Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
darüber verlieren.«
Die Treue ihrer Schwester war wirklich bewegend. Aber sie wollte ihn ja! Mehr wollte sie nicht. Cecily antwortete leise: »Ich glaube, zwischen Jonathan und mir ist die Sache entschieden. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. Aber was ich damit eigentlich sagen wollte, ist Folgendes: Lord Drury und du, ihr habt mehr gemeinsam, als er und ich je hätten erhoffen dürfen. Du lieber Himmel, Elle! Er fragt dich um Rat, das zeigt doch schon einen Respekt, den ein Mann einer Frau nur selten entgegenbringt.«
»Respekt ist schön und gut, aber nicht besonders romantisch.« Ihre Schwester stand auf, trat ans Fenster und legte eine Hand auf das Glas. Sie starrte in den verregneten Tag. »Glaubst du, es gibt wirklich eine Chance? Was soll ich denn jetzt nur machen?«
Eleanor war eigentlich als ältere Schwester diejenige, die einen Ratschlag erteilen sollte, statt um Rat zu fragen. Cecily wägte ihre Antwort sorgfältig ab. »Ich glaube, ihr habt wirklich gute Chancen. Er sucht nach einer Frau und bewundert dich. Drei Walzer an nur einem Abend, dann die Spaziergänge im Garten … Ich bin bestimmt nicht die Einzige, der das auffällt. Wenn er so blind ist, musst du ihn eben aufwecken, damit er endlich erkennt, dass er dich will und nicht mich.«
»Aber wie um alles in der Welt soll ich das machen?«
Dank ihrer jüngsten Erfahrungen war Cecily davon überzeugt, dass es ihrer Schwester gelingen würde. Sie lächelte, während sie Elles üppige Schönheit in dem schmeichelnden Kleid betrachtete. »Ich habe keine konkrete Idee, aber ich bin sicher, du wirst einen Weg finden.«
Kapitel 20
Er ritt jeden Tag auf Seneca aus, egal ob bei Regen oder Sonnenschein. Dieser Morgen bildete keine Ausnahme. Der Regen hatte aufgehört, doch die Wolken hingen bleiern über der Stadt. Das konnte Jonathans ausgezeichnete Laune nicht trüben, die allerdings nichts mit dem Wetter zu tun hatte, sondern nur mit einer goldhaarigen, jungen Frau, die er kurz vor Morgengrauen schlafend in ihrem Gemach zurückgelassen hatte.
Aber er musste zugeben, dass seine gute Laune durch Neugier getrübt wurde. Lily hatte nach dem Frühstück auf ihn gewartet. In ihrem hellblauen Reitkleid wirkte sie jung und verletzlich, und zu seiner Überraschung hatte sie tatsächlich vorgeschlagen, man könne doch gemeinsam ausreiten.
Wie konnte er diesen sprichwörtlichen Olivenzweig ignorieren? Im Übrigen musste er mit ihr ohnehin über seine Verlobung reden. Er vermutete, dass Carole und Betsy zumindest schon die ersten Gerüchte gehört hatten.
Aber während sie ihre Pferde ruhig durch den Park trotten ließen, wo der Regen noch von den Blättern tropfte und die Wege sich in eine Schlammwüste verwandelt hatten, musste er feststellen, dass sie nicht über seine baldige Eheschließung reden wollte, sondern über ihre eigene gelöste Verlobung.
Seine Schwester saß aufrecht im Sattel und hielt die Zügel ihrer Stute entspannt in Händen, als sie leise sagte: »Gestern Nacht kam Lord Sebring zu Besuch.«
Seneca platschte durch eine Pfütze. Jonathan dachte über diese Eröffnung nach. »Ich war nicht zu Hause«, sagte er schließlich. »Ich hoffe, du hast ihn nicht ohne eine Anstandsdame empfangen.«
Dafür erntete er einen versteinerten Blick. »Er hat mich bereits ruiniert, schon vergessen? Warum sollte ich dann noch ablehnen, ihn zu sehen?«
Ein berechtigter Einwand. »Ich hab’s nicht vergessen«, erwiderte er kühl. »Da du aber kurz vor deinem Wiedereintritt in die Gesellschaft stehst, solltest du vielleicht mehr Diskretion an den Tag legen. Ich glaube, du warst es, die mich darauf hinwies, dass ich nichts tun sollte, das ein schlechtes Licht auf unsere Familie werfen könnte, da diese Wochen für Betsy und Carole entscheidend sind.«
»Ich war einfach überrumpelt«, gab sie nach kurzem Schweigen zu. Sie blickte starr geradeaus. Ihre Miene war ernst. »Es war schon recht spät. Daher bezweifle ich, dass jemand seine Ankunft beobachtet hat. Ich vermute, er hat die nötige Vorsicht walten lassen, denn anderenfalls hätte seine Frau von seinem Besuch erfahren.«
Jonathan hatte gestern Nacht ebenfalls einen sehr unkonventionellen Besuch abgestattet, weshalb es scheinheilig wäre, wenn er Lord Sebring kritisierte. Aber wenigstens hatte er keine Ehefrau und war fest entschlossen, Cecily zu heiraten. »Hoffen wir einfach, dass es so ist.«
Sie ritten einige Minuten schweigend nebeneinander, und er wartete. Jetzt verstand er, dass
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