Verlockende Versuchung
dem Wachtmeister! «
Falls sie bleiben sollte, musste unbedingt an ihrer Ausdrucksweise gearbeitet werden.
» Und was ist mit Harry? «
» Harry? « , flüsterte sie ängstlich.
»Ja.«
»Glaubt Ihr , dass er nach mir suchen wird? « Der Tonfall zeigte ihre angespannte Unruhe.
»Ich weiß es nicht. « Das war die Wahrheit. »Hier wird er Euch aber nicht aufspüren. Niemals würde er Euch in dieser Gegend vermuten. Mayfair könnte ebenso gut Welten entfernt sein.«
Ihre Augen hafteten an seinen. »Ihr werdet nicht zulassen, dass er mich findet? «
»Auf gar keinen Fall.«
Devons Kräfte gaben nach. Außerstande, sich noch länger auf den Beinen zu halten, sank sie in seine Arme. Dieses Mal gab es keinen Gefühlsausbruch, als er sie zärtlich auffing . Er war beinahe am Bett angelangt, als sie ihn eindringlich anflehte, »Wartet! Meine Haube ... holt Ihr sie, bitte? «
Bereitwillig ging er den Weg zurück, ohne sie abzusetzen. Sie schmiegte sich an seinen Hals, als er sich bückte, um das Kleidungsstück aufzuheben. Vorsichtig legte er Devon auf das Bett und reichte ihr die Haube.
Sie verlor keine Zeit und setzte sie sich umständlich wieder auf.
Sebastian bemerkte, dass sie sich Tränen aus den Augen wischte. Im Nachhinein konnte er beim besten Willen nicht sagen, was über ihn gekommen war. Das Nächste, woran er sich erinnerte, war, dass er auf ihrer Bettkante saß.
»Ihr müsst Euch ausruhen und still liegen, Devon.«
Ihre Augen waren halb geschlossen. Beim Klang seiner Stimme öffneten sie sich jedoch. »Ich kann mich nicht entsinnen, Euch die Erlaubnis erteilt zu haben, mich mit meinem Vornamen anzusprechen«, sagte sie stirnrunzelnd.
Eine Aussage von außergewöhnlicher Überheblichkeit, wenn man bedachte, dass sie gerade noch in seinen Armen gelegen hatte und sich nun in seinem Bett befand. Nun gut, nicht wirklich in seinem Bett, aber immerhin war es sein Haus.
Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel. Allerdings drängte er seine Belustigung zurück, damit er ihr keinen weiteren Grund zur Empörung bot. » Darf ich? « , wollte Sebastian betont ernst wissen.
»Was dürft Ihr? «
Sie war erschöpft, das erkannte er an den Schatten, die ihre Augen umgaben.
»Darf ich Euch Devon nennen? «
»Vermutlich dürft Ihr das.« Sie beäugte ihn. »Wie soll ich Euch dann ansprechen? «
»Auf j eden Fall nicht Lord Mistkerl.«
Ein leises Lächeln stahl sich in ihr Antlitz. »Ihr bevorzugt also Lord Bastard? «
»Devon!« Er zog eine Braue hoch. »Ich nehme an, dass wir gerade erst Waffenstillstand geschlossen haben. Lasst ihn uns nicht aufs Spiel setzen. Sebastian reicht voll und ganz. «
Ihre Augen trafen sich. Unvermittelt wich das Lächeln aus ihrem Gesicht, und sie wandte den Kopf ab. »Ich wollte nicht wirklich fortgehen«, vertraute sie sich ihm kleinlaut an.
»Wolltet Ihr nicht? «
»Nein. Ihr saht nur so schrecklich streng aus.«
Wie schmeichelhaft, dachte er. Hielt sie ihn etwa für ein Ungeheuer? »Ja, ich weiß«, murmelte er. »Justin ist der Hübsche, nicht ich.«
Nachdenklich betrachtete sie ihn. »Was meint Ihr damit ?«
»Meine Liebe, Ihr habt gerade gesagt, dass ich schrecklich aussehe.«
Sie war verwirrt. »Schrecklich streng, nicht schrecklich.«
Sie betonte es so entschieden, dass es Sebastian fast den Atem verschlug. Dann entsann er sich der Nacht, als er sie gefunden hatte. Gut aussehend hatte sie ihn genannt. Ihn. Er sagte nichts, sondern saß einen Augenblick einfach nur da, ein eigenartiges Gefühl in der Brust. Bald schon konnte sie ihre Augen nicht mehr offen halten. Jäh begann sie zu zittern.
Sebastian lehnte sich nach vorn und musste ein überraschend eindringliches Verlangen unterdrücken, um nicht eine eigenwillige Locke aus ihrem Gesicht zu streichen. »Was ist los?«, erkundigte er sich sanft.
»Ich erinnere mich daran, auf der Straße gelegen zu haben, in der Kälte.« Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern. »So möchte ich nie wieder aufwachen.«
Plötzlich lagen ihre Hände in den seinen. Nicht weich, fein und behandschuht wie die einer Lady, sondern rau und trocken. Und doch so klein und zierlich.
»Das werdet Ihr nicht«, sagte er ruhig. »Legt Euch nun zurück und schlaft, Devon.«
» Ich glaube nicht, dass ich das kann. Ich ... « , sie zögerte , »... ich habe Angst.«
»Wovor? «
»Dass alles fort sein wird, wenn ich aufwache. Dass Ihr nicht mehr da sein werdet.«
Ohne die Gründe näher erklären zu können, spürte er ein
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