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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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Schicksal besiegelt.
    Bevor er in den Krieg zog, war Kara Mustafa sich des Sieges so sicher gewesen, dass er dem Sultan versprochen hatte, ihm den Kopf des Kardinal Collonitz, welcher seit jeher in Wien zu den tatkräftigsten Betreibern des Krieges gegen die Türken gehörte, zum Geschenk zu machen. Um sich die göttliche Gunst Mohammeds zu erschmeicheln, hatte der Großwesir außerdem, bevor er zur Kampagne aufbrach, eine prächtige Moschee in Belgrad erbauen lassen.
    Nach der Niederlage hatte der Sultan das Versprechen seines Untergebenen keineswegs vergessen und fand sein Vergnügen daran, es nunmehr mit barbarischem Sarkasmus gegen ihn zu wenden.
    «Er flößte ihm einen bösen, sehr abstößlichen und ekelwärtigen Scherz ein», jubelte Ugonio in derber Schadenfreude.
    Am 25. Dezember 1683, dem Tag der Geburt unseres Heilands, mithin ein wichtiger Tag für Kardinal Collonitz (das war die erste grausame Ironie), betraten gegen ein Uhr mittags drei hohe Würdenträger aus dem Hofstaat des Sultans Kara Mustafas Haus in Belgrad. Vorweg schritt der Aga der Janitscharen, begleitet von einigen kräftigen Männern. Überrascht fragte Kara Mustafa, warum sie sich zu dieser Stunde die Mühe machten, ihn aufzusuchen, und ob womöglich etwas Ernstes geschehen sei. Inmitten der Gruppe der Würdenträger erblickte er das strenge Antlitz des Capigibachi, Zeremonienmeister des Sultans, und schloss daraus, dass die Würdenträger Befehle seines Herrn brachten. Tatsächlich kündigte ihm der Aga der Janitscharen an, der Sultan habe ein Dekret erlassen. Während er es vorzeigte, stürzten sich vier Berserker auf Kara Mustafa.
    Der Großwesir wurde mit einem Strick gefesselt und dann enthauptet – just das Ende (zweite grausame Ironie), welches er Kardinal Collonitz zugedacht hatte. Dem alten türkischen Brauch gemäß wurden ihm sodann Haut und Fleisch vom Kopf gerissen. Dem Sultan überbrachte man die mit Watte und Kräutern ausgestopfte Gesichtshaut, damit er sich des Todes seines Statthalters vergewissere. Der entfleischte Schädel aber wurde zusammen mit dem Leichnam und dem Strick ausgerechnet (dritte Ironie) in der von Kara Mustafa errichteten Moschee bestattet, zur immerwährenden Mahnung für die Untertanen der Hohen Pforte, die bei der Ausübung ihrer Pflicht versagten.
    «Dann aber verkaprizierte sich der Sultan durch eine sehr schiefe und argwärtige Unvorhersehentlichkeit», erläuterte der stinkende Spitzbube.
    Der Sultan konnte nämlich nicht vorhersehen, dass Belgrad 1688, kaum fünf Jahre später, in die Hände der Christen fallen sollte. Nach erbittertem Kampfe unter dem Kommando des Kurfürsten von Bayern und des Herzogs von Lothringen konnten die Kaiserlichen Truppen die Stadt endlich erstürmen und in ihre Gewalt bringen. Da die Jesuitenpatres die Ersten gewesen waren, die nach dem Sieg das Te Deum angestimmt hatten, wurde die Moschee des Kara Mustafa zwei Jesuiten anvertraut, damit sie diese in eine katholische Kirche verwandelten. Es waren der Beichtvater des Herzogs von Lothringen, Pater Aloisius Braun, und der Missionspater Franz Saverius Beringshoffen.
    Eines Nachts hörte man unheimliche Geräusche in der Moschee, als stoße eine Hacke gegen die Mauern oder als würden Gegenstände zerschlagen. Braun und Beringshoffen riefen eilig eine Gruppe bewaffneter Männer herbei, damit sie feststellten, wer sich um diese Zeit in dem Gebäude herumtrieb und ob es sich gar um Gespenster handelte. Weihwassersprengel nebst Laternen vor sich herschwenkend, betraten die beiden Patres zitternd mit den Soldaten die Moschee, gefolgt von weiteren bewaffneten Männern, und entdeckten, dass es keine Gespenster waren, welche da die Nachtruhe störten, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Es waren sieben Musketiere, sie hatten sich freiwillig von den christlichen Armeen einziehen lassen, welche Belgrad soeben zurückerobert hatten. Die Musketiere erklärten erschrocken, sie hätten hart gekämpft bei dem Überfall auf die Stadt, einige von ihnen seien sogar verwundet worden, aber bei der Aufteilung der Kriegsbeute hätten sie nicht dabei sein dürfen. Der Winter stand vor der Tür, und sie besaßen nicht einmal genug Geld, um sich wärmere Kleidung zu kaufen. Doch hatten sie von einem Freund erfahren, dass in dieser Moschee Kara Mustafa begraben liege, zusammen mit vielen, sehr wertvollen Gegenständen, darunter auch prächtige Winterkleidung, welche den sieben Musketieren wirklich gut zustattengekommen wäre. Also hatten sie

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