Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
auf ihn.«
»Aber Antonia«, sagte Gareth ruhig, »du kannst dich nicht selbst verletzt haben, weil du wütend gewesen bist. Du bist viel zu empfindsam, um das zu tun.«
Einen Moment lang saß Antonia regungslos da. Jahrelang hatte niemand sie empfindsam genannt. Die Dankbarkeit, die sie durchströmte, ließ sie verstummen. »Aber ich habe das auch nicht wirklich getan«, erwiderte sie schließlich. »Er hat uns allein gelassen, Beatrice und mich, in seinem Landhaus, einige Meilen von London entfernt. Ich dachte, wir hätten geheiratet, um zusammen zu sein. Dass es wahre Liebe war. Ich wusste ja nicht – anfangs hat es niemand mir gesagt –, dass er eine Geliebte in London hatte.«
Gabriel schloss die Augen. »Oh, Antonia.«
»Er kannte sie schon viele Jahre«, fuhr sie fort. »Sie hatten zwei Kinder zusammen, Gabriel. Ich hätte mir nie träumen lassen ... Ich dachte, unsere Ehe wäre perfekt. Er hat mich umworben, mich erobert und gesagt, er liebe mich bis zum Wahnsinn. Aber all das hat sich als Lüge und ich mich als Närrin erwiesen. Weil wir uns oft darüber gestritten haben, hat er uns aufs Land gebracht. Danach haben Beatrice und ich ihn vielleicht noch ein Mal im Monat gesehen. Ich wurde wieder schwanger – eine Verzweiflungstat, nicht wahr? –, aber auch das änderte nichts. Von Mal zu Mal wurden die Auseinandersetzungen heftiger. Ich hasste ihn dafür, dass er mich demütigte und seine Tochter ignorierte.«
»Das arme Kind«, flüsterte Gabriel.
Antonia schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen. »Wenn ich zurückschaue, Gabriel, dann denke ich nicht, dass Beatrice wirklich umsorgt und verstanden worden ist«, sagte sie mit leiser Stimme. »Und ich denke, es lag an mir – an meiner Eifersucht und meinem Stolz. Ich wollte es nicht, aber ich habe Beatrice benutzt. Und das hat mich letztendlich alles gekostet.«
»Was ist geschehen, Antonia?«, fragte er. »Was ist mit Beatrice passiert?«
Sie zwang sich, ihn anzusehen. »Eines Nachmittags brach Eric erst spät nach London auf. Er hatte es sehr eilig loszukommen – vermutlich, um schnell wieder bei ihr zu sein. Der Himmel war bedeckt, und es nieselte. In der Ferne konnte ich Donnergrollen hören. Er hatte seinen Phaeton vorfahren lassen, von allen Kutschen ausgerechnet diese. Wie immer haben wir gestritten. Darüber, dass er fortwollte und es bereits so spät war. Ich habe ihm vorgeworfen, er würde uns ihretwegen allein lassen.«
»Es hört sich auch so an, als wollte er das«, erwiderte Gabriel ruhig.
»Eric nannte mich eine zänkische Kuh«, flüsterte sie. »Ich hielt ihm vor, dass er Beatrice ignorierte, nie Zeit mit ihr verbrachte. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe, sie kannte ihn ja kaum. Er blickte mich an, und es war, als würde ein Ruck durch ihn gehen. ›Gut‹, sagte er. ›Pack das Kind in die verdammte Kutsche, dann werde ich es mit nach London nehmen. Vielleicht hat dein Gejammere ja dann endlich ein Ende.‹«
»Großer Gott«, murmelte Gabriel.
»Ich war natürlich entsetzt und zeigte das auch deutlich. Aber Eric ließ nicht ab von dem Gedanken, er war wie besessen. ›Nein!‹, sagte er zu mir. ›Nein, verdammt, du willst, dass das Kind Zeit mit seinem Vater verbringt, also werde ich das tun, bei Gott!‹ Er nahm Beatrice auf den Arm – ohne Mantel, ohne Hut – und fuhr wie der Teufel davon.«
»Himmel, das Kind muss schreckliche Angst gehabt haben.«
»Nein, Beatrice hielt alles für einen großen Spaß«, sagte Antonia. »Aber ich werde nie den Blick vergessen, den Eric mir zuwarf, während er auf die Pferde einpeitschte. Er war so voller ... Triumph. Beatrice war bei ihm, nicht bei mir. Und sie war glücklich. Sie jubelte vor Freude, bis sie die Kurve am Ende der Auffahrt erreichten. Später sagte man ... man sagte, dass der Sand vom Regen aufgeweicht gewesen war. Die Kutsche ... sie hat sich überschlagen. Ich habe alles mitangesehen. Ich habe es gewusst. O Gott, ich habe es gewusst.«
»Es wird schnell gegangen sein, Antonia«, sagte Gabriel heiser. »Sie hat nicht gelitten.«
Aber Antonia war wie betäubt. »Die Diener haben die Leichen auf einem Karren zum Haus zurückgebracht«, wisperte sie. »Es hatte angefangen in Strömen zu regnen. Irgendjemand ... irgendjemand wollte mich wegbringen, aber ich habe mich geweigert. Blut, Matsch und Wasser waren überall. An ihnen, auf dem Boden. Und dann schaute ich an mir hinunter ... und begriff, dass es mein Blut war. Es war, als würde alles Leben – das
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