Verliebte Abenteuer
nun?«
Percy massierte sich das Kinn und sah seinen Freund eine Weile grübelnd an.
»Dann wird es am besten sein, du bleibst das noch länger«, sagte er schließlich. »Auf diese Weise kann vorläufig nichts mehr passieren. Wer tot ist, wird in Ruhe gelassen.«
»Blödsinn. Die Anzeige läuft doch nun. Außerdem wird Loretta nicht lockerlassen.«
»Na und? Es gibt keine Spur von dir. Wie kommt sie überhaupt zu ihrem plötzlichen Interesse an Lord Ashborne?«
»Wenn ich das wüßte! Zuerst qualifiziert sie ihn laufend ab – und nun dies! Da kenne sich einer aus. Vielleicht haben wir zu früh die Nerven verloren. Wenn ich heute in Invergarry anzutreffen gewesen wäre, hätte sich womöglich alles blendend gelöst.«
»Wenn – wenn. Wenn das Wörtchen wenn nicht wär', wär' mein Vater Millionär. Wir müssen uns jetzt eben anders durchlavieren.« Percy setzte sich auf den Bettrand und ließ die Beine baumeln. »Theoretisch betrachtet, ist das so die beste Lösung. Du bist tot, keiner kennt den Fundort deiner Leiche – es gibt, wiederhole ich, keine Spuren – einfach prima!«
Und das war es, was sowohl William wie auch Percy den Hals brach. Ihre Ansicht war – auch theoretisch – grundfalsch. Denn Loretta, einmal dabei, die tragisch werdende Liebe William Ashbornes nicht so tragisch zu nehmen, rollte den Fall unerbittlich und gewandt auf.
Es begann damit, daß am nächsten Tag zwei Dienstwagen der Polizei vor Schloß Invergarry vorfuhren und acht Beamte auf den lockeren Kies sprangen. Der alte James begann schon im voraus zu zittern und nahm sich vor, sich dumm zu stellen. Das ist die beste Waffe gegen die Polizei, die für sich in Anspruch nimmt, besonders klug zu sein.
Mr. Webb, der Inspektor des Distrikts, leitete persönlich die Untersuchung. Man ging in die Bibliothek und ließ erst einmal nach bewährtem Muster sämtliche Hausbewohner im Gänsemarsch anrücken.
Auf die kluge Frage »Wissen Sie, wo Lord Ashborne ist?« erklang allenthalben ein promptes »Nein«.
Damit wäre an sich der Fall schon erledigt gewesen, denn wenn niemand etwas weiß, ist nichts zu machen. Doch die Polizei wittert hinter allem und jedem Unrat. Dazu ist sie ja da, wird von unseren Steuern bezahlt und umfaßt etliche tausend Mann mit fester Pension. Eine Polizei, die nicht Unrat wittert, verfehlt ihren Zweck und macht sich selbst überflüssig. Nichts aber ist eine tragischere Figur als ein überflüssiger Beamter. Deshalb wurde die Untersuchung fortgesetzt, indem Inspektor Webb, ein grauhaariges, kleines, dünnes Männchen mit scharfen Brillengläsern, die Privaträume Lord Ashbornes in Augenschein nahm.
James begleitete ihn.
»Kennen Sie einen gewissen Flip?« fragte Webb ihn so ganz nebenbei. Und James, das alte, vertrottelte Rindvieh, sagte: »Ja. Sie meinen den Chauffeur bei Lady Gower?«
»Der vorher Chauffeur bei Lord Ashborne war, ja.«
»Bei uns? Nein, wir hatten keinen Chauffeur.«
»Nicht? Merkwürdig.«
Da erst merkte James, daß er ein Hornochse war, und machte sich innerlich bittere Selbstvorwürfe. Bedrückt schlich er mit dem Inspektor durch die Räume.
»Ist das das Schlafzimmer des Lords?« fragte Webb den Diener, als sie einen hellen, großen, mit einem breiten Balkon versehenen Raum betraten, in dem ein großes Bett stand.
»Ja, Mr. Webb.«
»Wann haben Sie Lord Ashborne zum letztenmal gesehen?«
»Vor neun Tagen. Morgens. Er bestellte ein weichgekochtes Ei.«
»Und dann?«
»Dann räumte ich den Frühstückstisch ab«, sagte James dümmlich.
»Mein Gott! Und was machte inzwischen Lord Ashborne?«
»Er sang.«
»Sang? Sang was? Sang wo?«
James schwieg und lächelte verzeihend. »Wo man gerne singt«, sagte er dann etwas verschämt.
»Und wo tut man das?«
»Auf dem Klo.« James blickte zu Boden. »Sie haben vielleicht gedacht, in der Badewanne. Dem war aber nicht so. Mitten in der Arie rauschte nämlich die Spülung. Ich hörte sie in der Küche und wußte deshalb Bescheid.«
»Und was sang er?«
»Mozart.«
»Was von Mozart? Soviel ich weiß, hat dieser Mann vieles komponiert.«
»In diesen heiligen Hallen kennt man die Rache nicht –«
Inspektor Webb schaute an der Wand empor. Dort gehe ich gleich hoch, dachte er. Will man mich hier auf den Arm nehmen? Es ist zum Mäusemelken! Wenn dieser James eine Kuh anguckt, muß der doch sofort die Milch sauer werden.
»Und dann?« fragte er.
James blickte Webb an, dem nun etwas hätte sauer werden müssen, wenn auch keine
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