Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
Knabe auch der König sein.«
»Richtig, wenn er denn vermag. Das wird jedoch nie der Fall sein. Welcher windige Zauber sollte genau das bewirken?«, spöttelte Lorin.
Augenblicklich wurzelten sich Deirdres Füße auf den Treppenabsatz fest. Einige Stufen unter ihr stehend bleibend, wandten sich ihr Vater und der weiterhin spöttisch dreinschauende General und Hochlord zu ihr um.
»Die Zukunft wird es zeigen und auch ihr werdet euren Platz in dieser Geschichte einnehmen. Wir werden sehen, ob zum Guten oder Schlechtem, Kriegsherr.«
In den Augen des Hochlords flackerte es kurzweilig auf, bevor er missmutig in seiner klirrenden Rüstung davon stapfte. Er hatte nichts übrig für solche Art von Diskussion. Besonders war er nicht Willens auf den Rat anderer zu hören. Er zog es vor, selbst Ratschläge zu erteilen. Es wurde sogar gemunkelt, das er in diesem Bezug einen erheblichen Einfluss auf seinen Freund, den König, hatte. Genau das war das Gefährliche an diesem Mann. Er war eine Bedrohung für den Frieden, denn die Gedanken des Kriegsherrn waren mit unerschütterlichem Hass auf das Nachbarreich getränkt.
»Wir gehen ein erhebliches Risiko ein«, ließ Lord Jester verlauten. Seine stechenden Augen fixierten die Magierin, die seine Tochter war.
Deirdre lächelt schwach. »Mag sein! Doch gehört Risiko nicht zum Spiel des Lebens dazu?« Beinahe verlegen strich sie sich eine Falte ihres schwarzen langen Gewandes glatt. »Der Name meiner Mutter bringt mir diese Verantwortung ein, liebster Vater.«
»Ich muss etwas verpasst haben. Wann kam es dazu, dass Kinder ihre Väter in Weisheit überflügeln?« Der Lord fuhr sich über seinen kahlen Schädel und in seinem bärtigen Gesicht zeigte sich eine Spur Wehmut. »Überlass die Nachforschungen deinem Bruder. Deine Zeit wird kommen, wenn in ferner Zukunft ein Bastardprinz den Thron besteigen wird.«
»Es ist Vaters Wille, dass du dich zurückhältst«, beharrte Merthed wenige Tage später. Seine Jungenhaftigkeit irritierte sie stets. Deirdre mochte die ältere sein, aber Merthed war es zugetragen worden die Forschungen voranzutreiben. Sie sollte sich genügsam geben und sich den alten Schriften zuwenden. Aufzeichnungen über längst vergangene Zeiten, Orte und Taten, an die sich niemand mehr erinnerte.
»Ich habe Verpflichtungen gegenüber den Namen meiner Mutter«, beschwerte sie sich.
Unwirsch winkte Merthed ab. »Pflicht! Sie wird allenthalber hochgeschätzt und ebenso missbraucht. Und was den Namen deiner geschätzten Mutter betrifft, solltest du allein aus diesem Grund im Hintergrund bleiben.«
»Ich habe Angst um dich. Wenn …«
»Ich werde aufpassen. Sollten mich die Krieger der Schöpferhäuser erwischen, ist es eine Sache. Bekommen sie dich in ihre Hände, stirbt der Name Nilrem endgültig mit dir.« Er schlug den schweren Folianten mit Wucht zu, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Feine Staubkörnchen wirbelten aufgescheucht durch die Luft. »Lerne und bereite dich vor. Eines Tages wird auch deine Zeit kommen, dann werde ich dich in meine Forschungen einweihen.«
Daraufhin tat Deirdre wie ihr geheißen. Sie las und studierte. Sie blickte ihrem Bruder, der mit jedem Tag älter wurde, während sich bei ihr die Frische der Jugend hielt, über die Schulter. Sie lernte von den fernen Orten und anderen Welten. Sie erfuhr die Geheimnisse und Wunder der altvorderen Zeit, in der Panera ein Paradies hatte sein sollen. Gegründet von Göttern, Menschen, Elfen und Zwergen gleichermaßen.
Sie las von den Menschen, allen voran den Magiern von Nemibistar, die es zu der Macht des Einen, den obersten aller Götter, zog. Sie erlangte Kenntnis von dem Zorn des Schöpfergottes, der daraufhin die Stadt des Lichts zerstörte und den Sturm der Anderen entfachte. Auf das sie alle nur ein Schatten ihrer selbst wurden. Die Menschen wanden sich in ihrer Verzweiflung ob des Fluches dem Gottesoberhaupt zu. Er erhörte ihr Flehen nicht. Einzig seiner geliebten Karmaste schenkte er Beachtung.
Ein Fehler folgte dem anderen.
Während die Elfen ihre Wurzeln in der Tiefe der Vergessenheit ruhen ließen, wurden sie von den Menschen bekämpft und unterdrückt. So wurden sie mehr und mehr wie sie. Die Zwerge hatten lange alles hinter sich gelassen und wandten sich dem Glauben ihrer Ahnen zu. Sie rühmten sich der Bewahrung allen Wissens und doch vergaßen sie, dass ihr Weg einst derselbe von Mensch und Elf war.
Alles war vergessen. Entschwunden im Nichts. Genau dort, im Nichts, im Jenseits befand
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