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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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nahm seine Hand. »Machen wir es uns nicht so schwer. Wir nennen es einfach nicht Beweis. Ich sage einfach, ich gebe dir eine kleine Demonstration.«
    Ich führte ihn zu dem abgeschiedensten Ort, den ich kannte – die versteckte Lichtung im Wald.
    »Aber du bist verletzt«, gab er zu bedenken. »Das ist der schlimmste Bluterguss, den ich je …«
    Ich zog mein T-Shirt hoch und zeigte Sagan die Stelle. Der Fleck wurde bereits blasser.
    »Hab ich schon erwähnt, dass Verletzungen bei mir auch unglaublich schnell heilen?«
    Sagan schüttelte den Kopf. »Okay, und was kommt als Nächstes? Du wirst mich doch jetzt wohl nicht beißen, oder?«
    Ich lachte. »Vielleicht später. Eigentlich hatte ich etwas anderes vor.«
    Wir blieben vor dem Schild stehen, das mir am ersten Tag auf dem Gelände aufgefallen war.
    LEBENSGEFAHR !
VERMINTES GELÄNDE
BETRETEN VERBOTEN
NICHT OHNE GPR-GENEHMIGUNG GRABEN
    »Das ist nicht lustig«, sagte er. »Hier darf man nicht drauf, Emma.«
    »Das weiß ich, du Spaßvogel. Ich darf nicht einmal auf das Gelände. Stell dir vor, nichts ahnend bin ich hier einmal quer über die ganze Wiese gelaufen und habe nicht einen Kratzer davongetragen.«
    »Du bist wohl so eine Art Superwoman, der nichts und niemand etwas anhaben kann«, spottete Sagan.
    »Ganz und gar nicht, ich bin nicht unverletzlich. Ich habe nur Glück gehabt. Sehr viel Glück. Was ist übrigens ein GPR? Weißt du das?«
    »Die Abkürzung steht für ›Ground Penetrating Radar‹, ein Bodenradar also. Damit sucht man nach vergrabenen Objekten, nach Chemikalien, Bomben oder Kanistern mit Senfgas.«
    »Senfgas!«
    »Bevor die NASA dieses Gelände übernommen hat, befand sich hier ein Militärstützpunkt, der noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammt. Aber warum sind wir nun hier? Du wolltest mir doch etwas zeigen.«
    »Ja, aber nicht hier. Nach dieser Information setze ich keinen Fuß mehr auf diese Wiese. Weißt du nicht eine gute Stelle, die man nicht einsehen kann – und die gleichzeitig sicher ist? Am besten im Wald?«
    Da der Weg nicht weit war, gingen wir zu Fuß. Sagan hielt meine Hand, was mir guttat. Er mag mich noch berühren.
    »Wie wäre es hier?«, schlug er vor.
    »Kein Senfgas?«
    »Nur Bäume.«
    »Gut.« Jetzt musste ich es tun. Plötzlich war ich sehr nervös. Wie würde er reagieren? »Das ist ziemlich schwer für mich …«
    »Ich dachte, du wolltest es uns nicht so schwer machen.«
    »Ich meine ja auch nicht körperlich schwer. Aber bitte raste nicht aus. Es ist ein bisschen krank.«
    Sagan lächelte. »Werde ich nicht. Warum auch? Ich bin vor allem gespannt.«
    »Sicher?«
    »Ja.«
    Ich ließ seine Hand los, nahm ihn hoch und klemmte ihn mir unter den Arm wie einen fast ein Meter neunzig langen Football.
    »He, Moment mal!«, brüllte Sagan und versuchte sich zu befreien.
    Doch ich war bereits unterwegs und sprang durch die Bäume, wie ich es zuvor auch schon getan hatte. Dabei merkte ich kaum, dass ich ihn trug, abgesehen davon, dass ich ein leichtes Ungleichgewicht spürte.
    »Scheiße!«, brüllte Sagan, doch es wurde vom Fahrtwind davongetragen.
    Mit der linken Hand griff ich nach den Ästen und hangelte mich wie ein Affe von einem Ast zum nächsten. Dann sprang ich zu Boden, nur um mich gleich wieder abzudrücken. Wie immer war es ein berauschendes Gefühl. Ich hob Sagan auf meine Schultern und trug ihn mit dem Feuerwehrgriff weiter. Langsamer werden musste ich dafür nicht.
    Schließlich blieb ich stehen und ließ ihn hinunter. Er kippte nach hinten und landete auf dem Rücken.
    »Großer Gott«, stammelte er immer wieder, während er nach Luft schnappte.
    »Warum keuchst du so?«, erkundigte ich mich grinsend. »Ich hatte doch den anstrengenderen Part.«
    Kein bisschen außer Atem hockte ich mich vor ihn und wartete darauf, dass sein Verstand nachkam. Schließlich blinzelte er und rieb sich die Augen.
    »Ich kann nicht glauben, was du gerade getan hast«, sagte er.
    »Und was ist hiermit?«
    Ich hielt nach einem toten Baum Ausschau, legte beide Hände dagegen und drückte mit aller Kraft. Er fiel mit einer gewaltigen Erschütterung, die ich bis in die Beine spüren konnte. Der Baum sah aus, als wäre er aus Gummi, wie er da auf- und abfederte. Ich blickte zu Sagan hinüber und stellte mit Genugtuung fest, dass ihm fast die Augen ausfielen.
    Dann versuchte ich den Baum fortzutragen, aber es war, wie einen Basketball mit einer Hand zu greifen: Meine Hand war zu klein. Ich musste beide Arme um den Stamm legen,

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