Verlockung der Nacht
doch erst recht gelingen.
»Du hast versucht, ins Haus zu kommen, bist aber dann zurückgeflogen, weil der Salbei dich verbrannt hat?«, erkundigte ich mich, während ich den Blick durch den hell erleuchteten Garten schweifen ließ.
Dons Nicken wirkte beinahe vorsichtig. »Ja.«
Beide Tiere hatten angeschlagen, als Don versucht hatte, ins Haus vorzudringen, aber nun, da mein Onkel etwa zwanzig Meter entfernt im Garten stand, waren Helsing und Dexter still. Ich näherte mich langsam der Haustür, als mir klar wurde, dass Don vielleicht nicht der einzige Geist im Umkreis war.
Elisabeth und Fabian haben die Wahrheit gesagt , dachte ich bitter. Kramer war ihnen nicht gefolgt. Nein, der Inquisitor hatte uns bei Spade genauso aufgespürt wie in dem Hotel in Ohio – indem er der Energie-Fährte gefolgt war, die von Marie Laveau zu mir führte. Dem armen Fabian war vermutlich gar nicht bewusst, dass die Verbindung noch aktiv war, weil er mich nicht hatte suchen müssen. Elisabeth und er hatten die ganze Zeit über gewusst, wo ich war.
Ein Prickeln in meinem Rücken verriet mir, dass Bones in der Tür hinter mir aufgetaucht war. Ich warf einen Blick in die Richtung und registrierte stumm, dass er beide Hände voller kokelndem Salbei hatte. Tyler stand dicht bei ihm, Dexter fest an sich gedrückt, mein Kater in seiner Transportbox zu seinen Füßen. Entweder hatte Bones meine Unterhaltung mit Don belauscht oder selbst seine Schlüsse gezogen.
»Sie müssen von hier weg«, verkündete ich.
Bones’ Lippen streiften mein Ohr, als er sich vorbeugte und seine Antwort flüsterte. »Bald, Kätzchen.«
Gut. Die Frauen mussten so weit wie möglich weg von mir, sonst würde ich ihren Peiniger direkt zu ihnen führen, wenn es nicht schon zu spät war.
»Bin gleich wieder da«, murmelte ich und ging zu Don, auf jeden Laut, jede noch so kleine Bewegung um mich herum achtend. Don war nur etwa zwanzig Meter von der Haustür entfernt, doch der Abstand schien mit jedem meiner Schritte länger zu werden.
»Du musst jetzt verschwinden«, sagte ich, als ich ihm so nahe war, dass ich ihn hätte berühren können. »Komm morgen wieder.« Dann informierte ich ihn flüsternd über den Treffpunkt, bemüht, so leise zu sprechen, dass nur er mich hören konnte.
»Was ist?«, fragte Don, als ich zu Ende gesprochen hatte.
»Hör auf deine Nichte und geh«, fuhr Bones ihn an.
Don machte den Mund auf, als wollte er etwas entgegnen, aber Ians »Hier sind wir, Crispin!« lenkte ihn ab. Der Vampir mit dem kastanienbraunen Haar kam den Gehweg entlangspaziert, als wäre alles in bester Ordnung. Meine Mutter folgte ihm im Pyjama, was vermuten ließ, dass sie gerade aufgestanden war. Zum Schluss kamen Spade und Denise, die sich ebenso argwöhnisch umsahen wie ich. Ich war versucht, zum Haus zurückzurennen, wartete aber, um keinen Verdacht zu erregen, falls jemand uns beobachtete.
Bones gab die Tür frei, sodass alle eintreten konnten. Keine zehn Sekunden später kamen Francine, meine Mutter und Ian wieder heraus. Meine Mutter hatte von hinten die Arme um Francine geschlungen, als wollte sie sie fest an sich drücken. Ian bedachte uns mit einem Grinsen, packte dann meine Mutter mit beiden Armen und schoss mit einem vampirischen Energieschub gen Himmel davon.
Kaum dass Don »Wo wollen sie hin?« gesagt hatte, kam schlagartig Bewegung in die Büsche am Ende des Gartens, als wäre eine große, unsichtbare Gewalt geradewegs durch sie hindurchgebrochen.
Jetzt musste ich mich nicht mehr zurückhalten! Ich rannte auf das Haus und die aus der Tür quellende Rauchwolke zu, die mich umfing, bevor ich ankam. Der dichte Rauch waberte bis in den Garten. Als mein Onkel damit in Berührung kam, fuhr er zurück, als hätte er sich verbrüht.
»Ich hab dir ja gesagt, du sollst abhauen, alter Knabe«, murmelte Bones. Dann zog er mich ins Haus, und was immer Don noch zu sagen hatte, ging in dem Jaulen unter, das aus dem Garten zu hören war.
Tyler war im Wohnzimmer, zusammen mit einem Haufen brennendem Salbei auf dem Fliesenboden und einem Ventilator, der den Qualm wie eine Gatling Richtung Tür pustete. Als Bones sie zugeschlagen hatte, schaltete Tyler den Ventilator aus und hüstelte, als der graue Dunst sich im Zimmer verdichtete.
Eine Art Paukenschlag war zu hören, und die Fenster zerbarsten. Ich hatte Tyler zu Boden geworfen, sodass er flach auf dem Rücken lag und ich ihn mit meinem Körper abschirmen konnte, bevor es Glasscherben regnete. Oben kreischte
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