Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
Teufel nicht wusste, warum.
»Hier seid Ihr also, Sir«, sagte die Zofe und baute sich vor dem Schreibtisch auf. »Ich möchte hören, was Ihr Eurer Ladyschaft angetan habt, und zwar sofort.«
»Wie bitte?«, fragte Gareth. »Ihr wünscht was?«
Die Zofe hatte ihre großen Hände in die Hüften gestemmt. »Ihr hattet keinen Grund, einfach Eure Ladyschaft zu schikanieren und zu beschimpfen, Sir. Ihr seid weder ihr Mann –«
»Gott sei Dank für diese kleine Gnade.«
»– noch ihr Vater, und Ihr habt nicht das Recht dazu, habt Ihr mich verstanden?«
»Madam, wie, bitte, ist Euer Name?«
Die Frage ließ sie einen kurzen Moment lang innehalten. »Nellie Waters.«
»Miss Waters, liegt Euch etwas an Eurer Anstellung hier?«, fauchte er. »Denn ich werde Euch aufgrund Eurer Unverschämtheit entlassen müssen.«
»Es heißt Mrs. Waters, und ich arbeite nicht für Euch«, entgegnete die Zofe, »sondern für Eure Gnaden, die Duchess. Davor stand ich schon in den Diensten ihrer Mutter und ihrer Tante – und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr diese arme, noch trauernde Frau in Ruhe lasst. Hat sie nicht schon genug gelitten, dass auch noch Ihr daherkommen, hässlich mit ihr reden und sie zum Weinen bringen müsst?«
»Sie hat nicht eine Träne vergossen, als ich sie das letzte Mal gesehen habe«, fauchte er über den Schreibtisch.
»Aber jetzt ist sie außer sich«, klagte die Zofe, die eindrucksvoll die Hände rang. »Ich bekomme kein vernünftiges Wort aus ihr heraus –«
»Ich auch nicht«, sagte er.
»– sie liegt einfach nur auf ihrem Bett und schluchzt, als wäre ihr das Herz schon wieder gebrochen worden. Und warum? Weil Ihr Euch ein bisschen abreagieren musstet? Ich hoffe, Euch war es das wert, Sir. Wirklich, das hoffe ich sehr.«
»Ihr wisst doch gar nichts«, stieß er hervor, »und außerdem geht es Euch nichts an. Eure Herrin scheint es mit der Wahrheit jedenfalls nicht sehr genau zu nehmen, Mrs. Waters.«
»Mit der Wahrheit?«, wiederholte die Zofe herausfordernd. »Was hat die denn damit zu tun? Denkt Ihr denn, das alles ist leicht für sie, Sir? Leute um sich zu haben, die sich zuflüstern, sie sei verrückt und vielleicht sogar eine Mörderin? Hier leben zu müssen, wo einmal ihr Zuhause war, unter eurer Knute – unter einem Mann, den sie nicht einmal kennt?«
Und auch nicht kennenlernen möchte, fügte Gareth im Stillen hinzu.
»Sie hat zwei Ehemänner begraben, Euer Gnaden. Das ist schwer für eine Frau, das kann ich Euch sagen. Ein Mann sucht sich einfach eine andere und heiratet wieder. Was macht das schon? Nicht viel. Aber eine Frau – das ist eine ganz andere Sache.«
Aber Gareth war so aufgebracht, dass er kaum zuhörte. »Ihr habt überhaupt keine Ahnung, verdammt noch mal«, entgegnete er gereizt. »Fragt Eure Herrin, was das Problem ist, wenn sie ihren Trotzanfall überwunden hat. Und Ihr solltet nicht so vorschnell damit sein, alle Männer über einen Kamm zu scheren. Eure Lady kann einen anständigen, guten Mann jedenfalls schier in den Wahnsinn treiben.«
Die Wut der Frau erlosch. »Aber sie hatte nie einen anständigen und guten Mann, Euer Gnaden.« Ihre Stimme war leiser geworden. »Sie würde einen guten Gatten nicht mal von einem toten Fisch unterscheiden können, so würde ich meinen. Ich für meinen Teil, ich hatte einen guten Ehemann. Einen, wie ihn eine Frau haben will, und ich werde nie einen anderen nehmen. Aber sie kann nicht darüber entscheiden. Sie hat keine Wahl, ist innerlich vor Angst wie eingesperrt.«
Gareth wünschte, auch nicht ein Gramm Mitleid mit Antonia zu empfinden. Er argwöhnte, dass er den Grund für ihre Tränen kannte. Es war Scham und etwas, das noch viel schlimmer war – Heuchelei. Er wies mit dem Finger zur Tür. »Verschwindet, Madam«, sagte er ruhig. »Vielleicht kann ich Euch nicht entlassen, aber es ist mir ein Leichtes, Euch aus meinem Haus werfen zu lassen.«
»Aye, dass könnt Ihr«, bestätigte sie. »Aber wenn ich gehe, wird auch sie gehen, das sage ich Euch. Weil sie nicht weiß, was sie sonst tun soll, Sir. Und ich kann mir vorstellen, dass Ihr das nicht wollt – richtig? Nein, Ihr müsst nicht antworten. Die Zeit wird es zeigen, auf die eine oder andere Weise.«
Gareth ballte die Fäuste. Zum Teufel mit der Zofe. Zum Teufel mit ihr! Er hatte noch nie einen Angestellten gehabt, den er nicht auf der Stelle hatte entlassen können – und er hatte bereits einige mit großer Freude hinausgeworfen. Doch er wusste nicht, ob diese
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