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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Schon bei Tageslicht ist das Anwesen ziemlich unwirtlich – eine düstere Ansammlung aus merkwürdig unproportionierten Gebäuden, überragt von einem riesigen potthässlichen Anbau, in dem die fahrbaren Untersätze aus der Umgebung versammelt sind, um ihr Leben endgültig auszuhauchen – doch heute Abend herrscht eine ganz besonders gruselige Atmosphäre. Doorbell, der bildschöne, aber gemeingefährliche Schäferhund der Urquharts, zerrt an seiner Kette und kläfft sich die Seele aus dem Leib.
    »Das wird jetzt gleich ziemlich peinlich werden«, warne ich Keith und Daphne. »Was du nicht verhindern kannst, kannst du ebenso gut mit offenen Armen willkommen heißen, sagt man doch immer, stimmt’s?«
    »Allerdings«, bestätigt Daphne. »Wer ist das?«
    Eine Tür ist aufgegangen, und auf der Treppe steht eine Gestalt mit einer Taschenlampe, die nun auf uns zukommt. Ich hole tief Luft und kurble das Fenster herunter.
    »Es ist Dostojewski. Er bringt den Mercedes zurück!«, ruft der Mann. »Schnauze, Doorbell!« Er tritt ans Fahrerfenster. »Du hättest an so einem fiesen Abend nicht extra herkommen müssen, nur um …« Er hält abrupt inne. »Oh. Ich dachte, Sie wären …«
    »Si, was soll ich sagen? Das ist eine ziemlich lange Geschichte.«
    Der arme Kerl tut mir aufrichtig leid. Seine Gesichtszüge versuchen verzweifelt, sich irgendwo zwischen blankem Entsetzen, Bestürzung und Belustigung einzupendeln.
    » Bill ?«
    »Ich fürchte, ja.« Ich bin gerührt. Dies ist das erste Mal, dass er mich Bill genannt hat.
    Sein Blick schweift an mir vorbei zu Kiki.
    »Das hier ist meine Freundin Christine Du Maurier. Kiki, das ist Si Urquhart.«
    »Guten Abend«, begrüßt Kiki ihn mit Kiki-Stimme und zaubert ein 1000-Watt-Lächeln auf ihre Züge.
    Si fällt die Kinnlade herunter. »Hmhm?«, macht er, während sein Blick zwischen Kiki und mir hin und her schweift. Allem Anschein nach hat sein Weltbild soeben eine gewaltige Erschütterung erfahren. Dann späht er auf den Rücksitz.
    »Ist das der Kerl mit den Waffen?«, bellt Daphne. »Otto hatte damals in Tanger eine Mauser. Er meinte, die hätte die Gangster abgeknallt, als wären es Fasane gewesen.«
    Lange Zeit herrscht Stille, bis auf ein kurzes Kläffen von Doorbell.
    »Na, dann kommt mal rein«, meint Si schließlich.
    9
    Im Haus riecht es nach Schimmel und nach Caerwen Griffiths.
    »Ratet mal, wer hier ist«, sagt Si und führt uns in das etwas schäbige, aber durchaus gemütliche Wohnzimmer. Im Kamin brennt ein Feuer, der Fernseher, wo gerade eine Folge von Dr. Who läuft, ist auf stumm geschaltet. Caerwen ist offenbar oben und nimmt ein Bad.
    Jago ist genauso von den Socken wie sein Bruder; sowohl von meiner wundersamen Verwandlung als auch von meiner ungewöhnlichen Begleitung.
    »Es ist nicht so, wie du denkst«, versuche ich ihn zu beschwichtigen.
    »Ich weiß ja noch nicht mal, was ich denken soll.«
    »Ich kann es kaum erwarten, ihr Gesicht zu sehen«, erklärt Si mit einem Blick in die Richtung, in der sich höchstwahrscheinlich das Badezimmer befindet.
    In aller Kürze schildere ich ihnen, was vorgefallen ist; zumindest die relevanten Details, vor allem aber von dem Mädchen und ihrer Entführung durch den bewaffneten Amerikaner und seinen Gehilfen. Die Brüder lauschen aufmerksam, obwohl ich mit großem Interesse verfolge, wie sie Kiki taxieren. Beide werfen ihr abwechselnd düstere Blicke zu, die sie mit einem Repertoire aus hochkomplizierten Körpersignalen und Wimperngeklimper quittiert, das Keith mir im Zuge meiner Ausbildung geflissentlich unterschlagen hat.
    »… tja, das war’s im Großen und Ganzen. Und deshalb brauchen wir dringend Waffen.«
    »Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss«, erwidert Si. »Aber entgegen der allgemeinen Vermutung haben wir keine Möglichkeit, an Handfeuerwaffen heranzukommen, auch wenn dir vielleicht gewisse Geschichten von uns und einer Baufirma in Coventry zu Ohren gekommen sind.«
    »Birmingham. Ich habe immer nur von Birmingham gehört.«
    »Coventry. Das war der Einbruch, den wir nicht gemacht haben.«
    »Verstehe.«
    »Es gäbe da eine 22er für die Kaninchenjagd, doch es klingt so, als wären die Kerle ziemlich übel. Welche Waffen hatten sie denn dabei?«
    »Sig Sauer. Entweder eine P220 oder eine 220 Equinox. Und eine Uzi.«
    »Heiliger Strohsack, du bist ja ein mächtig stilles Wasser, Dostojewski, das muss man dir lassen.«
    Ich bringe es nicht über mich, ihm zu gestehen, dass mein gesamtes

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