Verloren: House of Night 10 (German Edition)
Es ging ganz schnell. Ich war gerade auf dem Weg zur Sattelkammer, weil ich ein Pferd geputzt hatte und die Bürsten wegbringen wollte. Da kam ein Riesenwindstoß, und die Laterne fiel um – mitten in ’nen Stapel Heuballen. Die sind losgegangen wie ’n Haufen Wunderkerzen.« Dann drehte sie sich um und sprach Dallas direkt an: »Es war ein Unfall. Schluss, aus.«
»Gut, dass du so ’ne ehrliche Haut bist, sonst könnte man fast auf die Idee kommen, du lügst.« Schon Dallas’ Ton war eine Beleidigung.
»Nicht wahr?«, schnitt Thanatos ihm das Wort ab. »Und unsere Pferdeherrin unterstützt Nicoles Aussage. Nur gut, dass alles so glimpflich ausging und niemand zu Schaden kam.«
»Nur die Ställe sind ein einziges Chaos«, hörte ich mich sagen, um die unbehagliche Stille zu füllen und uns wieder zu einem Anschein von Normalität zurückzubringen. »Fällt deswegen eigentlich Pferdekunde aus?«
»Nein, im Gegenteil.« Ich bildete mir ein, dass Thanatos mir einen dankbaren Blick zuwarf. »Euer Stundenplan bleibt unverändert. Wer Pferdekunde hat, wird sich aber wohl darauf einstellen müssen, die Ställe aufzuräumen und zu putzen statt zu reiten.« Dann berührte sie ihre Stirn, als hätte sie etwas vergessen. »Oh, außer denjenigen, die ich bitten möchte, mir zu helfen, den Tag der offenen Tür am Samstag vorzubereiten.«
Damiens Hand schoss in die Höhe.
»Ja, Damien?«, nahm Thanatos ihn dran.
»Ich will nichts sagen. Ich will mich nur freiwillig zum Organisieren melden.«
Thanatos lächelte. »Das ist sehr nett von dir.«
»Heißt ›organisieren‹ in die Stadt fahren?« Es war echt komisch, dass Erins Stimme von so weit hinten kam.
»Einige der Aufgaben sind damit verknüpft, etwas in der Stadt zu erledigen, ja. Möchtest du denn auch helfen, Erin?«
»Wenn wir nicht im Klassenzimmer rumsitzen müssen, haben Sie ’ne Menge Freiwillige, schätze ich«, sagte Dallas.
Ich war zu angespannt, um Aphrodite oder Stevie Rae einen Seitenblick zuzuwerfen, aber aus dem Augenwinkel sah ich Stevie Rae die Finger kreuzen.
»Ich kann deine Hilfe in der Tat gebrauchen, Dallas. Ich habe die Tagesstunden zum großen Teil damit verbracht, Wohltätigkeitsveranstaltungen in Tulsa zu googeln. Es scheint, als wäre eine der erfolgreichsten Spendenaktionen ein Fest namens An Evening of Wine and Roses , das das Tulsa Garden Center unterstützt. Anscheinend werden dabei unzählige Lichterketten im Rosengarten von Tulsa verteilt, und es gibt etwas zu essen und Weinproben. Und das, mein lieber junger roter Vampyr, ist genau dein Fachgebiet.«
»Fachgebiet? Ich mag Wein nicht besonders.«
Neben mir schnaubte Aphrodite verächtlich, aber ich richtete den Blick stur nach vorn und versuchte, nicht einmal zu atmen. Ich wusste, was Thanatos vorhatte, und hoffte wie verrückt, dass es klappen würde.
»Nein, du missverstehst mich, Dallas. Ich möchte gern ihr Lichtarrangement für unseren Tag der offenen Tür übernehmen. Denk doch, wie schön es wäre, wenn wir Lichterketten in all unseren alten Eichen verteilen würden.«
»Massenhaft elektrisches Licht klingt gut. Ich sag schon ’ne Weile, dass die Schule in der Hinsicht dringend modernisiert werden muss. Wir haben doch nicht mehr 1960 oder so. Wir brauchen vernünftiges Licht hier. Unsere Augen kommen damit schon klar.« Er klang so großspurig wie immer.
Thanatos lächelte. »Nun, zumindest befristet stimme ich dir zu.« Wieder bewunderte ich ihr enormes Schauspieltalent. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Erin zu. »Erin, mir scheint, als wärest du die ideale Partnerin für Dallas. Kann ich mich darauf verlassen, dass du ihm dabei zur Seite stehst, das House of Night zu dekorieren? Außer einer schönen Beleuchtung brauchen wir Tische mit ansprechender Tischdekoration, die wir um das Schulgebäude herum verteilen. Könnten du und Dallas mit den menschlichen Zulieferern in der Nähe Kontakt aufnehmen und das besorgen?«
»Ich wurde zum Shoppen und Dekorieren geboren. Geben Sie mir die GoldCard der Schule, und ich lege los.«
»Ich werde dir ein großzügiges Budget zuteilen«, versicherte Thanatos. »Vor allem, da der Tag der offenen Tür schon in wenigen Tagen stattfindet. Wir müssen sehr zügig an die Sache herangehen.«
»Mit genug Kohle halte ich Ihnen jede Deadline ein«, sagte Erin total schleimig.
Genau aufs Stichwort hob Aphrodite die Hand. »Äh, hallo.« Es klang gelangweilt und genervt – sogar noch mehr als sonst.
»Hast du eine Frage,
Weitere Kostenlose Bücher