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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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selbst, könnte sie es vielleicht doch in den Wald schaffen. Auch wenn sie hier der Köder sein sollte. Auch wenn sie keine Schuhe hatte.
      Auch wenn es sich herausstellte, dass David schon in Gefangenschaft geraten war und sie ihn niemals wiedersehen würde ...
      Bei diesen Gedanken brach in ihr ein Sturm aus Wut los und sie rannte auf die Frau zu, den Behälter mit beiden Händen umklammernd.
      Die grausamen Züge der Frau öffneten sich zu einem Lächeln.
      Im Bruchteil einer Sekunde, ehe sie gegeneinanderstießen, schien die Special zu verschwinden, wie eine Münze in der Hand eines Zauberkünstlers. Gleich darauf fühlte Tally etwas Hartes, das gegen ihr Schienbein knallte, und Schmerz jagte hoch. Sie kippte vornüber, streckte die Hände aus, um sich im Fallen abzustützen, und der Behälter entglitt ihren Fingern.
      Sie prallte hart auf und ihre Handflächen schrammten über den Boden. Während sie durch den Lehm rutschte, schaute Tally zu der hinter ihr kauernden Special hoch. Die Frau hatte sich einfach geduckt, unvorstellbar schnell, und Tally war über sie gestolpert wie ein ungeschickter Winzling bei einer Rauferei.
      Tally schüttelte den Kopf und spuckte Lehm aus, und dabei sah sie den Behälter, haarscharf außerhalb ihrer Reichweite. Sie kroch darauf zu, aber ein gewaltiges Gewicht traf sie und presste sie mit dem Gesicht nach unten zu Boden. Sie spürte, wie ihre Handgelenke nach hinten gerissen und gefesselt wurden, die harten Plastikhandschellen bohrten sich in ihre Haut.
      Sie wollte sich wehren, konnte sich aber nicht bewegen.
      Dann entfernte das entsetzliche Gewicht sich und eine Stiefelspitze drehte sie mühelos um. Die Special stand über ihr, lächelte kalt und hielt den Behälter in der Hand. "Und jetzt, Ugly", sagte sie, "jetzt wirst du dich beruhigen. Wir wollen dir doch nicht wehtun. Aber wir tun es, wenn es sein muss."
      Tally wollte etwas sagen, aber ihr Kiefer klemmte vor Schmerz. Er hatte bei ihrem Sturz den Boden aufgepflügt.
      "Was ist denn daran so wichtig?", fragte die Frau, schüttelte den Behälter und versuchte durch das durchscheinende Kunststoffmaterial zu blicken.
      Aus dem Augenwinkel sah Tally, wie der Boss sich dem Wald näherte. Er lief mit langsamen, gequälten Schritten, die Tasche war zu schwer für ihn.
      "Schau doch einfach mal nach", würgte Tally mühsam heraus.
      "Werde ich auch", sagte die Frau und lächelte noch immer. "Aber eins nach dem anderen." Jetzt wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Boss zu und ihre Haltung ähnelte plötzlich der eines Tieres, sie krümmte sich wie eine Katze kurz vor dem Sprung.
      Tally drehte sich mühsam auf den Rücken und strampelte wütend mit beiden Beinen. Ihr Tritt traf den Behälter, der ging auf und ließ eine Wolke aus braungrünem Staub vor der Special aufstieben.
      Eine Sekunde lang verbreitete sich ein Ausdruck des Staunens über das Gesicht der Frau. Sie würgte und zitterte am ganzen Leib. Dann kniff sie die Augen zu, ballte die Faust und stieß einen Schrei aus.
      Es war kein menschlicher Schrei. Er fraß sich in Tallys Ohren wie eine Vibra-Säge, die durch Metall schneidet, und jeder Muskel in ihrem Körper kämpfte, um sich von den Handschellen zu befreien, ihr Instinkt verlangte, dass sie sich die Ohren zuhielt. Mit einem letzten wilden Tritt drehte sie sich um und kam auf die Beine, um auf den Wald zuzustolpern.
      Tallys Kehle fing an zu jucken, als der Wind den Pfeffer verteilte. Sie hustete, als sie weiterrannte, ihre Augen trieften und brannten, bis sie halb blind war. Die Hände noch immer hinter dem Rücken gefesselt, stolperte Tally ins Unterholz und ging zu Boden, als ihre bloßen Füße irgendwo in der dichten Vegetation hängenblieben.
      Sie kämpfte weiter und versuchte sich außer Sichtweite der Angreifer zu schleppen.
      Als sie blinzelte, um ihre Tränen zu vertreiben, sah sie, dass der unmenschliche Schrei der Special offenbar ein Alarmsignal gewesen war. Drei weitere grausame Pretties hatten darauf reagiert. Einer führte mit ausgestrecktem Arm die mit Pfeffer bestäubte Frau weg, die anderen kamen auf den Wald zu.
      Tally erstarrte, denn das Unterholz konnte sie kaum verbergen.
      Dann spürte sie ein Kitzeln in der Kehle, einen langsam wachsenden Reiz. Tally hielt den Atem an und schloss die Augen, aber ihre Brust fing an zu zittern, ihr Körper zuckte und verlangte die Pfefferreste aus ihrer Lunge zu vertreiben.
      Sie musste einfach husten.
      Tally

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