Verloren
gehört. Zurücknehmen kann ich es nicht, deshalb zucke ich entschuldigend mit den Schultern, versuche, mich zu rechtfertigen. »Du bist so vertraut mit ihr umgegangen, deshalb dachte ich …«
»Dass ich etwas mit Studentinnen anfange – noch dazu mit so jungen wie Adriana?«, fragt er, ohne von dem Topf aufzublicken, in dem er jetzt rührt, und seine Stimme klingt irritiert. Dann wendet er sich zu mir um, sieht mich über die Schulter an. »Nicht mit jeder Frau, mit der ich vertraut umgehe, habe ich auch was, Sophie. Tatsächlich bin ich da inzwischen sehr wählerisch.«
Ein Schauer läuft über meinen Rücken, weil ich nicht genau weiß, wie er das meint. War das ein Kompliment – oder will er mich warnen?
»Kann ich … kann ich dir irgendwie helfen?«, erkundige ich mich, um das Thema zu wechseln, und er drückt mir zwei Servietten mit Besteck und eine Flasche Rotwein in die Hand, die bereits entkorkt ist.
»Hier, das fehlt noch. Der Rest steht schon draußen«, sagt er, und als ich mich gerade wundern will, sehe ich, dass am Ende des Raumes eine Glastür ist. Sie steht offen und führt hinaus auf einen großen Balkon, der auf der Rückseite des Hauses liegt. Er hat wirklich erstaunliche Dimensionen, geht über fast die gesamte Breite des Hauses, sodass mehrere bequeme Stühle und ein Tisch unter einer berankten Pergola nebst zahlreichen bepflanzten Terrakottatöpfen locker darauf Platz haben. Am anderen Ende erkenne ich in der beginnenden Dämmerung – mir wird erst jetzt klar, dass es schon nach acht Uhr sein muss – einen weiteren Sitzplatz, eine gemütlich aussehende Bank mit vielen Kissen darauf. Auf dem Tisch, auf der ein sehr hübscher Läufer im Bertani-Design liegt, sorgen brennende Kerzen für genügend Licht, und es ist schon alles gedeckt, bis auf das Besteck, das ich an den vorgesehenen Platz lege.
Wow, denke ich, schon wieder sehr beeindruckt. Wenn Matteo will, dann kann er sich viel Mühe geben. Ein echter Traummann, wie Sarah schon sagte – mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass er Frauen offenbar nur auf Zeit so verwöhnt, denke ich und drehe mich um, als er mit dem Pastatopf auf den Balkon kommt. Er stellt ihn auf den Tisch, dann nimmt er mir die Weinflasche ab und deutet auf einen der Stühle.
»Setz dich doch«, fordert er mich auf.
Kurze Zeit später steht nicht nur ein mit Rotwein gefülltes Glas, sondern auch ein Teller mit dampfenden Nudeln vor mir – »Penne alla Matteo«, gekocht aus dem, was er gerade da hatte, wie er mir lächelnd und auch ein bisschen zerknirscht erklärt, als ich ihn danach frage.
»Wenn ich gewusst hätte, dass ich nicht allein esse, dann gäbe es jetzt mehr als nur Pasta. Aber zumindest kann ich dir nachher noch Kaffee und Schokolade anbieten.«
Ich finde allerdings, dass er überhaupt keinen Grund hat, sich zu entschuldigen, denn die Soße aus Rucola, Tomaten, Pinienkernen und Parmesan schmeckt so göttlich gut, dass ich den ganzen Teller mit großem Appetit leer esse, was Matteo amüsiert und sichtlich zufrieden beobachtet. Überhaupt wirkt er irgendwie gelöst, erzählt mir, dass Valentina ihm schon früh das Kochen beigebracht hat.
»Sie ist in vielerlei Hinsicht recht unkonventionell und hat das deshalb immer sehr emanzipiert gesehen. Mein Vater musste es schon lernen, als er ein Junge war, und dann war eben ich dran, weil ich eine Weile bei ihr gewohnt habe«, erklärt er mir. »War gar nicht so leicht, einen bockigen Teenager dazu zu bringen, aber wenn Nonna sich was in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie das auch durch.«
Dass seine Großmutter ihm das Kochen gezeigt hat, weil seine Mutter nicht da war, um es zu tun, erwähnt er nicht – aber ich ergänze es innerlich, und plötzlich wird mir klar, wie eng das Verhältnis zwischen Matteo und Valentina sein muss. Sie war für ihn da, als er sie brauchte, und hat ihn aufgefangen, und das bedeutet ihm viel, das sieht man seinem Lächeln an.
»Das hat sie gut gemacht«, erkläre ich lächelnd. »Das ist nämlich die beste Pasta, die ich seit langem gegessen habe.«
Matteo lehnt sich mit seinem Weinglas in der Hand auf seinem Stuhl zurück, und der Ausdruck auf seinem Gesicht wechselt, wird nachdenklich.
»Ich mache auch ein ganz leckeres Frühstück«, sagt er, und man hört die Verwunderung in seiner Stimme – und die Frage, die darin mitschwingt und die ich eigentlich lieber nicht beantworten möchte. Deshalb will ich den Blick senken, ihm ausweichen, aber ich kann nicht, weil seine
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