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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gern.«
    »Du hast nie geheiratet?«
    »Was? Nein.« Er schluckte mühsam und langte nach seiner Hälfte des Muffins. »Das vereinbart sich nicht sonderlich gut mit …«
    »Schürzenjägerei?«
    »Unter anderem«, erwiderte er grinsend. »Großartig, wie du die Butter aufs Muffin gestrichen hast.«
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    »Ja, stimmt schon. Aber ich würde meinen, ein weiterer Grund, warum du nie … sagen wir mal, einen Hausstand gegründet hast, ist der, daß deine Arbeit an erster Stelle steht.« Sie warf einen Blick auf die Papiere, die er ans andere Ende des Tisches geschoben hatte. »Bei der Polizei zu arbeiten ist sicher anstrengend, zeitraubend und gefährlich.«
    »Was die ersten beiden Dinge betrifft, auf jeden Fall.
    Das Morddezernat ist so etwas wie der bürokratische Teil des Ganzen. Schreibtischarbeit und Lösen von kniffligen Problemen.«
    »Der bürokratische Teil«, murmelte sie. Ihr war noch sehr deutlich in Erinnerung, mit welcher Lässigkeit er einmal sein Schulterhalfter umgeschnallt hatte.
    »Die meisten unserer Jungs tragen Anzüge.« Er hatte sein Omelett fast verputzt und überlegte bereits, ob er Tess etwas von ihrem abschwatzen könne. »Im allgemeinen kommt man erst ins Spiel, nachdem die Tat begangen worden ist, und muß dann die einzelnen Teile
    zusammensetzen. Man redet mit Leuten, telefoniert, erledigt Papierkram.«
    »Hast du auf diese Weise deine Narbe bekommen?«
    Tess wischte mit dem Rest ihres Omeletts den Teller blank. »Indem du Papierkram erledigt hast?«
    »Das ist eine alte Geschichte, das hab’ ich dir doch schon gesagt.«
    Sie dachte zu analytisch, als daß sie es dabei hätte bewenden lassen können. »Aber du bist angeschossen worden, und es ist wahrscheinlich mehr als einmal passiert, daß jemand auf dich geschossen hat.«
    »Manchmal kommt man aufs Spielfeld, und die Leute sind nicht allzu glücklich, einen zu sehen.«
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    »Das ist gar nichts Besonderes, ja?«
    Als ihm klar wurde, daß sie das Thema nicht fallenlassen würde, legte er seine Gabel hin. »Tess, das ist nicht wie im Kino.«
    »Nein, aber es ist auch nicht so, als verkaufe man Schuhe.«
    »Okay. Ich will ja auch nicht behaupten, daß man nie in eine Situation kommt, in der es brenzlig werden könnte, aber im wesentlichen findet diese Art von polizeilicher Arbeit am Schreibtisch statt. Berichte, Vernehmungen, Kopfarbeit. Den wenigen Momenten tatsächlicher Gefahr für Leib und Leben stehen Wochen, Monate, ja Jahre gegenüber, in denen man sich unglaublich abrackern muß und die oft sogar stinklangweilig sind. Ein Anfänger in Uniform befindet sich im Laufe eines Jahres
    wahrscheinlich öfter in einer heiklen Situation als ich.«
    »Verstehe. Dann ist es also nicht sehr wahrscheinlich, daß du bei deinen Ermittlungen in eine Situation gerätst, in der du deine Waffe benutzen mußt?«
    Er schwieg einen Moment, da ihm die Richtung, die das Gespräch nahm, ganz und gar nicht gefiel. »Worauf willst du eigentlich hinaus?«
    »Ich versuche, dich zu verstehen. Wir haben zwei Nächte zusammen verbracht. Ich möchte gern wissen, mit wem ich schlafe.«
    Das hatte er vermieden. Sex war leichter, wenn man Scheuklappen trug. »Benjamin James Matthew Paris, seit August fünfunddreißig Jahre alt, alleinstehend, eins vierundachtzig groß, hundertzweiundsiebzig Pfund schwer.«
    Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn auf ihre verschränkten Hände, während sie ihn musterte. »Du redest nicht gern über deine Arbeit.«
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    »Was gibt es da zu reden? Ist halt ein Job.«
    »Nein, nicht bei dir. Ein Job heißt, daß man jeden Morgen die Stechuhr betätigt, von Montag bis Freitag. Du trägst deine Pistole nicht wie eine Aktentasche mit dir herum.«
    »Die meisten Aktentaschen sind auch nicht geladen.«
    »Du hast sie aber schon einsetzen müssen.«
    Ben trank seinen Kaffee aus. Sein Organismus war bereits in Schwung gekommen. »Ich bezweifle, daß es viele Polizisten gibt, die das Rentenalter erreichen, ohne wenigstens einmal ihre Pistole gezogen zu haben.«
    »Ja, das verstehe ich. Aber als Ärztin würde ich mich mehr mit den Folgen befassen, dem Kummer der Familie, dem Schock und dem Trauma des Opfers.«
    »Ich habe noch nie jemanden erschossen, der ein unschuldiges Opfer war.«
    Seine Stimme hatte einen gereizten Klang, der sie interessierte. Vielleicht wollte er ihr und sogar sich selbst weismachen, daß die gewalttätigen Aspekte seines nur gelegentliche Momente waren, ein zu erwartender Nebeneffekt. Er würde

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