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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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damit schießen, sonst häng es lieber gar nicht erst hin«, meldet sich Daphne zu Wort.
    »In welcher Folge war das?«, erkundigt sich Si.
    »Wie?«
    »In welcher Folge aus Raumschiff Enterprise hat er das gesagt. Mr Chekov, meine ich.«
    Ist das ein Witz? Wenn ja, lacht jedenfalls keiner darüber.
    Die Straße führt ein Stück bergauf, bis wir wenig später wie ein Flugzeug beim Aufstieg durch die Wolkendecke die dicke Nebelbank durchbrechen und sich die dunkle Landschaft der North Shropshire Plain vor uns erstreckt, mit dem Kirchturm von St. Botolph’s in der Ferne, der als einziges Bauwerk in einem Umkreis von mehreren Meilen in die Höhe ragt. Jemand hat die Außenbeleuchtung eingeschaltet, so dass die Kirche in helles Licht getaucht ist. Über dem Kirchturm hängt ein dicker Dreiviertelmond, während über dem abschüssigen Friedhof dichte Nebelschwaden wabern. Das Ganze sieht aus wie eine Bühnenaufführung. Rattengesicht steht neben dem bogenförmigen Kirchenportal und raucht eine Zigarette.
    Orgelklänge wehen durch die Nachtluft heran, wunderschön, wenn auch ungewöhnlich flott für ein Kirchenlied. Die Melodie kommt mir bekannt vor, doch auf Anhieb kann ich sie nicht zuordnen.
    Da-da-dada-da-da-dada …
    »Das sind doch die Beach Boys, oder nicht?«
    Natürlich. God Only Knows (Brian Wilson, 1967). Immer wieder gibt es kurze Verzögerungen und vereinzelte falsche Töne, doch alles in allem ist es eine passable Darbietung. Ich fürchte, ich weiß genau, wer an den Tasten und Pedalen sitzt.
    »Wir sollten das Gewehr im Wagen lassen«, sage ich bei der Erinnerung an Phillys Demonstration seiner Schießkünste und beim Anblick der Uzi, die über der Schulter von Rattengesicht hängt. Mittlerweile weiß ich nicht mehr, wieso ich es für eine gute Idee hielt, sie überhaupt mitzunehmen. »Mir ist klar, dass Tschechow nicht gerade begeistert wäre, aber rein waffenmäßig haben wir keine Chance gegen die beiden. Ehrlich gesagt will ich … ich will, dass ihr alle zurückfahrt. Es tut mir leid, dass ich euch durch diesen Nebel gejagt habe, aber ich kann nicht zulassen, dass jemand verletzt wird. Lasst mich hier aussteigen, und ihr fahrt zurück.«
    »Red doch nicht immer so einen Blödsinn daher«, sagt Jago mit einem Anflug von Resignation in der Stimme.
    Si bleibt stehen. Ich sehe die orangefarbene Spitze von Rattengesichts Zigarette glühen, als er einen Zug nimmt, während seine freie Hand auf seinen Rücken wandert und er langsam auf den Wagen zukommt.
    »Ganz ruhig und freundlich alle, ja?«, knurrt Si seinem Bruder zu und kurbelt das Fenster herunter. »Und, alles klar, Kumpel? Wir sind die Gäste.«
    Rattengesicht sieht ihn fragend an. »Welche Gäste?«
    »Die Hochzeitsgäste.«
    »Wir erwarten aber keine Gäste.«
    »Wir sind die Überraschungsgäste, die in letzter Sekunde auftauchen sollten.«
    Rattengesicht späht ins Wageninnere. »Oh. Sie sind’s.«
    »Hallo, Mr Skinner«, begrüßt Kiki ihn strahlend.
    Mit einem Mal scheinen Mr Skinner die Lebensgeister verlassen zu haben. Als er den Auftrag, Philly zu begleiten, angenommen hatte, war ihm offensichtlich nicht klar gewesen, dass er sich mit Gestalten wie Daphne Ottershaw, Kiki Du Maurier und Angela Huxtable würde herumschlagen müssen.
    Mit einem nagerhaften Zucken seiner Gesichtsmuskulatur bedeutet er uns, aus dem Wagen zu steigen und das Gotteshaus zu betreten. Dabei zieht er die Uzi hinter seinem Rücken hervor und entsichert sie mit einem hörbaren Klick .
    »Ich an eurer Stelle würde keine krumme Tour versuchen, klar?«, meint er.
    Wir steigen aus. Mir fällt auf, dass Si die Hasenflinte im Wagen zurückgelassen hat.
    »Eine Agende gibt’s hier wohl nicht, oder?«, bellt Daphne. Macht sie Witze? Keine Ahnung.
    Wir treten durch das hohe braune Kirchenportal ins Innere der Kirche, die von ohrenbetäubenden Orgelklängen erfüllt ist. Amber und der Pfarrer stehen vorn am Altar, während Arthur auf einer der Holzbänke sitzt.
    »Hey, Leute. Wie schön, dass ihr kommen konntet.«
    Philly steht auf dem hölzernen Orgelbalkon links über dem Altar, zu dem eine schmale Treppe hinaufführt. Er dreht sich um, setzt sich wieder und stimmt die ersten Noten von California Girls an. So seltsam es klingen mag, aber es ist eine angenehme Abwechslung zu Purcells getragenen Kirchenliedern.
    Mr Skinner führt uns an den leeren Plätzen vorbei bis zu der Reihe hinter Arthur. Ich strecke die Hand aus und drücke seine Schulter, aber anscheinend ist er

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