Verlieb dich nie in einen Vargas
Vater enterbt.«
»Wenn du es so formulierst …« Ich sah ihm in die Augen und wappnete mich dagegen, das Schlimmste zu hören. »Papi, arbeitest du gern an dem Motorrad? Macht es dir Spaß? Es ist dir nicht zu viel oder so?«
»Zu viel. Also das ist eine bedeutsame Frage, hm?« Papi trommelte wieder mit den Fingern auf das Handbuch. »Was meinst du, Panqueque? Arbeiten wir gern an Valentina?«
Bei der Erwähnung seines spanischen Namens erhob sich der Hund von seiner Decke, die vor dem Bett auf dem Boden lag, und trottete zu uns herüber, um Papis Bein mit der Schnauze anzustupsen.
»Es gibt nichts, was ich lieber tun würde, als mit dir und Emilio an der Harley zu arbeiten. Fakt ist …« Er verstummte, und sein Blick schien sich auf etwas in der Ferne zu richten, etwas draußen auf dem Flur.
»Alles okay?«, fragte ich.
Er kniff die Augen fest zu, doch als er sie wieder öffnete, waren sie so klar wie der Animas. » Sí . Ich will wieder auf ihr fahren, queridita . Das habe ich beschlossen. Ein Mal noch, sobald sie fertig ist. Was denkst du?«
Ich wollte protestieren, ihn an die Warnungen der Ärzte erinnern, auf sein Herz, seinen Kopf zu achten und keine Risiken einzugehen. Aber die Worte zerfielen auf meinen Lippen zu Staub, als ich an meine Fahrt zurückdachte, das Knattern des Motorrads, den peitschenden Wind in meinen Haaren.
Gib dich nicht mit irgendwas zufrieden … Du entdeckst etwas, die Aussicht auf etwas Großartiges, du gehst hin und holst es dir. Du nimmst deine Schlüssel, springst auf dein Motorrad und fährst los, ohne etwas zu bereuen.
»Ich denke, es gibt zwei Arten von Menschen, Papi. Die trüben Tassen und die mit Klasse.« Ich erwiderte sein breites Lächeln, löschte die Bilder vom Million-Dollar-Highway und schob den Fotoapparat in die Schublade des Schreibtisches, außer Sichtweite. »Du hast Klasse.«
23
Nicht komisch sein, nicht komisch sein, nicht komisch sein …
Bis Emilio am nächsten Morgen zur Arbeit erschien, hatte ich mir selbst eine komplette Gehirnwäsche verpasst – falls so etwas überhaupt möglich ist –, mich wegen dem, was zwischen uns vorgefallen war, nicht seltsam zu benehmen. Tatsächlich wären mir seine Lippen als Letztes in den Sinn gekommen. Na gut, als Zweitletztes. Drittletztes? Also schön. Sie waren im Grunde die Hauptattraktion, aber das würde ich mir nicht anmerken lassen. Außerdem konnte ich es kaum erwarten, ihm von Papis Plänen zu erzählen – ein sicheres und kussfernes Thema, auf das wir uns einigen konnten.
»Stell dir vor.« Ich schlenderte in den Schuppen und strich mir im Gehen die Haare glatt. Es regnete, ein seltenes Gewitter, und meine Haare waren ungefähr fünfmal so aufgeplustert wie normal. Als Emilio mich sah, lächelte er, Grübchen und mutwilliger Blick inklusive, und mich durchzuckte ein Stromschlag.
»Soll das eine Aufforderung sein?«, fragte er.
Ich versuchte, ein Grinsen hinter meinen Steppenläuferhaaren zu verstecken, aber Emilios Blick ruhte nach wie vor auf mir.
Valentina stand wieder auf der Hebebühne und Emilio tauchte hinter ihr auf und streckte sich. Er trug heute das blaue Kopftuch, und es sorgte dafür, dass seine Augen sich strahlend von seiner gebräunten Haut abhoben. »Wie hast du geschlafen?«
»Gar nicht.« Ich hab nur, du weißt schon, alles, was vor vierundzwanzig Stunden passiert ist, wieder und wieder in meinem Kopf Revue passieren lassen und stehe kurz vor dem Herzinfarkt, und ist es heiß hier drin? Ich finde, es ist ganz schön heiß hier drin. »Ich hatte gestern eine gute Zeit. Danke für den Ausflug. Und den Shake. Und … alles.«
»Alles, hm?« Stoppeln, Grübchen, Narbe. Mal wieder Verschmitztheit in seinem Blick. Und noch etwas, etwas Neues. Einvernehmen, vielleicht. Verlangen. Ich sah es, und er sah, dass ich es sah, und als er erneut lächelte, war der Schmetterlingsschwarm in meinem Bauch zurück.
»Was soll ich mir denn vorstellen?«, fragte er.
»Wie bitte?«
»Du hast gesagt …«
»Ach ja! Papi möchte Valentina fahren«, sagte ich. »Später. Wenn sie repariert ist und Mari zurück nach Denver geht.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Nichts. Er hatte seinen Entschluss schon gefasst.«
Emilio brummte und wandte sich wieder dem Motorrad zu. Ich beugte mich über ihren Rücken und beobachtete, wie er einen Haufen Schrauben durchwühlte, bis er die richtige gefunden hatte.
Warum versucht er nicht, mich zu küssen?
»Ich weiß, sie ist noch nicht registriert«, sagte ich.
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