Verliebe dich nie in einen Rockstar
in dieser Situation?
Ich schlang meine Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuss. Die einzig logische Erklärung für meine Handlung konnten nur meine zurückgedrängten Hormone sein, die diese Chance einfach nutzen. Genau, das war es.
Nur für einen klitzekleinen Moment erlaubte ich mir, den Kuss zu genießen – das hatte ich mir nach der anstrengenden Nachhilfe wohl verdient. Ich sog Alex’ verführerischen Duft nach Zedernholz ein – anscheinend hatte er wenigstens daran gedacht, sich nach dem Konzert diesen grausamen Zigarettenqualm weg zu duschen. Am meisten überraschte mich, dass sich seine Berührung so ... gut anfühlte. Alex dürfte mich ruhig öfter küssen ... dachte ich benebelt. Dann würde ich bei Kussszenen in Liebesromanzen nicht immer Popcorn nach den Protagonisten werfen.
Kaum hatte ich diesen höchst unlogischen Gedanken zu Ende gedacht, nahm ich meine Umwelt wieder bewusst war: Ich war in einer Bibliothek und machte mit Alex rum!
Augenblicklich bohrte ich meine von Natur aus spitzen Eckzähne in Alex‘ Unterlippe, um den Kuss zu beenden, aber er stöhnte nur leise und presste seinen Mund noch fester auf meinen.
Dann biss ich mit voller Kraft zu.
Mit einem kleinen Schmerzensschrei löste er sich von mir.
Ich blieb kraftlos auf dem Stuhl sitzen. Meine Glieder waren sicherlich durch die plötzliche Wärme in meinem Körper zerflossen. Wann waren diese verdammten vorgezogenen Wechseljahre endlich vorbei?
»Wie eine Schlange, wusste ich es doch ...« Er rieb sich die blutende Unterlippe. Die Art, wie er mich angrinste, verriet mir, dass er endlich ein Stückchen von dem bekommen hatte, das er von mir wollte. Und auch, dass es bei weitem nicht genug war. »Kali? Was ist? Schau mich nicht an, als wäre das dein erster Kuss gewesen.«
Die Fassungslosigkeit in meinem Gesicht, gepaart mit Ungläubigkeit, war ihm also nicht entgangen.
Ein fast schon hysterisches Lachen kam über meine Lippen. »Das war aber mein erster Kuss.«
09. KAPITEL
DANKE FÜRS KOMPLIMENT!
Ich verspürte das dringende Bedürfnis, meine Lippen gründlich mit Aceton zu reinigen und mit Eisenwolle zu schrubben. Was sich jetzt wohl für Bakterien darauf einnisteten würden? Mir wurde ganz schlecht bei dem Gedanken, dass ich mir vielleicht Pfeiffersches Drüsenfieber oder Lippenherpes eingefangen hatte. Meine Hand schoss zu meiner Stirn. Sie fühlte sich warm an, aber noch nicht heiß ... oder doch? War das schon Fieber?
Ich blickte kurz zu Alex, besser gesagt, auf seine Lippen. Wie viele Mädchen er wohl schon geküsst hatte? Ob eine davon Herpes gehabt hatte? Auch wenn man das Zeug nicht sah, konnte es da sein!
»Das war doch nicht dein erster Kuss!« Alex schüttelte den Kopf, dann sah er mir wieder in die Augen. »Du hast doch einen Freund.«
»Einen Freund?«, fragte ich verwirrt. Ich brauchte ein wenig, um meine Gedanken zu ordnen und Bilder von ekligen Eiterpusteln zu verdrängen. Erst dann fiel mir wieder ein, dass ich ihm Ian als meinen Freund verkauft hatte. »Oh, du meinst meinen Bruder.« Erschrocken hielt ich meinen Mund zu, aber ich hatte es bereits ausgesprochen.
»Dein Freund ist dein Bruder?« Sein angewiderter Gesichtsausdruck war schon irgendwie komisch. »Das ist eigentlich verboten, Ka...«
»Ich habe keinen Freund«, erklärte ich knurrend. »Ich hatte noch nie einen Freund. Ian war doch nur eine Ausrede dafür, dass du mich in Ruhe lässt.«
»Verarsch mich doch nicht.« Alex setzte sich auf die Tischkante. Er war gerade so weit von mir entfernt, dass ich seinen Zedernholzgeruch noch wahrnehmen konnte. »Wenn du noch nie einen Freund hattest, geschweige dann jemanden geküsst hast, dann hieße das praktisch auch, dass du noch Jungfrau bist.«
Ich schenkte ihm einen bösen Blick, sagte aber nichts, sondern ließ meinen Kopf hängen. »Und? Ich bin verdammt stolz darauf!« Ich sah wieder hoch. »Schau mich nicht an, als wäre ich eine wandelnde Kuriosität!«
»Aber du bist doch gar nicht ...« Er ließ seinen Blick einmal ausschweifend über meinen Körper wandern. Ich fühlte mich seinen blauen Augen so ausgeliefert, dass ich augenblicklich rot anlief. »... hässlich oder fett«, stellte er sachlich fest. »Du bist ganz ...«
»... passabel?«, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue.
Meine Freundinnen beneideten mich oft um meine reine Haut, aber wie jedes Mädchen sah ich nur die schlechten Sachen an meinen Körper. Meine Nase war ein paar Zentimeter zu breit, von einem
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