Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
darauf hinweisen, dass ich nicht glaube, dass Litting es schätzt, Jeremy genannt zu werden.«
Litting lenkte zuerst ein. Er wirkte plötzlich mitgenommen. Kemble streckte seine Hand aus. »Warum gebt Ihr mir nicht Euren Mantel, Mylord, und nehmt dann Platz?«, schlug er ruhig vor. »Wir stehen doch alle auf derselben Seite.«
Litting entledigte sich selbst seines Reisemantels, dann schob er seine Handschuhe in die Manteltaschen, während er die Anwesenden misstrauisch ansah. »Niemand wird mir diesen Mord anhängen«, sagte er finster. »Ich musste bereits diesen anmaßenden Friedensrichter über mich ergehen lassen, der mir nach London gefolgt ist. Ich werde das nicht zulassen, verstanden? Ich hatte absolut nicht den Wunsch, Warneham tot zu sehen. Nie und nimmer. Der Mann war ja nicht einmal mit mir blutsverwandt.« Die letzten Worte hatte er mit einem verächtlichen Schnauben ausgesprochen.
In einem Akt der Reue nahm Gareth auf einem Stuhl gegenüber von Antonia Platz, anstatt sich distanziert und autoritär hinter seinem Schreibtisch zu verschanzen. Kemble ging zu dem kleinen Beistelltisch zwischen den Fenstern und entkorkte eine Flasche Sherry. »Niemand verdächtigt Euch, Litting«, versicherte er, während er einschenkte. »Bis jetzt jedenfalls nicht, soweit ich weiß. Und jetzt sollten wir uns alle einen Drink gönnen.«
Als er mit vier Gläsern auf einem Tablett zurückkam, griff jeder dankbar zu. Gareth beobachtete Antonia. Sie schien halbwegs gefasst zu sein, warf ihm aber prüfende, abschätzende Blicke zu, wenn sie glaubte, niemand würde darauf achten. Plötzlich wurde ihm alles klar. Antonia machte sich Sorgen um ihn .
»Nun«, sagte Kemble munter, »warum sagt Ihr uns nicht einfach alles, was Ihr wisst, Litting?«
»Genau darum geht’s doch«, knurrte der. »Ich weiß nichts, verdammt noch mal.«
»Nun, Ihr müsst doch an jenem Tag einen Grund gehabt haben, hierherzukommen«, drängte Kemble. »Ich nehme doch an, dass es nicht zu Euren Gewohnheiten gehörte, Euren, nun, nennen wir ihn Euren angeheirateten Onkel zu besuchen.«
Littings schmale Schultern schienen nach unten zu sacken. »Nennt ihn, wie es Euch beliebt«, sagte er, bevor er Antonia einen raschen Blick zuwarf. »Pardon, Euer Gnaden. Ich wollte nicht ge-fühllos erscheinen, aber ich bin nicht erfreut darüber, dass Warneham mich in diese Sache hineingezogen hat.«
Kemble klopfte mit einem Finger leicht gegen sein Sherryglas. »Ihr seid am Nachmittag vor Warnehams Tod nach Selsdon gekommen. Warum? Hat er nach Euch geschickt?«
Litting rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Das hat er, aber das geht Euch nichts an«, sagte er schließlich. »Er hat ebenso nach Sir Harold Hardell geschickt. Hat man ihn befragt? Hat jemand Tag und Nacht auch an seine Tür gehämmert? Das würde ich doch allzu gern wissen.«
»Warum?«, hakte Kemble nach. »Hatte er denn einen Grund, Warneham Schlechtes zu wünschen?«
Litting hob müde protestierend die Hand. »Oh, du großer Gott, nein«, sagte er. »Er kam nur hierher, weil der Duke ihn darum gebeten hatte – genau wie mich. Er sagte, er benötige einen Rat, und Sir Harold konnte ihm seine Bitte kaum abschlagen. Wer seid Ihr eigentlich?«
»Einen Rat?«, fragte Kemble scharf. »Einen juristischen Rat?«
Littings Blick wanderte wieder zwischen Antonia und Gareth hin und her. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, eine nervöse Angewohnheit, an die Gareth sich noch aus der Kindheit erinnern konnte. »So ist es, einen juristischen Rat.«
Gareth hatte plötzlich das Gefühl, als würden sich ihm die Nackenhaare aufstellen. »Welche Art von juristischem Rat?«, wollte er wissen. »Verdammt, Litting, wenn der Rat mit seinem Tod zusammenhängen könnte, bist du verpflichtet, es uns zu sagen.«
Lord Litting blähte sich vor Entrüstung auf. »Du willst es also wirklich wissen?«, sagte er, und ein bösartiger Unterton klang in seiner Stimme mit. »Und du denkst, es wird dir helfen? Ich sollte dir alles sagen, bei Gott, hier und jetzt.«
Plötzlich erhob sich Antonia halb aus dem Stuhl. »Nun, dann sagt es doch, Litting«, forderte sie ihn mit erhobener Stimme auf. »Sprecht weiter, bitte, denn diese Situation macht mich ganz krank.«
»Nun, Ihr werdet Euch gleich noch viel kränker fühlen, Madam«, erwiderte Litting. »Aber gut. Der Duke hat uns von seinem Vorhaben unterrichtet, eine Nichtigkeitsklage anzustrengen.«
»Eine was?«, fragte Gareth. »Was, zum Teufel, ist eine
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