Verlockende Versuchung
leuchtender Halbmond trat hinter silbernen Wolken hervor. Sebastian sehnte sich nach Tageslicht, damit Devon die glitzernden, strahlend blauen Seen und die verschlafenen, friedvollen Täler sehen könnte.
Die Kutsche brauste um eine Biegung, und ein Rad fuhr über ein Schlagloch, sodass Devon in Sebastians Schoß fiel. Instinktiv schloss er beschützend die Arme um sie, doch es war ein völlig anderer Beweggrund, der Devon dort verweilen ließ. Als sie sich wieder aufrichten wollte, kam ein wortloser Laut des Protests.
Von ihm.
Ihre Augen trafen sich. In Devons Blick lag eine stille Frage. Er zog sie näher an sich, und gab ihr damit die Antwort, die sie zu brauchen schien. Während Sebastian ihren zierlichen, kleinen Körper gegen seine kräftig gebaute Brust presste, barg sie den Kopf in seiner Halsbeuge und drückte die Nase an ihn, um seine Wärme auszukosten. Der Marquess warf den Umhang um sie beide und bemerkte, dass sich ein Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert hatte ...
Viele Stunden später, als bereits das erste Tageslicht den Horizont erhellte, fuhr die Kutsche einen langen, gewundenen Weg hinauf, der sich durch Efeu bewachsene Tore und an kurz geschnittenen, gepflegten Rasen und Gärten vorbeischlängelte.
Liebevoll weckte Sebastian Devon, die kurz eingenickt war. Sie rührte sich unwillig, noch ganz warm vom Schlaf. Dann küsste er sanft ihre Hand, die zusammengefaltet auf seiner Brust lag. »Wir sind angekommen«, flüsterte er beschwingt.
Ein Lächeln umspielte die Lippen des Marquess, als sie sich dem Herrenhaus näherten. Das Anwesen bot einen beeindruckenden Anblick, der Sebastian stets den Atem raubte, wann immer er nach Thurston Hall kam. Auch Devon war sprachlos vor Staunen und starrte das prunkvolle Haus mit offenem Mund an, als er ihr aus der Kutsche half.
Sebastian lächelte verlegen. »Willkommen auf Thurston Hall«, murmelte er.
Obwohl sein Erscheinen auf dem Familienbesitz unerwartet war, zeigte, sich ein in Purpur und Gold gekleideter Lakai, der sie in das Haus hineingeleitete. Sebastian legte Devons Wohlergehen in die Hände eines tüchtigen Hausmädchens namens Jane.
»Warum ruht Ihr Euch nicht ein wenig aus und nehmt ein Bad?«, schlug er vor. »Ich treffe Euch dann hier...«, dabei blickte er auf die Standuhr nahe der Treppe, »... zur Mittagszeit. «
Devons Augen wanderten fragend über sein Gesicht. »Und Ihr? «
Sebastian fuhr sich über die Stoppeln an seinem Kinn. »Nun«, sagte der Marquess nachdenklich. »Ich denke, ich brauche ein Bad und eine Rasur ... «
Belustigt verzog sie den Mund. »Ihr braucht immer eine Rasur.«
Doch Sebastian war sich bewusst, dass ihre Frage viel tiefer ging.
Sanft strich er mit den Fingerknöcheln über Devons Wange und bewunderte und fühlte ihre zarte Haut, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was die Dienerschaft von der Liebkosung halten mochte.
»Mir geht es gut.« Und das war die Wahrheit. Der Druck in seiner Brust war verflogen. Es war unnötig zu fragen, weshalb. Natürlich liebte er Thurston Hall. Liebte es mehr als alles andere auf der Welt, doch dieses Mal hatte das Glücksgefühl nichts damit zu tun, dass er zu Hause war ...
Sondern allein mit der Frau an seiner Seite.
Zur Mittagszeit wartete Devon allerdings nicht wie vereinbart am Treppenabsatz. Da Sebastian glaubte, sie könnte verschlafen haben, klopfte er leicht an der Tür zu ihrem Gemach. Jane sah auf, während sie weiter das Bett machte, und informierte ihn, dass sein Gast bereits vor einer Viertelstunde aus dem Zimmer gegangen war.
Er traf Devon in der Galerie. Mit gekämmtem und aus dem Gesicht zurückgebundenem Haar sah sie erfrischt aus. Ihre Kette glitzerte silbern und strahlend an ihrem Hals. Jane hatte Devon mit einem von Juliannas Kleidern ausgestattet. Als er sie betrachtete, hätte er beinahe laut aufgestöhnt.
Langsam trat Sebastian näher und versuchte dabei nicht zu offensichtlich auf die cremefarbenen Rundungen zu starren, die durch das tiefe Dekolletee zum Vorschein kamen.
»Hallo«, begrüßte sie ihn. »Ich bin nur ein wenig herumgewandert.«
Sebastian lachte auf. »Das hätte ich mir denken können. Ihr habt diese Angewohnheit, nicht? Wandert nur nicht zu weit weg. Ihr könntet in diesem Haus verloren gehen, und niemand würde Euch finden. «
»Oh, die wichtige Frage jedoch lautet, Sir ... falls ich michverlaufen sollte, würdet Ihr dann nach mir suchen?«
Sein Blick glitt über ihr Antlitz zu der widerspenstigen seidenen Locke, die ihr
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