Verloren unter 100 Freunden
zum Unterrichten, Lernen und gemeinschaftlichen Arbeiten geleistet, unlängst mit der Entwicklung von Bildungsräumen in der virtuellen Second-Life-Welt. Lester kaufte einen der ersten AIBOs, die auf den Markt kamen. Er nannte ihn Alpha, weil der Roboter aus der allerersten Serie stammte. 12 Nachdem Lester Alpha aus dem Karton herausgeholt hatte, verschloss er seine Bürotür und »verbrachte den ganzen Tag mit meinem neuen Welpen«. Er beschreibt die Erfahrung als »intensiv« und vergleicht sie mit dem Moment, als er zum ersten Mal einen Computer sah oder seinen ersten Eintrag in einen Webbrowser machte. Er eignete sich schnell die technischen Aspekte des AIBO an und war währenddessen einfach nur glücklich mit seinem kleinen Roboterhund. Als Sony die Software des Roboters modifizierte, kaufte Lester den zweiten AIBO und nannte ihn Beta. Alpha und Beta sind Maschinen, aber Lester mag es nicht, wenn jemand sie wie lebloses Metall und Plastik behandelt. »Ich denke an meine AIBOs gleichzeitig in verschiedenen Kategorien«, sagt er.
In den Anfangstagen des Kubismus war die simultane Darstellung mehrerer Gesichtsperspektiven subversiv. Aber ab einem gewissen Punkt gewöhnt man sich daran, ein Gesicht auf diese neue Art zu betrachten. Ein Gesicht hat schließlich eine Vielzahl von Aspekten; nur die darstellerischen Konventionen hindern uns daran, all diese Aspekte gleichzeitig zu würdigen. Aber sobald man diese Konventionen überwindet, zeigt der neue Blickwinkel des Gesichts eine bis dahin unbekannte Tiefe und neue Komplexität. Lester hat einen kubistischen Blick auf den AIBO; er betrachtet ihn als Maschine, als körperliches Geschöpf und als Verstand. Das Empfindungsvermögen eines AIBO sei »ehrfurchtgebietend«. Als Geschöpf sei er liebenswert. Lester lobt die Programmierung, auf der die exakten Bewegungen der »Hundeschlappohren« beruhen. Nach seiner Auffassung gibt diese Programmierung dem AIBO einen Geist.
Lester versteht die Mechanismen, die AIBOs Entwickler verwendeten, um ihn, Lester, derart zu verzücken: AIBOs Blick, sein Ausdruck von Emotionen und der Umstand, dass der AIBO unter seiner Anleitung »aufwächst«. Aber dieses technische Wissen hindert Lester nicht daran, eine Verbundenheit mit dem Roboterhund zu empfinden, genauso wie ihn das Wissen, dass Babys ihn mit ihren großen Augen verzücken, nicht daran hindert, Verbundenheit mit einem Baby zu empfinden. Lester äußert, er fühle sich in Gesellschaft eines AIBO nicht alleine. Er sagt, »von Zeit zu Zeit« ertappe er sich dabei, im Ingenieur-Modus zu sein und auf ein technisches Detail des Roboterhunds zu reagieren, aber diese Momente hindern ihn nicht daran, die Gesellschaft seiner Roboter zu genießen. Das ist nicht nur so dahergesagt.
Es ist ein großer Schritt von der Akzeptanz eines AIBO als Gefährte oder auch nur als Gesellschaft hin zu den Vorschlägen von David Levy, dem Computerwissenschaftler, der sich Roboter als Intimpartner vorstellt. Aber die heute gängigen Fantasien und Levys
Träume haben eine wichtige Gemeinsamkeit: die Vorstellung, dass aus einem Roboter als bloßem Ersatz etwas Gleichwertiges oder gar Besseres werden könnte, das einem Haustier oder einem Menschen vorzuziehen ist. Um es wie Yolanda auszudrücken: Wenn dein Haustier ein Roboter ist, dann wird es immer das süße kleine Knuddeltier bleiben. Daraus ergibt sich: Falls dein Liebhaber ein Roboter wäre, würdest du für ihn immer der Mittelpunkt des Universums sein. Ein Roboter wäre dann nicht nur besser als nichts oder besser als irgendetwas, sondern das Beste überhaupt. Vom Beobachten von Kindern, die mit »Spaß«-Objekten spielen, gelangen wir an einen neuen Ort, einen Ort der kalten Surrogate. Kinder und Erwachsene gleichermaßen stellen sich maßgeschneiderte Gefährten vor. Oder zumindest stellen wir uns Gefährten vor, die immer an uns interessiert sind.
Harry, einem zweiundvierzigjährigen Architekten, gefällt es, mit dem AIBO zusammen zu sein und ihm neue Tricks beizubringen. Er weiß, dass der Roboter ihn nicht als Mensch wahrnimmt, aber er sagt: »Das macht mir nichts aus. Ein Haustier nimmt mich auch nicht so wahr, wie es eine andere Person täte … Hunde schätzen Menschen nicht ein … Jede Art von Geschöpf ist einfach so, wie sie ist. Mir gefällt, dass der AIBO mich als seinen Herrn anerkennt.« Auch Jane, eine sechsunddreißigjährige Grundschullehrerin, ist angetan von ihrem AIBO. »Ich habe den AIBO meines Mannes adoptiert, weil
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