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Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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erstickte praktisch an dem Ding, und das war allein Lucas’ Schuld. Er hatte ihr die Krawatte in der Kutsche neu gebunden, da er, wie er sagte, ihr Gesicht besser verstecken wollte.
    Außerdem hatte er darauf bestanden, daß sie den Hut tief über die Augen zog und nicht eher absetzte, als bis sie einen abgeschiedenen Sitzplatz gefunden hätten. Als weitere Vorsichtsmaßnahme hatte Lucas absichtlich ein Etablissement gewählt, das normalerweise nicht von den Mitgliedern der besseren Gesellschaft frequentiert wurde. Er hatte so wenige Risiken wie möglich eingehen wollen.
    Ihr wurde immer unwohler. Sie mußte hier heraus. Sie würde dieses erbärmliche Schauspiel nicht länger ertragen.
    Sie wollte sich gerade zu Lucas beugen, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, daß sie sich langweilte und durchaus bereit
    sei aufzubrechen, als am anderen Ende des dunklen, überfüllten Raumes Beifallsrufe ertönten. Dann verfiel die Horde betrunkener Männer und aufreizend gekleideter Frauen in erwartungsvolles Schweigen.
    Die mittelalterliche, in ein wogendes, tief ausgeschnittenes Gewand gehüllte Besitzerin des Bordells begab sich in die Mitte des protzig dekorierten Raumes. Das Gesicht der Person war eine Maske aus weißem Puder und Rouge; dieser Stil war vor einigen Jahren modern gewesen. Ihr Kleid paßte zu den Stühlen aus teurem rosa Samt, doch fehlte ihm die schlichte Eleganz, die in gehobeneren Kreisen momentan als chic galt. Das Kleid sah ebenso billig und schwülstig aus wie die Frau selbst.
    »Kommen Sie näher, Gentlemen, die Sie so versessen darauf sind, heute nacht Ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Das Haus lädt Sie ein, die Ware zu begutachten, die wir heute anzubieten haben. Garantiert so rein und jungfräulich wie an dem Tag, als sie zur Welt kam. Frisch vom Land und noch keine dreizehn Jahre alt. Darf ich Ihnen unsere neueste Errungenschaft vorstellen - die kleine Miss Molly.«
    Entsetzt blickte Victoria über den Rand des Paravents hinweg auf ein verwirrt blickendes junges Mädchen in einem dünnen weißen Hemd, das in die Mitte des Raumes gestoßen wurde. Molly starrte in die lüsternen Gesichter der Männer und die lachenden Mienen der Frauen und schlang die Arme fest um ihren Körper. Das Lachen wurde lauter.
    Mollys furchtsamer Blick wanderte von einem Gesicht zum nächsten, bis ihre Augen auf Victoria fielen. Das Mädchen sah sie an. Victoria umklammerte die Lehne ihres Stuhls, als sich ihre Übelkeit verstärkte.
    »Nun denn, lassen Sie uns mit der Versteigerung beginnen. Süße kleine Dinger wie Molly sind nicht gerade billig«, sagte die Matrone.
    »Ich glaube, es ist Zeit zu gehen«, murmelte Lucas, als sich laute Stimmen im Raum erhoben. Er warf der Bordellbesitzerin einen letzten angewiderten Blick zu und begann, sich zu erheben.
    »Nein.« Victoria schüttelte den Kopf, unfähig, den Blick von der verängstigten Molly abzuwenden. »Nein, Lucas, wir können nicht gehen, noch nicht.«
    »Verdammt, Vicky, Sie wollen sich das doch nicht ansehen.«
    »Sie ersteigern sie, Lucas. Als wäre sie eine Kuh oder ein Pferd.«
    »Und der Gewinner wird sie mit nach oben nehmen und sie in ihren neuen Beruf einführen«, schloß Lucas hart. »Vielleicht verlangt es ihn noch nicht einmal nach Ungestörtheit. Vielleicht erledigt er die Sache gleich hier unten vor allen Leuten. So etwas wollen Sie doch sicher nicht sehen.«
    »Selbstverständlich nicht. Lucas, wir müssen sie retten.«
    Lucas starrte sie verblüfft an, während er langsam auf seinen Stuhl zurücksank. »Sie retten? Wie sollen wir das bitte machen? So etwas finden Sie überall hier in der Stadt. Die jungen Frauen vom Land klettern vom Heuwagen herab direkt in die Arme skrupelloser alter Weiber wie diesem hier. Die Mädchen sind verloren, und es gibt nichts, was wir tun könnten.«
    »Nun, natürlich können wir etwas für das Mädchen hier tun«, stellte Victoria fest. »Ich werde sie kaufen.«
    Lucas sog scharf den Atem ein. »Sie wissen nicht, auf was Sie sich da einlassen, Vicky.«
    Doch Victoria beobachtete bereits den Versteigerungstumult. Sie wußte, daß sie zweifellos reicher war als all die anderen Menschen im Raum, und sie hatte vor, diesen Vorteil auszunutzen.
    »Dreißig Pfund«, rief ein Mann auf der anderen Seite des Raumes.
    Die Bordellbesitzerin sah ihn verächtlich an. »Für eine echte Jungfrau, Sir? Kommen Sie, Sie können nicht erwarten, daß ich ein derart lächerliches Angebot annehme. Ich warte auf großzügigere

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