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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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nichtssagendes Lächeln auf und recke behutsam meine Hühnerfilets in die Richtung, in der einst die Zwillingstürme standen.
    Was du nicht verhindern kannst, kannst du ebenso gut mit offenen Armen willkommen heißen.
    Sieht ganz danach aus.
    11
    So adrett ich das graumelierte Haar und den schicken blauen Anzug auch finde, macht Howard G. Spavik nicht den Eindruck, als wäre er ein eingefleischter Literaturliebhaber. Vor der Abreise habe ich mir seinen Lebenslauf im Internet angesehen und weiß, dass er seine Karriere in der » IT -Wirtschaft« begonnen hat, ehe er in den Neunzigern in die Verlagsbranche wechselte, um nach einem kurzen taktischen Abstecher in den Lebensmittelsektor die Leitung der Abteilung Kommerzielle Belletristik bei Yergel zu übernehmen.
    Redselig ist er jedenfalls.
    Und das ist gut. Sehr gut sogar. Denn jeder Moment, den er mit Worten füllt, ist ein Moment weniger, in dem ich gefragt bin. Er scheint mich und meine Arbeit überaus ernst zu nehmen und schwärmt, wie begeistert er von meinem »Produkt« und seiner »Markenidentifikation« sei, die »im Zuge extensiver qualitativer und quantitativer Prüfung ans Tageslicht gekommen ist«.
    »Wir wissen eine ganze Menge über Ihre Leserinnen, Angela.«
    »Tatsächlich? Wie interessant«, erwidere ich.
    »Oh ja. Wir wissen, was sie essen, wo sie ihren Urlaub verbringen, wann ihre Menopause beginnt …«
    Eine leicht unbehagliche Stille macht sich breit. Geralds Wangen beginnen zu zucken, als breche er gleich in Tränen aus. Oder hysterisches Gelächter. Spavik fördert eine silberne CD zutage und wedelt wichtigtuerisch damit.
    »Wir wissen, wo sie wohnen, wie viele Kinder sie haben, welche Haustiere sie am liebsten halten und was sie zum Frühstück essen. Wir blättern Unsummen für diese Informationen hin.«
    »Ich fühle mich sehr geschmeichelt.«
    Spavik starrt mich leicht perplex an. Was ist los? Habe ich vergessen, in meiner Frauenstimme zu sprechen?
    »Angela«, sagt er, noch immer ein wenig geschockt, »Yergel ist sehr daran gelegen, seine Marken zu schützen und weiterzuentwickeln. Wissen Sie, welche drei Produkte eine Angela-Huxtable-Käuferin außer ihrem Angela-Huxtable-Produkt bevorzugt kauft?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Mr Spavik.«
    »Howard … Bitte nennen Sie mich Howard.«
    »Danke … Howard.«
    »M&Ms in der Familienpackung, Toilettenpapier und Dr. Pepper light.«
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Wie …«
    »Angela«, fährt er fort, ohne abzuwarten, bis ich zu Ende gesprochen habe, »wir haben es schmählich versäumt, Ihnen einen angemessenen Platz in unserem Verlagsprogramm einzuräumen. Uns war nicht bewusst, was für ein kostbarer Schatz sich da in unseren Reihen verbirgt. Aber das wird sich jetzt ändern, und zwar schleunigst. Wie Sie ja wahrscheinlich wissen, sind wir der Überzeugung, dass Sie das Potenzial besitzen, unsere neue Daphne Ottershaw …«
    Ich gestatte mir eine kleine »Hand ans Dekolleté«-Geste, die, wie ich hoffe, signalisiert, wie geehrt ich mich fühle.
    »Ehrlich gesagt glauben wir sogar, dass Sie das Potenzial besitzen, noch berühmter zu werden als sie. Schließlich werden Daphnes Anhängerinnen ein neues Idol brauchen, wenn ihr Licht endgültig zu erlöschen beginnt …«
    »Die arme Daphne«, werfe ich ein. Gerald nimmt seine Brille ab und beginnt sie mit seiner Krawatte zu polieren.
    »Wir glauben, wir könnten ihre Leser mit Ihren Anhängerinnen vereinen und noch weitere Begeisterte dazugewinnen. Wir haben schon eine Menge Vorarbeit geleistet, um Sie beide zusammenzuschnüren. Beispielsweise haben wir mit etlichen Buchhändlern gesprochen, um herauszufinden, wie sie das Ganze sehen. Ich hoffe, Sie haben bemerkt, dass Sündige Leidenschaft völlig anders verpackt ist …«
    Allerdings, das habe ich. Statt der gewohnten Schundklischees kommt meine neue Ausstattung wesentlich hochkarätiger daher. Sie haben sogar keine Kosten und Mühen gescheut und den rot-weißen Kreis der Royal Air Force auf den Flügeln der Spitfire – habe ich erwähnt, dass der Roman zur Zeit der Luftschlacht um England spielt? – raffiniert in ein Herz umgemodelt.
    »Ich bin zutiefst beeindruckt, Howard.«
    »Wir würden Sie gern mit einigen der wichtigsten Buchhändler zusammenbringen. Barnes and Noble. Target. Wir glauben, allein die Target-Supermarktkette generiert die Hälfte Ihrer Verkaufszahlen in den USA .«
    Spavik sieht mich an, als müsste ich beeindruckt sein. Und das bin ich

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