschaukel auf der Veranda. »Du siehst schon wesentlich besser aus«, sagte ich, als ich mich zu ihm setzte.
»Ja, ich fühle mich auch besser. Was machst du denn so früh zu Hause? Wenn du so weitermachst, merken sie am Ende noch, dass sie auch ohne dich klarkommen.«
»Ich versuche, sie zu entwöhnen, damit es nicht zu schwierig wird, sich hier wieder loszueisen.« Ich wartete darauf, dass er sagte, dass ich ja mit ihm zurück nach New York gehen könne, wenn diese Sache vorbei war, aber er tat es nicht. Also erklärte ich ihm, warum ich so früh gekommen war: »Ich bin nicht sicher, ob das relevant ist, aber Nita hat erzählt, heute Morgen wären schon mehrere neue Gäste angekommen. Und weitere Zimmer sind reserviert. Es handelt sich ausschließlich um junge Männer, und bislang fand sie keinen von ihnen sonderlich beeindruckend.«
»Und das Ganze ist ungewöhnlich für das Motel?«
»Normalerweise checken da vielleicht zwölf Gäste pro Woche ein, wenn’s hochkommt. Ich finde es schon verdächtig, dass ihnen einen Tag nach Idris’ Ankunft plötzlich lauter Typen von dem Schlag, die er für gewöhnlich anzieht, die Bude einrennen.«
»Du hast recht. Wahrscheinlich hecken sie etwas aus.« Er holte sein Handy aus der Tasche und rief jemanden an. »Sam? Gibt es von letzter Nacht irgendetwas zu berichten?« Er hörte sich die Antwort an und fragte dann: »Kannst du zurück zum Motel
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