Verliebt verlobt verhaftet - Roman
einen Blick auf die Frau hinter ihr. Es war die Hostess, die so frisch und sauber aussah wie zuvor. Savannah, die gegen eine Woge der Verzweiflung ankämpfte, warf einen Blick auf ihre Uhr. Ihr blieben nicht einmal zwanzig Minuten bis zu ihrem nächsten Termin. Sie hatte ihr Bestes getan, um zu beweisen, welcher Gewinn sie für die Werbeagentur wäre. Nun war es an der Zeit für ihre künftigen Arbeitgeber, endlich Farbe zu bekennen.
Vielleicht war dies nur ein weiterer Test, um festzustellen, welches Ausmaß an schlechter Behandlung die Kandidatin über sich ergehen ließ, ehe sie mit dem Fuß aufstampfte und »Schluss jetzt« sagte. Im Geschäftsleben war es wichtig, Grenzen zu setzen. Man musste sein Bestes geben, brauchte sich aber nicht zum Fußabstreifer machen zu lassen.
Sie holte tief Luft, um zu ihrer Mitte zu finden (ein Tipp aus dem Cosmo -Artikel »Fünf Wege, um sich in höchstens fünf Sekunden vom Stress zu befreien«), und wandte sich vom Spiegel ab. »Ich gehe erst wieder dort raus, wenn ich weiß, ob ich den Job nun habe oder nicht.«
Die Hostess musterte sie finster. »Waren Sie zu lange in der Sonne oder was?«
Savannahs Blick wanderte zum Spiegel zurück. Hatte sie
Sonnenbrand auf der Nase? Na ja, vielleicht ein klein wenig, aber was hatte das mit dem Job zu tun? »Es geht mir gut«, gab sie mit einer wegwerfenden Handbewegung zurück, »aber habe ich den Job jetzt oder nicht?«
»Natürlich haben Sie den Job. Was zum Teufel haben Sie Ihrer Meinung nach die letzten beiden Stunden getan?«
Savannah fiel die Kinnlade herunter, und sie trat einen Schritt zurück. Nein, nein, nein. Die Hostess machte sich wohl über sie lustig. Oder erlaubte sich einen grausamen Scherz auf Savannahs Kosten. »Aber … aber … aber ich habe doch nicht als Werbe-Verkaufsassistentin gearbeitet, sondern war ein sprechender Fisch«, platzte es aus ihr heraus.
»Nein«, widersprach die Hostess und musterte Savannah herablassend, als hätte sie den dümmsten Menschen vor sich, dem sie je begegnet war. »Sie haben für unser Restaurant geworben, um unseren Verkauf anzukurbeln. Werbung. Verkauf. Assistentin. Alles klar?«
Savannah prallte mit einem dumpfen Poltern gegen die Tür zur Toilettenkabine. O Gott. Wie hatte sie so naiv sein können. Verzweifelt schloss sie die Augen und schlug die Hände vors Gesicht. Wie um alles in der Welt hatte sie denken können, dass ein Auftritt in einem dämlichen Fischskostüm ein Bewerbungstest für einen anderen, viel cooleren Job sein könnte.
Sie war eine solche Idiotin.
»Ich nehme das jetzt mit und lasse Sie einen Augenblick allein«, erklärte die Hostess mit betont sanfter Stimme, als fürchte sie, Savannah könnte jeden Moment einen Tobsuchtsanfall bekommen.
Sie hörte ein leises Rascheln, als die Hostess das Kostüm vom Haken in der Behindertentoilette nahm, wo Savannah es
hingehängt hatte. Sie schlug die Augen auf und beobachtete durch ihre gespreizten Finger, wie die Hostess rückwärts den Waschraum verließ, wobei sie das Kostüm wie einen Schutzschild vor ihre Brust hielt, falls Savannah einen Satz machen und ihr an die Gurgel springen sollte.
Eine Weile, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, blieb Savannah reglos an die Wand gelehnt stehen. Ihr war klar, dass dies eine klassische »Zieh dich selbst an deinen Haaren aus dem Schlamassel«-Situation war, doch sie konnte ihr erschöpftes Gehirn nicht dazu überreden, ihre Glieder in Bewegung zu versetzen. Außerdem war es so herrlich friedlich hier drin. Und kühl. Ein kleiner Zimmerwasserfall plätscherte leise gurgelnd auf der Granitplatte vor sich hin, und am liebsten wäre Savannah für immer dort geblieben.
Aber das ging nicht. Es war Zeit zu gehen.
»Du hast doch Sinn für Humor«, murmelte sie mit einem Blick gen Himmel, als sie sich von der Wand abstieß. Es war höchste Zeit, diesem Trauerspiel ein Ende zu machen, sonst würde sie noch ihr nächstes Vorstellungsgespräch versäumen.
Ein Gespräch, das zum Glück genauso ablief, wie Savannah es sich vorgestellt hatte - ohne Fragen über M & Ms oder die Form von Schachtdeckeln.
Savannah bemühte sich um eine nachdenkliche Miene, während sie die Standardantwort auf Valeens Frage nach ihren größten Schwächen gab. »Ich würde sagen, meine größte Schwäche ist, dass mir meine Arbeit zu sehr am Herzen liegt. Ich kann nicht schlafen, wenn ich weiß, dass ich meine Arbeit nicht ordentlich erledigt habe«, erklärte sie.
Valeen, eine kettenrauchende schlanke
Weitere Kostenlose Bücher