Verliebt in einen Unbekannten
keine Lösung«, sagte er. »Weder hierfür noch für andere Probleme.«
Ich knabberte am Nietnagel meines Daumens und hoffte, Sam würde still sein. Ich wollte das jetzt nicht hören.
»Hör mal, Chas, du hast mir gesagt , dass du dich hinter deiner Arbeit versteckst«, bemerkte er. Ich war alarmiert. Bislang war es ein unausgesprochenes Gesetz zwischen uns gewesen, dass wir nicht auf das zurückgriffen, was wir uns als William und Shelley geschrieben hatten. Ich stand auf und wankte zu meinem Zimmer, dicht gefolgt von Sam. »Du hast gesagt , du könntest nicht loslassen«, beharrte er. Ich sah ihn nur an und stieg ins Bett. Er schien das Ganze nicht gerade zu genieÃen, trotzdem bohrte er weiter. »Willst du denn gar nichts deswegen tun?«
Ich wusste, wie glücklich er in letzter Zeit gewesen war, und mir dämmerte â nur ganz flüchtig â, dass ich vielleicht tatsächlich etwas tun wollte. Tief im Innern war mir klar, dass es nicht gut war, wenn der Job mein ganzes Leben bestimmte. Mir war klar, dass es nicht richtig war, wie eine Besessene zu arbeiten, wenn gerade meine GroÃmutter gestorben war. Auch Sam arbeitete inzwischen jeden Tag, und doch hatte er ⦠Freiraum. Und eine Leichtigkeit, die ich, auch das war mir klar, nicht besaÃ.
Doch der Rahmen der Möglichkeiten war begrenzt. Meine Situation war anders als seine. Es war wunderbar für Sam, sich in die Arbeit für First Date Aid zu stürzen und ein anständiges, gesundes Leben zu führen, weil er Lust auf etwas Neues hatte. Langeweile, Faulheit und ständiger Geldmangel waren bei ihm der Auslöser für die Veränderung gewesen. Er hatte nichts zu verlieren. Ich dagegen startete von einer ganz anderen Position aus; hatte Geld, Erfolg und Verantwortung. Ich hatte alles zu verlieren.
Also schüttelte ich den Kopf. »Meine Arbeit ist zu wichtig. Ich weiÃ, dass du das nicht verstehen kannst, Sam, aber bitte mach es mir nicht noch schwerer. Mein Job ist für mich lebenswichtig, so einfach ist das.«
Damit zog ich mir die Bettdecke über den Kopf, und Sam verlieà mein Zimmer. Ich hörte, wie er sich aufs Sofa setzte, und stellte mir vor, wie er, das Kinn in die Hände gestützt, überlegte, was er bloà mit mir anstellen sollte. Ich hasste diese Vorstellung. Hasste sie ganz fürchterlich.
Und deshalb beschloss ich, meine beruflichen Aktivitäten von nun an für mich zu behalten. Sam wusste im Augenblick zu viel von mir, hatte zu viele Ansichten zu meinem Lebensstil, die von meinen eigenen Ansichten abwichen. Was mir gar nicht gefiel.
Kapitel fünfzehn
»Morgen, Charley!«, rief Graham vom Sicherheitsdienst, als ich die Schranken passierte.
Immerhin war mein Name noch nicht von der Mitarbeiterliste gestrichen worden.
»Bleib ganz ruhig, bleib ganz ruhig«, murmelte ich, während ich meinen Wagen auf dem Parkplatz abstellte. Der gestrige Tag in meinem Elternhaus war niederschmetternd gewesen, und jetzt fühlte ich mich Margots Hasskampagne noch ungeschützter ausgeliefert als am Freitag. Dass John mich das ganze Wochenende über nicht angerufen hatte, hatte die Sache auch nicht gerade besser gemacht. Angeblich war Susan am Samstag ausgezogen. Doch warum hatte er sich dann nicht am Sonntag gemeldet? Hatte sie ihre Meinung vielleicht geändert? Oder er ?
Als ich den Lift betrat, spürte ich, wie Panik in mir aufstieg. Ich hatte keinen Schlachtplan, keine Verteidigungsstrategie â nichts. Es gab nichts, was ich tun konnte, um Margot davon abzuhalten, meine Geheimnisse zu enthüllen, und nichts, was ich tun konnte, falls John tatsächlich beschlossen hatte, dass wir doch nicht füreinander bestimmt waren. Das Gefühl der Machtlosigkeit war verheerend.
»Morgen«, sagte Margot, als sie ein paar Minuten später in mein Büro marschiert kam. Sie schloss die Tür hinter sich. »Also, wie stellst du dir die vor uns liegende Woche vor?«
Ich musterte sie nervös. »Wie meinst du das?«
»Ich beziehe mich auf unsere kleine Unterhaltung vergangenen Freitag, Charley. Doch falls du eine Gedächtnisauffrischung brauchst, kommt hier die Kurzfassung: Ich will dich aus dem Weg haben. Ich will, dass du damit aufhörst, mich die Drecksarbeit erledigen zu lassen, damit ich der Firma beweisen kann, welche Fähigkeiten in mir stecken.«
»Ich habe dich niemals die
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