Verliebt bis unters Dach Roman
anständige Anzahl. Das musste reichen, denn sie war buchstäblich am Ende der Straße angekommen. Vor ihr erstreckte sich nur noch die raue Halbinsel, ein schmaler Felsvorsprung zwischen den beiden Buchten mit Dünengras und Heidekraut.
Jetzt konnte sie nur noch zurückgehen, ins Auto steigen und nach Piran selbst fahren. Vielleicht konnte sie auch weiter nach Piran Bay laufen?
Auf der anderen Seite des Vorsprungs sollte es einen sehr
schönen Strand geben. Das würde Godrich guttun. Sie hatte außerdem gehört, dass dort zwei weitere größere Hotels lagen. Vielleicht fand sie dort mehr Freiwillige für einen Weinabend.
Statt zurückzugehen folgte Liesel daher dem Pfad, der seewärts um die Spitze herum und anschließend nach Piran Bay über die Hügelkuppe führte. Als sie auf dem Kamm ankam und die andere Seite sah, blieb ihr vor Staunen der Mund offen stehen.
Zwischen den beiden Orten lagen höchstens anderthalb Meilen, aber es war wie eine völlig andere Welt. Es war, als wäre sie auf einer Insel gestrandet und würde nach zwei Monaten Überlebenskampf in einer Palmblätterhütte entdecken, dass gerade um die Ecke auf der anderen Seite ein Fünfsternehotel lag.
Von ihrem Aussichtspunkt aus hatte man einen wunderbaren Blick auf zwei Meilen goldener Strand. Zahllose Surfer in ihren Neoprenanzügen sprinteten in die Wellen wie ein Schwarm Ameisen. Es gab hier weniger Häuser, aber sie waren prächtiger. Ein paar elegante Apartmentblocks, eine Reihe Pensionen und vier große Hotels. Alle, von der schlichtesten Frühstückspension bis zum prachtvollen Piran Bay Hotel, hatten Schilder im Fenster: Voll belegt.
Liesel dachte an Marilyn und ihre Zahlenreihen und Voraussagen, ihre Website und das Werbebudget, doch alles, was sie brauchte, war ein Schild, auf dem stand: Hotel Cornuc opia. Zimmer frei.«
»Verdammter Scheißdreck!«, brüllte sie.
»Schöne Aussicht«, sagte eine Stimme hinter ihr. Liesel drehte sich verlegen um und sah einen Mann von etwa Ende fünfzig in Wanderstiefeln und Windjacke genau hinter ihr. Trotz ihres Ausbruchs - oder vielleicht gerade deswegen - lächelte
er sie breit an und sah so freundlich aus, dass sie unwillkürlich zurücklächelte.
»Unglaublich! Ich kann ehrlich sagen, ich habe so was noch nie gesehen.«
»Sind Sie das erste Mal in Piran?«
Liesel schüttelte den Kopf. »Sie werden es nicht glauben, aber ich wohne hier.«
»Am anderen Ende?«
Sie biss sich verlegen auf die Lippe.
»Auf der anderen Seite der Halbinsel, in der kleinen Bucht.«
»Und das ist Ihr erster Ausflug auf die dunkle Seite, wie wir die Bucht nennen? Sie sind sicher noch nicht lange hier.«
»Ein paar Wochen«, gestand sie.
»Wochen?«, wiederholte er ungläubig.
»Ich kann nur die äußerst lahme Verteidigung vorbringen, dass wir seit unserem Einzug hier sehr viel zu tun hatten.«
»Na, herzlich willkommen in Piran Bay. Ich heiße Jimmy... ich weiß aber von keinem Haus, dass in Cove in letzter Zeit den Besitzer gewechselt hat, daher...« - er kniff die Augen zusammen - »... muss das heißen, dass Sie entweder Miss Ellis sind oder Mrs. Hamilton.«
Liesel war die Überraschung wohl am Gesicht abzulesen, denn er strahlte sie entzückt an und legte ihr einen Arm um die Schultern, um sie freundlich zu drücken.
»Ich bin Miss Ellis.« Sie runzelte die Stirn. »Ich meine, Liesel.«
»Keine Sorge, meine Liebe, hier weiß jeder, was alle anderen tun. Man denkt, man hört die Wellen, die auf den Strand schlagen, aber in Wirklichkeit sind es die Buschtrommeln, die den neuesten Klatsch verbreiten. Man kann in Cornwall nie etwas für sich behalten. Ich habe gehört, dass das Hotel
tatsächlich Ihrem Neffen gehört? Stimmt das wirklich? Hat die verrückte alte Nancy das Hotel einem Achtjährigen hinterlassen?«
Liesel nickte. »Das Cornucopia gehört meinem Neffen Alex... nun, solange wir es schaffen, es eine Saison lang zu leiten. Sie werden es nie erraten, an wen es fällt, wenn wir das nicht schaffen...« Sie deutete mit dem Kopf auf Godrich.
»Sie machen Witze.«
Er hatte ein so freundliches Gesicht und wirkte auf dem Weg hinunter nach Piran Bay so nett, dass Liesel ihm ihre gesamte Lebensgeschichte erzählte, samt dem Vormittag und Lorraines Schwarm für den Tierarzt, den er kannte und fand, er sei ein »schüchterner und sehr süßer Junge«. Sie erzählte auch von der Weinprobe.
»Sie machen das goldrichtig, den beiden zu helfen und die Weinprobe zu arrangieren. Das wird wunderbar. Wir
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