Verliebt, verlobt, verflucht
wollte das Feuermännchen sie etwa wie Artus in einen Raben verwandeln?
Natalie schnaubte empört: »Also eines kannst du deinem feinen Meister Artus gleich klar machen: Ich lasse mich nicht verhexen! Ich habe im Staper vor ein paar Wochen gelesen, wie ein Ehemann seine Frau in eine Kröte verhext hat. Sie konnte nur mühsam wieder zurückverwandelt werden und muss seitdem mit Hunderten von Warzen leben. Ich lasse mich nicht verhexen!« Natalie stand auf, verschränkte die Arme und funkelte das schuppige Wesen wütend an.
Das Feuermännchen lächelte beschwichtigend. »Aber nein, wertes Fräulein Natalie, niemand wird Sie verhexen. Meister Artus hat Ihnen ein Transportmittel bereitgestellt, das Sie zum Rosenteich von Peretrua bringen wird.«
»Was denn für ein Transportmittel? Und warum will er sich nicht einfach tagsüber in einem Café im Enowispark mit mir treffen, wie jeder normale Peretruaner auch?«, fragte Natalie hitzig.
»Nun ja, bei Meister Artus handelt es sich schließlich nicht um einen Peretruaner, und es ist besser für ihn, wenn er sich bei Tag nicht in der Öffentlichkeit zeigt«, erklärte das Feuermännchen. »Wollen Sie nicht einen Blick auf das Transportmittel werfen, wertes Fräulein? Es befindet sich vor Ihrem Fenster.«
Natalie drehte langsam ihren Kopf zum großen Giebelfenster. Da es eine Stunde vor Mitternacht und somit bereits dunkel war, konnte sie nichts erkennen. Irgendetwas Schweres schlug gegen die Scheibe.
Natalie trat ans Fenster, kniff die Augen zusammen und erkannte die Umrisse eines großen schwarzen Vogels, der vor ihrem Fenster auf und ab flog ... eines sehr großen schwarzen Vogels! Sein Körper war von schwarzen Schuppen bedeckt, die im Mondschein glänzten. Die Flügel waren dagegen glatt und spannten sich bestimmt über drei Meter. Natalies Blick wanderte von dem buckeligen Rumpf langsam zum Kopf der Kreatur, und beinahe blieb ihr das Herz stehen. Der gewaltige echsenähnliche Kopf des Tieres war von buckeliger schwarzer Haut überzogen, aus den gewaltigen Nüstern stieß goldener Dampf hervor. Ein schwarzer Kamm zog sich vom Kopf aus über den Rücken, aus dem großen Maul hing eine lechzende Zunge und die Augen der Kreatur leuchteten rotgolden wie eine Feuersbrunst.
Natalie erstarrte. Das war kein Vogel, sondern ein Drache! Und auf diesem Drachen sollte sie zu ihrem Date fliegen?
»Niemals, ich fliege nicht auf einem Drachen«, kreischte Natalie und wankte zurück, kroch in ihr Bett und zog sich die Decke über den Kopf. Das war alles nur ein Albtraum, versuchte sie sich einzureden. Ein Albtraum, aus dem sie hoffentlich schnell erwachen würde. Sie schlug die Decke wieder zurück, doch das Feuermännchen und die unheimliche Gestalt waren immer noch da.
»Mach, dass diese Kreatur verschwindet!«, brüllte sie das Feuermännchen an.
»Aber warum sind Sie denn so verschreckt, verehrtes Fräulein Natalie? Sie sind früher mit Meister Artus immer auf dem Drachen geflogen, und Zanirra kann sich sogar noch an Sie erinnern.«
Dieses Monstrum hatte sogar einen Namen. Wie konnte man so einem Untier auch noch einen Namen geben? Natalie schauderte. Und was für einen Unsinn erzählte das Feuermännchen nun schon wieder?
Es ging langsam auf Natalie zu. Dabei versengte es mit jedem Schritt die Fasern ihrer Raupenwolldecke. »Seht, Fräulein Natalie, wenn Ihr nicht auf den Drachen steigt, werdet Ihr meinen Meister Artus nicht treffen können.«
»Das ist mir gleich, ich steige nicht auf einen Drachen«, polterte Natalie.
»Aber wollt Ihr nicht Euren Verehrer besser kennenlernen? Wollt Ihr nicht erfahren, warum er Euch vor Jahrhunderten gekannt hat?«, versuchte das Feuermännchen, Natalie zu überzeugen.
Das wirkte. Natalie spürte, wie ihr Angstkribbeln der ungestillten Neugierde wich.
»Na schön, ich steige auf den Drachen. Aber wehe, er wirft mich mitten im Flug ab.«
»Sie wird Euch bestimmt nicht abwerfen«, versicherte das Feuermännchen.
»Der Drache ist eine Sie?«, fragte Natalie. Das Feuermännchen nickte heftig.
»Naja, das macht sie auch nicht gerade symphytischer.« Natalie stand auf und kramte in ihrem Kleiderschrank nach einer warmen Jacke, schließlich würde es beim Fliegen bestimmt kühl werden. Sie zog einen dunkelblauen Filzmantel über. Aber vielleicht sollte sie sich noch etwas Schickes anziehen? Natalie sah an sich hinab. Mit dieser Kleidung konnte sie nicht zu ihrem ersten richtigen Date gehen.
»Ich muss mich noch kurz umziehen«, sagte sie
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