Verhext: Roman (German Edition)
wunderschön.« Nat strömten erneut die Tränen über die Wangen. »Wie heißt er?«
»Das weiß ich nicht.« Ihr Anblick rührte ihn. Sehr sanft sagte er: »Nat, Visionen sind nicht sicher. Ich weiß nicht mit Sicherheit, ob es ihn einmal geben wird.«
Nat wurde noch blasser. »Er hat sich real angefühlt. Ich habe ihn geliebt. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll.«
Jamie zog sie in seine Arme und hielt sie fest. »Ich auch nicht.«
Langsam hörte seine Welt auf zu beben. Nat fühlte sich kalt an. Er zog eine Machtlinie zu sich heran und pumpte Wärme in den Raum. Nicht viel, aber es reichte. Mit seinen magischen Tricks konnte er sie ein anderes Mal beeindrucken.
Als sie langsam wieder warm wurde, schob er die Gedanken an lockige Jungen und Schneemänner beiseite. Wenn seine gesamte Zukunft auf dem Spiel stand, gab es nur eine Möglichkeit.
»Hast du Hunger? Ich kenne da ein gutes Sushi-Restaurant.«
Lauren trug Tee und eine Schale Brezeln hinüber zu ihrer geliebten Couch. Was für ein Tag. Ihr Kopf fühlte sich immer noch irgendwie leer an, genauso wie ihr Magen. Wenn sie so weiteraß, würde sie ihre nächste Lebensmittelbestellung deutlich aufstocken müssen.
Sie war also eine Hexe. Oder wenigstens hatte sie irgendeine Art von Mentalkräften. Vielleicht war sie eine Empathin. Das hörte sich alles so verrückt an. Sie würde morgen weiter darüber nachdenken. Denken tat weh.
Lauren ließ die Gedanken vorüberziehen und glitt in den Schlaf. Traumfetzen zogen vor ihrem inneren Auge vorbei. Tanzende in einem Club. Nat inmitten von Menschen am Weihnachtsmorgen. Nats Familie konnte es nicht sein – dafür waren sie viel zu unverkrampft. Nat mit einem runden Babybauch. Nat, die einen Schneemann mit einem kleinen Jungen baute, der wie Jamie aussah.
Lauren schreckte so abrupt hoch, dass sie die Schale mit den Brezeln umstieß. Nat und Jamie? Sie schloss die Augen wieder, um die Bilder schärfer zu machen. Nein. Nat, Jamie und ein kleiner Junge, der Jamie sehr ähnelte. Sie waren eine Familie. Es war herzzerreißend, wie sehr er sie liebte.
Das waren keine Träume, das waren Bilder aus Jamies Kopf. Seine Visionen hatten von ihm und Nat gehandelt. Das war es, was sie so hart getroffen hatte – Jamies Gefühle. Guter Gott. Ihre beste Freundin würde Kinder mit einem Hexer haben?
Lauren nahm den Tee. Jetzt war sie hellwach. Es gab viel, worüber sie nachdenken musste. Sie versuchte sich
die Zukunft vorzustellen, die sie gerade gesehen hatte. Ja, sie hatte nicht um diese seltsamen Hexenkräfte gebeten, aber vielleicht war sie nicht die Einzige, deren Leben auf den Kopf gestellt wurde.
Dann kam ihr plötzlich ein Gedanke, und beinahe wäre zu den Krümeln in ihrem Schoß noch heißer Tee hinzugekommen. Eine Sache fehlte in Jamies Zukunftsvision.
Nats Mutter würde vor Wut explodieren. Allein dafür würde sie die Sache mit Jamie begrüßen. Selbst wenn er ein Hexer war.
8
»Mama, wer ist die hübsche Frau?«
Nell blickte vom Computer hoch. Ihr jüngster Sohn mampfte einen Apfel und sah sie neugierig an. »Welche Frau, Aervyn?«
»Die, die mit Onkel Jamie spielt.«
»Onkel Jamie ist in Chicago, Schatz.«
»Ich weiß. Mama, da gibt es Schnee.« Was für ein Kind, das in Kalifornien lebte, höchst beeindruckend war. »Er baut einen Schneemann mit der hübschen Frau und einem kleinen Jungen, der aussieht wie ich.«
Hm, dachte Nell. Aervyns Magie war zwar stark, aber er konnte sicher nicht über einen halben Kontinent hinweg mit Jamie in Gedankenaustausch treten.
»Wie sieht die hübsche Frau aus, Liebes?«
»Sie hat goldenes Haar, und sie kneift die Augen zusammen, wenn sie lacht. Sie lacht oft. Onkel Jamie liebt sie sehr. So wie er mich liebt, deswegen tut ihm manchmal das Herz weh.«
Was, zur Hölle, ging da in Chicago vor? Laurens Haar war kastanienbraun; Nell hatte ein Foto von ihr auf der Webseite der Immobilienagentur gesehen. Jamie fackelte nicht lange, aber sich in weniger als zwei Tagen ernsthaft
in eine Fremde zu verlieben? Ihr Bruder – der überzeugte Single? Unmöglich. Aervyn hatte immense Macht, aber er war erst vier. Wenn man vier Jahre alt war, ergab die Welt nicht immer Sinn.
»Ich weiß nicht, wer sie ist, Schatz. Ich frage Onkel Jamie das nächste Mal, wenn ich mit ihm spreche. Möchtest du ein Buch lesen?«
»Lass uns Magie spielen.« Ganz nebenbei verwandelte Aervyn seinen Apfel in einen glänzenden silbernen Ball und ließ ihn zwischen ihnen in der Luft
Weitere Kostenlose Bücher