Verliebt bis unters Dach Roman
lächeln.
Liesel wollte so tun, als hätte sie ihn nicht bemerkt, aber das wäre eine sehr offensichtliche Lüge gewesen. Und wenn
jemand einen so freundlich anlächelte, dann konnte man nur eines tun, nämlich zurücklächeln. Als sie auf ihren Posten hinter der Bar zurückkehrte, war der Kontakt bereits geschlossen. Der nächste Schritt bedeutete eine Unterhaltung.
»Wie geht es Ihnen?« Das war ein höchst unschuldiger Anfang.
»Sehr gut, danke.« Eine Lüge, aber mehr als die übliche Antwort bekam sie nicht heraus.
»Das sieht man Ihnen an«, erwiderte er, wobei sein Blick an ihr auf- und abglitt.
Liesel hätte ihm am liebsten ein Cocktailstäbchen in die Augen gebohrt, zeigte jedoch ihre Abneigung lieber dadurch, dass sie die Arme vor der Brust verschränkte und die Lippen fest aufeinanderpresste.
»Es muss die Luft hier sein, die Ihnen so guttut«, sagte er nun, anscheinend ohne ihre Reaktion zu bemerken.
»Ich muss gestehen, dass das stimmt«, sagte sie, aber eher, um ihn zu reizen, weil sie wusste, dass Marilyns Mitteilung, nicht zu verkaufen, ihn wohl mehr ärgern würde, falls sie die Unterhaltung abbrach.
»Sie haben sich also zum Bleiben entschlossen?«
Liesel nickte. »Es ist genau, was wir wollen. Wir fühlen uns hier zu Hause.«
»Gut zu hören.«
»Ja, wirklich?« Liesel blinzelte ihn überrascht an. »Aber wenn wir bleiben, heißt das, dass wir nicht verkaufen.«
»Selbstredend.«
»Und das macht Ihnen nichts aus?«
»Ich habe fast mein ganzes Leben in und um Piran verbracht. Es ist eigentlich sehr schön, wenn andere das Leben hier genau so schätzen wie man selbst.«
Das war ein ganz neuer Aspekt an ihm.
»Sie sind also nicht hergekommen, um uns zu überreden?«
Er schüttelte den Kopf.
»In Piran Bay gibt es genügend Hotels, die mich anflehen, sie zu kaufen. Ich kann auch ohne das Cornucopia leben.«
Da war sie wieder, seine Arroganz, die Liesel so abstoßend fand.
Selbstbewusstsein war in Liesels Augen etwas Positives, Arroganz vielleicht in einem Roman von Jane Austen attraktiv, aber nur, wenn der hochgestochene Held endlich seine edleren, sensiblen Züge zeigte.
Hatte Sean Sutton edlere, sensiblere Züge?
Wollte Liesel sich wirklich die Mühe geben, das herauszufinden?
Wie immer dachte sie an Tom. Sie rührte wieder in der Wunde. Tom Spencer. Hinreißend. Lustig. Freundlich. Unerreichbar. Alles in einem Paket, das sie niemals gewagt hätte, auch nur zu schütteln, ganz zu schweigen davon, es aufzureißen. Sean Sutton war mit Sicherheit kein Tom Spencer.
Aber in diesem Augenblick erschien er ihr ganz nett.
Und dann überraschte er sie.
Er lehnte sich auf seinem Hocker zurück, stellte den Whiskey auf die Theke, als würde das Glas ihm die Sicht auf sie versperren, und sagte: »Darf ich Sie zum Essen einladen?«
Man musste ihr zugutehalten, dass sie bloß einen Moment lang die Fassung verlor, ehe ihr ein kühles »Das ist vermutlich keine gute Idee« gelang.
»Und warum?«
Auf diese eindeutige Frage war Liesel nicht vorbereitet.
»Ah... ich habe abends nie frei.« Das brachte sie so holprig heraus, dass es ganz offensichtlich wie ein Vorwand klang.
»Das stimmt doch nicht, oder?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Gut, Sie haben viel zu tun, aber Sie könnten einen Abend freibekommen, wenn Sie das wollten?«
»Äh...« Diesmal war es einfacher, die Wahrheit zu sagen. »Ja, ich denke schon.«
»Es war also ein Vorwand. Also, was ist der wahre Grund? Oder wollen Sie mir etwa erzählen, dass Sie die meisten Abende damit zubringen, sich die Haare zu waschen?«
»Das könnte sehr wohl stimmen.« Liesel gelang ein Lachen, weil sie daran dachte, dass sie jeden Abend nach der Arbeit als Erstes in die große alte Wanne stieg und den Gestank von der Küche, der Bar und anderen, weniger appetitlichen Teilen des Hotels gründlich abschrubbte.
»Aber nicht die Wahrheit, auf die ich scharf bin.«
»Sie wollen die Wahrheit wissen?«
Sean nickte und lächelte sie aufmerksam an.
Gereizt, aber von seinem einladenden Lächeln und seiner neugierigen Haltung verlockt, konnte Liesel ihm in aller Offenheit antworten: »Weil ich nicht genau weiß, ob ich Sie gut genug leiden kann.«
»Wenn Sie das nicht wissen, dann kommen Sie doch mit und finden es heraus, statt so unentschlossen zu bleiben.«
Da konnte Liesel nicht anders. Sie lachte. Sie hatte sich immer schon von selbstbewussten, leicht schrägen Typen angezogen gefühlt, die sie zum Lachen brachten.
»Na, wenn Sie das so
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