Verkehrt!
nächsten.
– Super, das ist ja beruhigend. So nach dem Motto: Egal, eine wird schon ja sagen.
Wir treten aus den Büschen. Vor uns wieder ein Schienenstrang.
– Super, da freue ich mich schon drauf, andauernd von Abblitzmillionären angesprochen zu werden.
– Handelt sich ja nicht um dich. Sind ja die Mädels.
– Stimmt, ja, stimmt. Ich muss los, die Schule.
– Klar, bis dann, Junge.
– Bis dann, Pernod.
Ich überquere vorsichtig das Gleis und schlittere auf meinen Hacken den Abhang auf der anderen Seite runter. Sand gelangt in meine Schuhe. Egal, ich renne die Straße hoch, biege ab und höre von weitem den Gong zur ersten Stunde.
37
Wirr gehe ich zu meinem eigentlichen Platz in der letzten Reihe und drehe dann einfach eine Runde, während Mario und Chris mich anstieren. Ich tue so, als würde ich sie nicht bemerken und das machen, was ich immer tue, wenn ich in die Klasse komme. So lässig wie möglich schlendere ich nach vorne und setze mich auf den freien Platz neben Clarissa.
– Was hast du denn dahinten gemacht?
– Wollte die Hunde zum Sabbern bringen.
Sie lacht. Ich gucke sie länger an, als ich sollte, sie merkt das und hebt die Augenbrauen. Sie war doch krank gestern, die war doch krank, das fragt man doch.
– Wo warst du gestern? Krank?
Sie lächelt, – Die Rote Zora.
– Den Film geguckt?
Clarissas Augenbrauen ziehen sich mitleidig zusammen.
Was ist los? Mag sie keine Filme? Klar, deswegen, und ich müsste das ja wissen.
– Haste gelesen, ja!, sage ich entschlossen.
Und ernte einen Blick wie ein Fünfjähriger, der seinem Papa beim Kühlschranktragen helfen möchte.
Ich bin verwirrt.
Die Tür wird geschlossen. Der Rektor Rupert wünscht uns, – Einen Guten Morgen.
Berntchen? Wo ist denn der Berntchen?
– Kinder, schlechte Nachricht, Physik fällt aus, der Herr Kollege Berntchen ist krank.
Allgemeiner Jubel.
– Wir schreiben stattdessen einen kleinen Aufsatz.
– Sie etwa auch?, schießt es aus mir heraus, und ich bereue es im gleichen Moment, denn das soeben begonnene Stöhnen der anderen erstirbt schlagartig.
Neben mir klappt Clarissas Kiefer auf den Tisch.
– Wie heißt du?, fragt der Rektor.
– Elizabeth.
– Erste Verwarnung. Bei der zweiten sitzt du nach heute Nachmittag. Ich kann nicht bei euch bleiben, ich habe noch andere Sachen zu tun. Ich möchte, dass ihr euch ruhig beschäftigt, mit einem Quäntchen Disziplin. Schreibt einen Aufsatz über diesen Sommer. Was würdet ihr an einem heißen Tag wie heute machen, wenn ihr nicht hier sitzen würdet. Da wird euch ja etwas einfallen.
Wieder geht die Türe auf. Ich komme noch mal rein. Irre. Total irre. Ich sehe nicht gut aus. Blaues Auge, verdreckte Klamotten, noch verdreckter als sonst. Sie zieht die Nase hoch.
Blaues Auge? Mein erster Kampf!
– Aha, sagt der Rektor, – Das war ja klar. Frank Zach, erste Verwarnung. Wegen Zuspätkommen. Setzen, Aufsatz schreiben …
– Wo ist Herr Berntchen?, fragt Elizabeth gebeugt, als erwarte sie einen Schlag in den Nacken.
– Das kann dir dein Sitznachbar erklären, und auch, was du zu tun hast und was passiert, wenn ich von dir noch was höre.
Elizabeth wirft mir einen schiefen Blick zu.
Ich muss verloren haben, ich muss meinen ersten Kampf verloren haben. So sieht kein Gewinner aus. Was Werner wohl gesagt hat?
Clarissa stöhnt angewidert.
Ich zeige mir selbst versteckt den Finger, indem ich mit ihm in meinem Auge reibe.
Clarissa kichert, einige andere auch. Als der Rupert zu mir schaut, kratze ich mir den Kopf und mache große Augen.
– Also, sagt der Rupert zum Abschluss, – Wir haben uns verstanden.
Elizabeth schleicht durch die Reihen bis hinten zu Mario und Chris.
– Clarissa?, flüstere ich.
– Ja.
– Haste Bock heute Abend auf eine kleine Whirlpoolparty bei mir?
– Nur du und ich?
Öhem.
– Und Eva noch.
– Klar!
38
Herr Berntchen ist krank. Der war noch nie krank. Was machen wir denn jetzt? Was machen wir denn bloß?
– Moin, alles fit?, sagt Mario.
Ich plumpse auf meinen Stuhl. Der Rucksack gleitet mir von der Schulter.
– Fit, na ja.
Ich versuche, an etwas anderes zu denken, weil meine Tränendrüsen schon wieder bitzeln und die Nase laufen will.
Chris beugt sich rüber, – Hey, was ist denn mit dir passiert?
Mario übernimmt das Antworten, – Der ist abgerutscht. Ich habe Ralf getroffen. Der hat mir was erzählt, so von wegen …
Und er tut so, als hole er sich rasch einen
Weitere Kostenlose Bücher