Verlorenes Spiel

Lieutenant?« fragte sie mich mit ihrer harten Stimme.
    »Glasklar«,
versicherte ich ihr.
    In
diesem Augenblick rollte der Butler eine riesige Kristallglocke auf einen
Lastwagen und händigte mir einen Schlegel aus.
    »Ich
glaube, das wünschten Sie doch, Sir?« sagte er höflich. »Madam hat immer gern,
wenn ihre Anordnungen deutlich unterstrichen werden.«
    »Prächtig«,
sagte ich zu ihm. Ich nahm den Schlegel und fing an, auf die Glocke zu
schlagen, und die Glocke begann zu läuten. Das Läuten nahm kein Ende.
    Ich
öffnete widerstrebend die Augen und lauschte dem ständigen Klingeln des
Telefons. Wer immer mich anrief, er gedachte nicht, aufzuhören, bevor ich den
Hörer abnahm, soviel war klar. Ich nahm den Hörer ab und sagte: »Mörder-AG. Sie
brauchen uns bloß den Namen zu geben und dann das Begräbnisinstitut anzurufen.
Wir liefern garantiert rechtzeitig.«
    »Wheeler?«
Es war Lavers’ Stimme. Wer anders hätte zu dieser nachtschlafenden Zeit auch
sonst am Telefon sein können?
    »Ja,
Sir?« sagte ich. »Beginnen Sie zu allem anderen auch noch an Schlaflosigkeit zu
leiden?«
    »Vor
ungefähr einer Stunde hat jemand versucht, Francis Randall zu ermorden«, sagte
er barsch.
    Ich
setzte mich in meinem Bett auf und knipste die Nachttischlampe an. Meine Uhr
zeigte halb fünf. »Versucht?« echote ich.
    »Der
Mörder oder die Mörderin wurden durch das Nachhausekommen von Randalls Frau
gestört«, sagte Lavers. »Der Täter entkam über den hinteren Balkon und die
Feuerleiter.«
    »Was
ist mit Randall los?«
    »Er
wurde erst niedergeschlagen, und dann versuchte man, ihn zu erwürgen. Es geht
ihm schon wieder einigermaßen. Murphy hat ihn behandelt.«
    »Ich
fahre sofort hinüber«, sagte ich finster.
    »Nicht
nötig«, sagte Lavers überraschend.
    »Was,
Sheriff?« sagte ich bescheiden. »Mir fehlen die Worte. Das ist das erstemal , daß Sie in dieser fürsorglichen Weise an mich
denken. Sie werden doch nicht mitten in einer kalten Nacht aus dem Bett wollen,
Wheeler, das ist ja unmenschlich. Bleiben Sie, wo Sie sind und machen Sie sich
wegen eines Mordversuchs keine Sorgen! Fehlt Ihnen was, Sheriff?«
    »Murphy
hat ihm eine Beruhigungsspritze gegeben, um seine hysterischen Ausbrüche
einzudämmen«, knurrte Lavers böse. »Selbst Sie können mit einem Mann in diesem Zustand
nicht sprechen. Ich werde Ihnen jetzt erzählen, was geschehen ist. Sie können
dann zu ihm gehen, wenn er zu sich kommt, was nach Meinung des Doktors gegen
halb zehn zu erwarten ist.«
    »Francis
ist zwar ein nervöser Typ«, sagte ich. »Aber ich glaube, selbst ich würde
nervös werden, wenn mich jemand zu erwürgen versuchte.«
    »Diese
Affäre wird langsam hochexplosiv, Wheeler«, brummte Lavers. »Ich habe drei
Leute draußen gelassen. Einen vor der Wohnung und die anderen beiden vor und
hinter dem Gebäude. Für den Fall, daß sich noch irgend etwas ereignet, habe ich
sie angewiesen, es zuerst Ihnen zu melden.«
    »Vielen
herzlichen Dank, Sheriff«, sagte ich voller Bitterkeit.
    »Noch
etwas«, fügte er hinzu. »Randall wurde kein Brandmal zugefügt wie dem Mädchen.
Übrigens, haben Sie inzwischen irgendeine Vorstellung, was das >W<
bedeuten könnte?«
    »Ich
weiß nicht«, sagte ich. » Wetback vielleicht.«
    »Der
Teufel soll Sie holen, Wheeler«, sagte er wütend. »Was glauben Sie eigentlich?
Daß ich mir ruhig anhöre, wie Sie mich auf die Schippe nehmen?« Eine Sekunde
später hatte er voller Wut eingehängt.
    Ich
legte den Hörer auf und knipste die Nachttischlampe wieder aus. Der Gedanke kam
mir, daß Francis den hysterischen Anfall vielleicht nicht deshalb bekommen
hatte, weil der Mörder ihn zu erwürgen versuchte. Wahrscheinlicher war, daß der
Gedanke, der prospektive Mörder könne in seine Taschen gegriffen und sich das
Kleingeld unter den Nagel gerissen haben, ihn so weit gebracht hatte.

ACHTES KAPITEL
     
    A m Vormittag um halb zehn erreichte ich die Randallsche Wohnung. Als ich aus dem Aufzug stieg, fand ich
mich Doc Murphy gegenüber.
    »Ein
prachtvoller Morgen, Lieutenant«, sagte er munter.
    »Ein
prachtvoller Morgen wofür — für eine Autopsie?« fragte ich ihn.
    Er
grinste. »In diesem Fall nicht. Der Bursche kommt ohne Schwierigkeiten durch.
Seine Frau schien zwar nicht arg davon erbaut zu sein, als ich es ihr erzählte —
das ist vielleicht ein Weibsbild. Murphy schloß einen Augenblick lang in
Ekstase die Augen. »Falls die mal gründlich untersucht werden möchte — das
mache ich jederzeit. Und