Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
im Haus, aber die stehen seit Jahren in meinem Dienst und sind absolut vertrauenswürdig.«
»Ich glaube Euch«, sagte Gareth. »Sagt, Doktor, waren der Duke und die Duchess glücklich in ihrer Ehe?«
Der Arzt zögerte. »Darüber kann ich keine Auskunft geben.«
Gareth sah ihn einen Moment lang aufmerksam an. »Ich denke, dass Ihr das doch könntet«, sagte er schließlich. »Und ich würde es lieber von Euch erfahren als durch die verdammten Dienstboten, die hinter meinem Rücken tuscheln. Es ist schon schlimm genug, dass sie denken, ich hätte damals absichtlich seinen Sohn getötet. Jetzt auch noch zu vermuten, dass seine Frau ihm das Leben genommen hat – das kann ich nicht zulassen.«
Dr. Osborne schwieg lange. Gareth begriff, dass er zu viel gesagt, zu viel von sich preisgegeben hatte. Was hatte es ihn zu kümmern, ob Antonia ihren Mann vergiftet hatte? Warneham hatte weitaus Schlimmeres verdient – noch vor wenigen Wochen hätte Gareth fröhlich auf dem Grab des Bastards getanzt.
Und doch kümmerte es ihn. Mord war eine Sünde, aber das war kaum der Grund dafür, dass er sich darüber Gedanken machte. Bei dieser Erkenntnis überkam Gareth eine bedrückte Stimmung. Guter Gott, das war nicht das, was er durch den Besuch beim Doktor hatte erfahren wollen.
Endlich ergriff Osborne wieder das Wort. »Ich sollte allem, was ich noch sagen werde, etwas vorausschicken, Euer Gnaden. Ich habe den verstorbenen Duke als Freund und Wohltäter betrachtet, aber es gibt keinen Zweifel, dass jeder auf Selsdon in diesem vergangenen Jahr nervös war. Es hat durchaus Gerüchte gegeben. Und was die Ehe betrifft – soweit ich weiß, wurde sie gegen den Wunsch der Duchess arrangiert, aber ich denke, dass sie nach und nach auf Selsdon ihren Frieden gefunden hat.«
»Die beiden hatten keine Kinder«, bemerkte Gareth.
Osborne schüttelte den Kopf. »Die Ehe war nur kurz«, erklärte er. »Dauerte knapp mehr als ein Jahr.«
»Nur ein Jahr?« Gareth war überrascht.
»Achtzehn Monate«, präzisierte Osborne. »Und Warneham war nicht mehr jung. Es kann Zeit brauchen, bis eine Frau ein Kind empfängt.« Wieder bewegte er sich unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her, und Gareth spürte, dass er das Thema damit als beendet betrachtete.
»Danke, Dr. Osborne«, sagte er mit tonloser Stimme. »Werdet Ihr jetzt auch meine erste Frage beantworten? Könnte die Duchess etwas tun und sich später nicht mehr daran erinnern?«
Auf Osbornes Gesicht spiegelte sich Widerstreben. »Ja«, sagte er schließlich, »das ist absolut möglich.«
»Aber wieso?«, drängte Gareth. »Ist sie ... verrückt?«
Das sichtbare Widerstreben des Arztes verstärkte sich. »Die Duchess hat ein emotionales Trauma erlitten – ungefähr ein Jahr, bevor sie Warneham geheiratet hat«, erklärte er. »Eines, von dem sie sich nach meinem Dafürhalten nie ganz erholt hat. Mit äußerster Sicherheit aber hatte sie sich zum Zeitpunkt ihrer Wiederheirat noch nicht davon erholt.«
»Ihrer Wiederheirat?«
»Ja.« Der Arzt zog die Augenbrauen hoch. »Sie war Witwe – Lady Lambeth. Wusstet Ihr das nicht?«
Irgendetwas regte sich in Gareth’ Erinnerung. Was hatte Mrs. Waters ihm bei ihrem Auftritt vor einigen Tagen an den Kopf geworfen? Dass Antonia zwei Ehemänner begraben hatte, aber er war zu wütend gewesen, um ihr genau zuzuhören. »Ich wusste nicht einmal von der Existenz der Frau, bevor ich hierherkam, Osborne«, entgegnete er scharf. »Soweit ich wusste, war Warneham noch immer mit seiner ersten Frau verheiratet.«
»Aber sie ist schon seit vielen Jahren tot«, sagte der Arzt. »Lady Lambeth war seine vierte Frau.«
»Ja, es scheint, dass Warnehams Ehen vom Pech verfolgt waren«, erwiderte Gareth trocken. »Was ist mit den beiden anderen geschehen?«
»Seine zweite Frau ist auf sehr tragische Weise ums Leben gekommen«, sagte Osborne.
»Wie hätte es auch anders sein können«, kommentierte Gareth.
Der Arzt verzog den Mund zu einem kläglichen Lächeln. »Vermutlich gar nicht«, räumte er ein. »Aber dieser Tod war doppelt tragisch. Das Mädchen trug ein Kind unter dem Herzen, den Sohn vom Duke. Während der Herbstjagd, die jedes Jahr im Dorf stattfindet, fiel sie vom Pferd und wurde schwer verletzt. Am Ende hat weder sie noch das Kind überlebt.«
Gareth sah den Arzt ungläubig an. »Sie hat an der Fuchsjagd teilgenommen, obwohl sie schwanger war?«
Osborne zögerte. »Nach allem, was ich weiß, war die zweite Duchess sehr jung und impulsiv. Sie
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