Verlorene Liebe
Oberlichter interessierten ihn. Er nahm sich vor, sich nach den Preisen dafür zu erkundigen. Die Frau führte sie nach rechts. Hier trafen sie Bogenlampen, moderne Ledersessel und eine Sekretärin hinter einem Schreibtisch aus Ebenholz an.
»Miß Bass, diese beiden Herren möchten mit Mr. Markowitz sprechen.«
»Haben Sie einen Termin?« Die Frau am Schreibtisch machte einen sehr gestreßten Eindruck. Ihr Haar stand in alle Richtungen ab, so als hätte sie es sich wieder und wieder zerwühlt. Sie schob den Bleistift hinter ein Ohr und suchte zwischen den Papieren auf dem Tisch nach dem Terminplaner. Das Telefon klingelte unaufhörlich. »Tut mir leid, aber Mr. Markowitz ist zur Zeit sehr beschäftigt. Es ist ihm leider nicht möglich, neue Klienten anzunehmen.«
Ben zückte seine Marke und hielt sie ihr ins Gesicht.
»Oh.« Sie räusperte sich und aktivierte die Gegensprechanlage. »Dann will ich mal nachfragen, ob er Zeit für Sie hat. Mr. Markowitz …« Ben und Ed zuckten bei dem statischen Gewitter zusammen, das nun folgte. »Tut mir leid, Mr. Markowitz. Zwei Herren sind gekommen. Nein, ich habe mich noch nicht um den Vorgang Berlin kümmern können. Mr. Marko … Mr. Markowitz, die Herren sind von der Polizei.« Sie flüsterte das letzte Wort, so als handele es sich dabei um ein großes Geheimnis. »Doch, Sir, da bin ich mir sicher. Nein, Sir. Aber selbstverständlich, Sir.«
Sie legte die Lippen schief und blies nach oben, um eine Locke vor ihrem Auge zu entfernen. »Mr. Markowitz wird Sie jetzt empfangen. Gehen Sie bitte durch die Tür dort.« Da die Sekretärin damit ihre Pflicht erledigt hatte, wandte sie sich gleich dem Telefon zu. »Lawrence Markowitz und Co ….«
Wenn der Steuerberater tatsächlich Kompagnons haben sollte, so war von ihnen nichts zu sehen. Markowitz saß allein in seinem Büro, ein schmächtiger Mann mit Halbglatze, zu großen Schneidezähnen und einer starken Brille. Sein Schreibtisch war ebenfalls aus Ebenholz angefertigt und anderthalbmal so groß wie der seiner Sekretärin. Aktenstapel türmten sich darauf, und dazwischen standen und lagen zwei Telefone, ein Dutzend frischgespitzter Bleistifte, ein Taschenrechner und eine Rechenmaschine. Aus letzterer quoll ein Papierband bis zum Boden. In einer Ecke stand ein Wasserkühler. Vor dem Fenster hing ein Vogelkäfig an einer Stange, und in dem hockte ein großer grüner Sittich.
»Mr. Markowitz?« Die beiden Detectives wiesen sich aus.
»Ja, bitte, was kann ich für Sie tun?« Er fuhr sich mit einer Hand über das wenige verbliebene Haar und leckte sich die Lippen. Was seinen Überbiß anging, so hatte er Roxanne gegenüber keineswegs übertrieben. »Ich fürchte, ich ersticke zur Zeit in Arbeit. Wissen Sie, was für einen Tag wir heute haben? Den vierzehnten April. Jeder wartet bis zum letzten Augenblick und erwartet dann ein Wunder von mir. Dabei verlange ich von meinen Klienten doch nicht mehr, als ein wenig Planung und Vorsorge. Ich kann schließlich nicht für jeden einzelnen eine Verlängerung erwirken. Sie scheinen zu glauben, ich könnte Kaninchen aus dem Hut zaubern.«
»Ja, Sir«, begann Ben und legte dann die Stirn in Falten. »Was ist denn mit dem vierzehnten April.«
»Ich habe meine Steuererklärung schon letzten Monat ausgefüllt«, bemerkte Ed.
»Das sieht dir ähnlich.«
»Tut mir leid, meine Herren, aber die neuen Steuergesetze treiben alle in den Wahnsinn. Wenn ich die nächsten vierundzwanzig Stunden durcharbeite, schaffe ich es vielleicht so gerade eben noch.« Markowitz’ Finger kreisten über der Rechenmaschine.
»Scheiß auf das Finanzamt«, krächzte der Sittich.
»Ja, genau.« Ben fuhr sich über das dichte Haar. »Mr. Markowitz, wir sind nicht wegen irgendwelcher Steuerproblemen gekommen. Aber wo wir schon hier sind, wie hoch sind eigentlich Ihre Gebühren?«
»Wir möchten Ihnen ein paar Fragen zu Mary Grice stellen«, erklärte Ed rasch. »Sie kennen sie als Roxanne.«
Markowitz drückte aus einem Reflex heraus auf den Addierknopf, und sofort fing die Rechenmaschine an, leise zu surren. »Ich fürchte, ich weiß nicht, worüber Sie reden.«
»Mr. Markowitz, Mary Grice wurde letzte Nacht ermordet.« Er wartete einen Moment, beobachtete dabei den Steuerberater genau und erkannte, daß er davon schon in der Morgenzeitung gelesen hatte. »Wir haben Grund zu der Annahme, daß Sie zu dem Zeitpunkt, als sie überfallen wurde, gerade mit ihr telefoniert haben.«
»Ich kenne niemanden
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