Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
Vater würde ihn seiner Herkunft wegen nicht akzeptieren – und vermutlich hatte er damit sogar recht. Aber Antonia kümmerte es nicht länger, was ihr Vater dachte, und jetzt musste sie davon noch Gabriel überzeugen.
In diesem Augenblick wurde eine Tür geöffnet und wieder zugeschlagen. Jemand machte sich im angrenzenden Schlafzimmer zu schaffen. »Das muss Nellie sein«, flüsterte Antonia. »Sie ist zurückgekommen.«
Gabriel gab ihr einen leichten Kuss auf die Nase. »Um nach dir zu sehen, Gott segne sie dafür«, sagte er. »Geh, schnell. Geh schlafen, meine Liebe. Und Antonia? Ich liebe dich. Bis zum Wahnsinn.«
Dann war er fort. Antonia blieb vor dem Schreibtisch aus Rosenholz stehend zurück. Mit einem leichten Gefühl der Enttäuschung wandte sie sich ab, um schlafen zu gehen.
Gareth stand im Morgengrauen auf, um mit Mr. Watson bei Tageslicht den durch das Feuer entstandenen Schaden zu begutachten. Der Verwalter war so klug gewesen, die Zimmerleute und Steinmetze zu Hilfe zu holen, die auf Knollwood arbeiteten, und hatte sie direkt zum Kutscherhaus geschickt. Drei Kutschen samt Inhalt und alle Kammern über der Garage waren so zerstört worden, dass mit dem Abriss begonnen wurde. Gegen neun Uhr waren die verbrannten Türen entfernt und auf den Hof getragen worden, wo sie, wie Watson es angeordnet hatte, zu einem Haufen aufgeschichtet wurden, um verbrannt zu werden.
Glücklicherweise tauchte Mr. Kemble auf und erinnerte daran, dass die beschmierten Türen ein Beweisstück waren und nicht angerührt werden durften, bis der Schuldige gefasst war. In einem Gig, der zu den Kutschen gehörte, die unbeschädigt geblieben waren, schickte er Talford los, um den Friedensrichter aus West Widding zu holen. Alles, so stellte Gareth fest, ging einen geordneten Gang. Als er ins Haus zurückkehrte, dachte er an Antonia.
In dem langen schmalen Büro neben der Eingangshalle traf er auf Coggins, der seiner üblichen Pflicht nachging, die Post zu sortieren und den Hausdienern die Aufgaben für den Tag zuzuteilen. Gareth wartete auf dem Korridor, während der Butler den letzten Angestellten Anweisungen gab.
Es war Teil von Gareth’ Tagesablauf geworden, jeden Morgen in Coggins’ kleiner Kammer vorbeizuschauen, um nach Antonia zu fragen und sich zu erkundigen, welche Arbeiten für den Tag anlagen. Er dachte an das erste Mal zurück, als er Coggins aufgesucht hatte. Mittlerweile war das einige Wochen her.
Nachdem er Antonia in der vergangenen Nacht verlassen hatte, hatte sich Gareth daran erinnert, dass sie noch nicht wieder über ihren Streit am See gesprochen hatten. Vielleicht würden sie es ja nie tun, und vielleicht war es nicht einmal ein Streit gewesen. Er vermutete, dass er von ihr eine Absolution für seine Sünden erwartet hatte. Aber Absolution ging nicht zwangsläufig mit Verstehen einher, oder? Könnte Antonia seine Vergangenheit je verstehen? Könnte irgendjemand sie je verstehen?
Ihre Worte in der vergangenen Nacht hatten sein Herz schneller schlagen lassen, und doch hatte er ihr geraten, nicht freiwillig auf ihre sich bietenden Möglichkeiten zu verzichten, weil das Leben ihr bisher so wenige eröffnet hatte. Er war ihm ernst mit seinem Rat gewesen – und trotzdem begann er zu glauben, dass Antonia genau wusste, was sie wollte. Sie hatte angefangen sich von den Schatten der Vergangenheit zu befreien. Sie war dabei, die wunderschöne, faszinierende Frau zu werden, die zu sein ihr bestimmt war.
Ihm war klar geworden, dass es an der Zeit war, ein langes und ernstes Gespräch mit ihr zu führen. Er wünschte nur, dass die Wahrheit über Warnehams Tod endlich ans Tageslicht kommen würde. Wenn Antonia ihn wählte, dann nur, so wünschte er es sich, weil sie ohne ihn wirklich nicht leben konnte und wollte. Er könnte nicht in Frieden leben, würde er auch nur einen Rest von Zweifel in sich hegen, dass er nur die beste Alternative war, die Antonia unter den gegebenen Umständen hatte wählen können. Und er musste sicher sein, dass sie nicht nur verstand und akzeptierte, was er jetzt war, sondern auch das, was er einmal gewesen war. Es schien eine Menge zu sein, auf das er hoffte.
Coggins ging den letzten Punkt des Arbeitsplans mit den Dienern durch, dann betrat Gareth das kleine Büro. Der Butler nahm Haltung an, obwohl er müde aussah und ein wenig nervös wirkte. Sein graues Haar schien dünner und sein langes, ernstes Gesicht noch länger geworden zu sein.
»Guten Morgen«, grüßte Gareth. »Ist die
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