Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
das Gesicht des Dieners. Abrupt wandte er sich ab und warf die Tür hinter sich zu. Antonia war froh, ihn los zu sein.
Der Duke betupfte noch immer behutsam den Schnitt, der kaum noch blutete. »Ich frage mich wirklich, ob dieser Mann seine Abneigung für mich noch offener zeigen kann«, murmelte er.
»Metcaff kann recht unverschämt sein.«
»Das habe ich bemerkt.« Gareth zog ein frisch gestärktes Tuch aus seiner Tasche und legte es sanft auf die Wunde. »Hier, drückt es auf den Schnitt. Tut es noch weh?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es ist wirklich nur ein Kratzer«, sagte sie. »Ich entschuldige mich für Metcaffs Benehmen.«
Der Duke richtete sich auf, und mit ihm verschwanden auch seine tröstende Wärme und sein Duft. Antonia fror. »Ich fange an zu glauben, dass es Zeit ist, Mr. Metcaff einen guten Grund für seine schlechte Stimmung zu liefern«, bemerkte er grimmig. »Ich hasse es, so einen Schritt bei der momentanen Wirtschaftslage tun zu müssen, aber was sein muss, muss sein. Hat der Mann Familie?«
Wieder schüttelte Antonia den Kopf. »Ich glaube, er redet viel, Euer Gnaden.« Sie fühlte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. »Nicht darüber, was wir – ich meine, es gibt Gerüchte über ... nun, über Euch. Euren Hintergrund. Aber das geht weder mich noch Metcaff etwas an.«
»Zumindest habt Ihr nun eingestanden, dass es etwas gibt, über das geklatscht werden könnte.« Die Zärtlichkeit, die eben noch auf seinem Gesicht gelegen hatte, war wieder verschwunden, die Müdigkeit war zurückgekehrt. »Aber der Ausdruck dieses Mannes hat nur wenig mit Klatsch und Tratsch zu tun. Ich habe unverhohlenen Hass in seinem Gesicht gesehen – und nicht zum ersten Mal.«
Antonia presste das Taschentuch aus Leinen weiterhin auf die Wunde und wandte den Blick ab. »Ich vermute«, sie machte eine Pause und schluckte, »ich vermute, es liegt daran, dass es nicht sein Wunsch ist, für Euch zu arbeiten.«
»Eine Last, von der ich ihn schnell befreien kann«, sagte der Duke. »Aber was habe ich ihm getan, zum Teufel?«
»Es geht nicht um Eure Person, Euer Gnaden«, flüsterte sie. »Metcaff ist einfach ... ignorant.«
Er legte die Hände flach auf den Tisch. »Ignorant?«, sagte er und schaute sie abwägend an. »Nein, es ist mehr als das, nicht wahr? Sagt es mir, Antonia. Worum geht es wirklich?«
Sie sah ihn verlegen an. »Es ist, weil man sagt ... man sagt, Ihr seid Jude.«
Der Duke wirkte weder überrascht noch wütend, lediglich angewidert. »Ah, ich bin also nicht nur ein Mörder, sondern obendrein auch noch Jude?« Er setzte sich auf den Stuhl zu ihrer Rechten.
»So hat das niemand gesagt, Euer Gnaden.« Jedenfalls nicht, seit mein Mann gestorben ist, fügte Antonia im Stillen hinzu. Unerklärlicherweise wollte sie dennoch die Wahrheit wissen. »Seid Ihr denn ein Jude?«
Der Duke sah sie entschlossen an. »Durch und durch«, sagte er. »Zumindest in meinem Herzen. Meine Mutter war praktizierende Jüdin, aber meine Kindheit war eher ungewöhnlich.«
»Ich verstehe«, sagte Antonia zögernd. »War ... war Eure Mutter schrecklich reich?«
Gareth’ Lachen klang bitter. »Das ist in Euren Augen der einzige Grund, aus dem ein englischer Gentleman sich dazu herablassen würde, ein jüdisches Mädchen zu heiraten, nicht wahr?«, stellte er die Gegenfrage. »Eine fette Mitgift.«
Antonia schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein, das meinte ich nicht«, sagte sie. »Nur, dass ... Ihr scheint so ... so vollkommen normal zu sein.«
Sein Blick wurde hart. »Normal?«, wiederholte er. »Soll das ein Kompliment sein?«
Antonia war dazu erzogen worden, jeglicher Art gesellschaftlichen Unbehagens mit Contenance zu begegnen. Wie hatte sie diese Situation nur so entgleisen lassen können? »Ich meinte normal im Sinne von: wie jeder andere Engländer«, antwortete sie, ihre Stimme jetzt fester. »Ihr scheint so zu sein ... wie, nun, wie jeder sonst, den ich kenne.«
»Ihr meint, dass ich nur einen Kopf habe?« Er lächelte grimmig. »Und weder Krallen noch Giftzähne?«
»Ihr macht Euch über mich lustig«, stellte sie ruhig fest. »Ich meinte wohlhabend, gut erzogen und schrecklich englisch. Ich wusste, dass Major Ventnor Soldat war, aber ich dachte, dass vielleicht Eure Mutter das Geld besaß? Oder seid Ihr wahrhaftig ein Selfmademan?«
Der Duke lächelte leicht in sich hinein. »Kein Mann schafft es aus eigener Kraft nach oben, meine Liebe, auch wenn es ihm noch so sehr gefällt, das zu denken«,
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