Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
dreiste Hexe aus dem Vermögen der Duchess oder aus seinem eigenen bezahlt wurde. Schlimmer noch: Sie hatte recht, was den zweiten Punkt betraf. Zum Teufel mit ihr.
»Raus.« Seine Stimme war ruhig vor Zorn. »Sofort raus, Waters, und kommt mir nie wieder unter die Augen.«
Sie sah ihn noch einmal durchdringend an, dann verschwand sie.
Antonia richtete sich im Bett auf und trocknete sich mit einer Hand die Tränen. Ausnahmsweise einmal hatte Nellie sie überrascht, indem sie das getan hatte, worum sie sie gebeten hatte: Sie hatte sie mit ihrem Elend allein gelassen. Irgendwann hatte Antonia sich ausgeweint. Ihre Schluchzer waren verstummt, nur noch ab und zu schniefte sie.
Lieber Gott, was hatte sie sich nur dabei gedacht, den Duke anzulügen? Und sie hatte gelogen; beide hatten das gewusst. Aber nach den vielen Jahren, in denen man ihr gesagt hatte, was sie denken und fühlen sollte, und dass so vieles, was sie glaubte und fühlte, einfach das Ergebnis ihrer starken Einbildungskraft war, schien es so leicht zu sein, einfach ... nun, sich vorzustellen, dass nichts passiert war. So zu tun, als hätte sie sich nicht zum lächerlichen Mondkalb gemacht, indem sie sich einem fremden Mann an den Hals geworfen hatte. Einem Mann, der in nicht unmaßgeblicher Weise ihre Zukunft in seinen Händen hielt.
In Wahrheit gab es viel, an das sie sich nicht erinnerte, obwohl die Gedächtnislücken in letzter Zeit weitaus seltener geworden waren. Sie erinnerte sich tatsächlich nicht daran, aufgestanden und auf den Wehrgang hinausgegangen zu sein. Sie wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, die schwere Holztür zu öffnen, und noch weniger, wie sie in den Armen des Dukes gelandet war. Dr. Osborne nannte das, was sie tat, Schlafwandeln, andere Ärzte waren weniger freundlich mit einer Bezeichnung gewesen.
Der Arzt, dessen Dienste ihr Vater für sie in Anspruch genommen hatte, hatte es akute weibliche Hysterie genannt. Nach dem Unfall ihres ersten Ehemannes Eric war Antonia in den ersten Monaten in ein Landhaus gesperrt worden; ein Haus, das so fernab jeglicher Zivilisation lag, dass niemand ihre Schreie gehört hatte. Die Behandlung des Arztes hatte aus Eisbädern, der Ausübung von körperlichen Zwängen, der Verabreichung von Abführmitteln und durch Medikamente verursachte Benommenheit bestanden. Die meisten der Behandlungen waren von brutalen Angestellten durchgeführt worden, und Antonia hatte gelernt, weder zu schreien noch irgendeine andere Art von Verzweiflung zu zeigen. Sie hatte gelernt, wie betäubt zu sein.
Antonias Belohnung für ihr gutes Benehmen war der Duke of Warneham gewesen, der eine neue hübsche junge Frau gebraucht hatte – dieses Mal eine, die ihre Fruchtbarkeit bereits unter Beweis gestellt hatte. Doch Antonia hatte noch eine weitere wünschenswerte Eigenschaft besessen: Sie war unbelastet von dem Kind eines anderen Mannes gewesen. Eine Vergangenheit unter der Mutmaßung des Wahnsinns, so hatte Warneham offensichtlich entschieden, stellte kein großes Hindernis dar. Die neue Duchess musste nur zu einer Sache fähig sein: Kinder zu gebären. Ansonsten hätte sie sich von ihm aus in der Kapelle einschließen können, um zu beten und zu trauern, so lange sie wollte.
Antonia presste die Handflächen auf ihre heißen Wangen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Das alles hier aufs Spiel zu setzen, ihre einzige Zuflucht, die sie je gehabt hatte? Warneham war ein egoistischer, seelenloser Mann gewesen; ein Mann, der besessen von dem Gedanken an Vergeltung war, aber er hatte ihr immerhin dies hier gegeben. Einen Ort des Friedens. Ein Heim, in dem die Dienstboten ihr zumindest mit einem Funken Respekt begegneten – auch wenn sie hinter ihrem Rücken über sie tuschelten. Und wenn sie Warnehams Kinder auch nicht gewollt hatte, sie hätte sie ihm geboren – wenn es Gottes Wille gewesen wäre.
Doch Gott war anscheinend dagegen gewesen, und jetzt war das eingetreten, was ihr verstorbener Mann am meisten gefürchtet hatte. Warneham hatte einen Großteil seines Lebens damit verbracht, Gabriel Ventnor zum Teufel zu wünschen, und vielleicht hatte er sogar sehr viel mehr getan, als es sich nur zu wünschen. Aber alles Bemühen war vergebens gewesen. Der neue Duke war hier, und Antonia hatte den peinlichsten Fehler begangen, den man sich vorstellen konnte. Und alles nur für einige Momente des Trostes. Nein, der Lust. Wundervolle, quälende Lust. Da war etwas zwischen ihnen gewesen, genau wie er gesagt hatte, eine
Weitere Kostenlose Bücher