Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
die behaupten eine Welt zu formen.«
Deirdres Gesichtszüge nahmen einen ernsten Ausdruck an. »Genau diese Ignoranz ist es, die ich meine. Nichts glauben wollen und doch fandet ihr das Grab von Karmaste, welches bis dahin nur ein Mythos war. Ihr besiegtet einen uralten Erzgott und ihr saht mit eigenen Augen den Schöpfergott. Was braucht es noch, um euch von dem Unglauben und der Ignoranz herunterzuholen?«
»Es gibt dafür mit Sicherheit Erklärungen«, erwiderte Belothar sich weigernd, nur ein Hauch davon zu glauben.
»Wenn man nach Erklärungen sucht, wird man sicherlich fündig, um den anderen glauben zu machen, dass es dafür einen Grund gibt. Diese Verdummung hat sich gut bewährt, selbst bei den Magiern der Gilden. Allem ist eine Grenze gesetzt. Natürliche Grenzen wohlgemerkt, nicht solche, die eure Art sich setzt. Ihr wollt nichts erkennen und ihr werdet dazu angehalten, nichts zu erkennen. Denn ansonsten wäre eure Gesellschaft in Gefahr, würde man die Wahrheit zulassen. Bitte haltet mich nicht für eine naive Närrin, die alles einfach so hinnimmt. Doch es gibt Dinge, die keiner Erklärung bedürfen. Sie sind da und man sollte sie akzeptieren, auch wenn man nicht dafür bereit ist.«
Belothar war eindeutig nicht für solch philosophisches Gerede geschaffen. Er war ein Mann der Tat. Er brauchte Dinge, die er berühren und sehen konnte und vorhanden waren. Entnervt entfernte er sich von der Lehrmeisterin der Philosophie und trat näher an das Ufer. Mit der Stiefelspitze suchte er nach einem passenden Stein, der würdig war, geworfen zu werden.
»Existieren Dinge nur dann, wenn wir sie betrachten können? Was ist mit jenen, welche wir nicht sehen können, weil sie uns verborgen sind? Existieren sie nur deshalb nicht, weil wir blind durch die Weltgeschichte laufen?«
»Was wollt ihr von mir?«, herrschte Belothar aufgebracht die Magierin an.
»Tatsächlich möchte ich euch eine Frage stellen.«
»Weshalb stellt ihr sie nicht einfach. Es scheint euch keine Probleme zu bereiten sich Gehör zu verschaffen. Seht ihr!« Er deutete auf sein Ohr. »Da fließt sicherlich bald Blut, so abgekaut ist es.«
Der Schelm glomm in Deirdres Augen auf, da Belothar sie mit einem gestresst wirkenden Blick bedachte. »Warum sind wir hier?«
Wenn dies nicht die Ironie in Person war, die ihn mit sardonischem Lächeln angrinste. Diese Frage war zweifellos ein Scherz. Er war nicht freiwillig an diesem Ort, sondern wurde von dieser Magierin wie ein gut verschnürtes, zappelndes Paket hierhin verfrachtet.
»Müsstet ihr diese Frage nicht mir beantworten?«
»Nein. Ihr habt uns hierher gebracht. Denn, ich war bisher nicht an diesem Ort.«
* * *
Deirdre hatte kein Wort mehr gesprochen. Sie hockte lediglich vor sich hinsinnend auf einem Stein und würdigte Belothar dabei keines Blickes.
Der junge Regent wanderte unstet auf und ab. Die Tatsache, dass er nicht dort war, wo er hätte sein sollen, brachte ihn die innere Unruhe ein. Er war zum Nichtstun auf einer kleinen nichtssagenden Insel eines Sees im Nirgendwo verdammt. Mindest ein halbes Dutzend Mal hatte er das winzige Eiland umrundet, in der Hoffnung alsbald den Grund seines Hierseins zu erfahren. Nichts ergab sich. Weder offenbarte sich ein klarer Gedanke, noch zeigten sich irgendwelche Erkenntnisse. Einzig die Stille und allmählich auf den Geist gehende Eintönigkeit machte sich breit.
Schlussendlich setzte er sich auf eine umgekippte Säule, die halb ins Wasser hineinragte und stierte auf den Spiegel aus kaltem Nass. Weshalb war er hier, fragte er sich diesmal. Hatte er etwas wofür es sich zu leben lohnt? Urplötzlich weiteten sich Belothars Augen. Hektisch stand er auf. Die tragende Rüstung ignorierend, stieg er in die kalten Fluten hinein. Jeder seiner Schritte ließ das Wasser in Fontänen aufspritzen. Erst als er bis zu den Knien darin watete, blieb er atemlos stehen. Seine suchenden Augen durchbohrten regelrecht das durchsichtige Blau des Wassers. Versunken und vergessen lag etwas Glitzerndes dort.
Eine Schneide, die strebte. Eine andere, die suchte. Die Dritte, die fand und die vierte nie aufgab. Eine Klinge, zu erobern. Eine Klinge, zu verteidigen - um jene zu beschützen, die er liebte.
Eine von diesen befand sich hier im Wasser. Belothar griff hinab.
Das Ding war anfangs störrisch, dann jedoch leicht zu bewegen. Es war, als würde der Gegenstand sich einerseits weigern umklammert zu werden, andererseits wollte es sich seinem Griff vollends hingeben.
Nachdem
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