Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
wieder an jenes denkwürdige Ereignis erinnert.«
Allein diese Möglichkeit ängstigte sie sehr, deshalb schüttelte sie heftig den Kopf. »Bitte, Jonathan … Verlang das nicht von mir.«
Es war das erste Mal, dass sie in ihrem Leben tatsächlich seinen Vornamen laut aussprach. Denselben Namen hatte auch ihr Großvater getragen, der fünfte Earl of Augustine. Ihm entging es ebenfalls nicht, denn seine dunklen Augenbrauen hoben sich leicht. »Du bist so sehr um den Schuft besorgt, der deinen Ruf ruiniert hat, wenn ich das in deinen Worten wiederholen darf?«
Was sollte sie auf so eine Frage antworten? Ihre Beziehung zu Arthur war kompliziert gewesen … Und doch so einfach. Sie wusste daher nicht, was die richtige Antwort war.
»Du sprichst ja auch nicht über die Mutter deiner Tochter.«
»Adela.« In seinen dunklen Augen funkelte es gefährlich. »Der Name meiner Tochter lautet Adela. Und nein, das stimmt. Ich spreche nicht über Caroline.«
Das waren mehr Informationen, als sie bisher von ihm bekommen hatte. Wenigstens kannte sie jetzt den Namen der Frau. Wenn sie nicht gerade über ihr zerstörtes Leben nachdachte, regte sich Lillians Neugier. Seine offensichtliche Zuneigung für seine Tochter war weder der Familie noch dem Personal entgangen. Und wenn sie ehrlich war, empfand sie Addie als ein bezauberndes Kind. Es geschah nicht absichtlich, aber Lillian war ihr mehrfach über den Weg gelaufen, weil das kleine Mädchen schier überall zu sein schien. Am Vortag wären sie im Korridor beinahe zusammengestoßen, und auf ihre unschuldige Art hatte ihre kleine Nichte Lillian dazu überredet, im Garten spazieren zu gehen. Doch schon bald hatte sie sich dabei ertappt, wie sie mit Adela Verstecken spielte.
Deshalb fragte sie sich wirklich, wie eine Frau so ein liebes Kind einfach verlassen konnte. Sie räusperte sich. »Du hast sie nie geheiratet.«
»Und ebenso wenig hat Sebring dich geheiratet.« Ihr Bruder lächelte schmallippig.
»Das stimmt.« Lillian musste ihm recht geben. Sie atmete tief durch und sagte leise: »Ich würde es bevorzugen, wenn du das Thema fallen lässt. Es wäre reine Zeitverschwendung, wenn du versuchen würdest, Arthur auf den unglückseligen Vorfall anzusprechen. Glaub mir einfach, dass er das, was damals geschah, mindestens ebenso sehr bereut wie ich. Aber es ist nun einmal passiert, und die gesamte Prominenz erinnerte sich allzu gut daran. Es ist das Beste, wenn ich mich so unauffällig wie möglich verhalte, während Carole und Betsy in die Gesellschaft eingeführt werden.«
Die Stimme ihres Bruders klang sachlich, aber seine dunklen Augen blieben auf sie gerichtet: »Dein Glück ist mir genauso wichtig wie das deiner Schwestern. Unterschätze niemals deinen Wert, Lily.«
»Ich tue das, was das Beste für meine Schwestern ist«, beharrte sie, aber in ihrem Bauch ballte sich ein schmerzhafter Knoten. Vielleicht hatte er doch recht. Vielleicht versuchte sie nur, ihrer Zukunft auszuweichen.
Oder dem Fehlen dieser Zukunft. Er hatte auch in der Hinsicht recht. Die Vorstellung, als alte Jungfer zu enden, reizte sie nicht besonders. Sie hatte sich immer einen Ehemann gewünscht. Einen, der sie natürlich lieben würde. Und Kinder! Adela im Haus zu haben, war für sie eine besonders große Qual, weil dieses Kind sie daran erinnerte, was ihr so sehr fehlte. Es war eine romantische Vorstellung von Ehe, aber wenn sie ehrlich war, steckte in ihr eine große Romantikerin. Die meisten Bücher, die sie verschlang, versetzten sie in fremde Welten, in denen Leidenschaft regierte und die Heldinnen dem Mann ihrer Träume begegneten und ihre Liebe alle Hindernisse aus dem Weg räumte …
Aber das waren Romane, ermahnte sie sich. Sie hatte ihren Helden bereits getroffen, und die Hindernisse waren unüberwindlich gewesen. Am Ende waren ihrer beider Herzen gebrochen.
Nicht alle Märchen hatten ein glückliches Ende. Diese bittere Erkenntnis verfolgte sie seither jeden Tag aufs Neue.
»Lass Carole und Betsy meine Sorge sein. Es gibt keinen Grund, weshalb du dich vor der Welt verstecken solltest.« Jonathan klang unerbittlich. »Allein aufgrund der Tatsache, dass es mich gibt, ist diese Familie etwas ungewöhnlich, weshalb ich keinen Grund sehe, dass du jeden Abend allein zu Hause hockst. Wie du selbst bereits sagtest, wird es niemand wagen, dich zu beleidigen, wenn ich zugegen bin. Warum genießt du nicht einfach ein bisschen deine Zeit? Männer können begriffsstutzig sein, das will ich gar nicht
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