Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
es auf Messers Schneide.
Gerade in diesem Moment kam Bewegung am Eingang der Halle. Jeamy mit Terzios, Kelthran und Thorgrim an ihrer Seite traten gemeinsam in die Halle ein. Bis an die Zähne bewaffnet schritten sie mitsamt ihrer loyalen Hüter dahinter durch den Saal. Der Zeitpunkt konnte nicht besser oder schlechter sein, denn Jeamys drohender Ruf zu Nacud hinauf, bildete augenblicklich zwei völlig verhärtete Fronten. Alle anwesenden Hüter formierten sich zu gegnerischen Linien. Einige stellten sich unmissverständlich gegen Jeamy, die Armbrüste in Anschlag, worauf die alte Hüterin mit gleicher Geste Kontra gab. Jedoch gab es viele andere aus Schwarzfels, die sich wiederum gegen ihre eigenen Leute stellten. Lediglich einige wenige zögerten, nicht wissend welcher Gruppe sie gegenüber Loyalität zeigen sollten oder wollten.
»Überleben sie es …«, fuhr Nacud, ungerührt der Situation unter sich, fort. »Dann hört ihnen zu. Und falls sie es nicht überleben, habt ihr wenigstens keinen eurer Leute verloren.«
Tödliche Stille legte sich über die Halle. Einzig das Knistern und Knacken des Holzes in der Feuerschale war zu hören.
»Wenn das nicht eine bühnenreife Pattsituation ist, dann weiß ich nicht«, kommentierte Kelthran freudestrahlend, die angespannte Lage. »So etwas nennt man in meiner Heimat eine arvelisische Sackgasse.« Er wog grinsend eine mächtige Armbrust in seinen feingliedrigen Händen. Die Schusswaffe wirkte beinahe zu groß für den grazilen Elfen . Zwei schwere Bolzen waren derweil aufgespannt, die er beide nacheinander auf seine Opfer losschnellen lassen konnte.
Nach seinen letzten Worten hatte sich Nacud mit seinem Gefangenen von der Empore nach unten in die Halle begeben. Die Klinge weiterhin an Luteks Hals gepresst, trat er näher an Celena heran.
»Verzeiht, junge Tousard. Da ihr ohnehin alle Hände voll zu tun habt, schlage ich vor, dass dieser rotschopfige Osgosaianer das Blut trinkt.«
Mit zusammengepressten Lippen ließ Celena ihre Waffe sinken.
»Zu spät! Das wird ihn leider nicht davor bewahren.« Nacud stieß mit einem wahnsinnigen Blitzen in den Augen Lutek von sich. Zornentbrannt wirbelte dieser zu ihm herum. Lutek wurde jedoch von der scharfen Spitze der armlangen Waffe, die auf seinen Bauch deutete von weiteren Handlungen abgehalten. »Sterbt jetzt oder trinkt«, drohte der Alte mit seiner krächzenden Stimme. »Es gibt kein Zurück«, brabbelte er seinen einstudierten Satz.
Thorgrim deutete mit der Axt auf die Szene. Seine Stimme war das pure Donnergrollen. »Wehe euch! Oder ihr werdet erleben, was die Berserkerwut eines Zwerges bedeutet.«
»Und wie gedenkt ihr dies zu bewerkstelligen, Herr Zwerg?«, entgegnete ausgerechnet Jascal, auf dessen Wink einige, ihm noch treu ergebene San-Hüter die Bögen spannten. Der zwergwüchsige Krieger tippte mit seinen wurstigen Fingern auf die Schneide seiner Axt. »Hiermit!«
Nicht einmal ein hustender Floh wäre in der weitläufigen Halle von Ithnamenas Festung überhörbar gewesen. Allerdings wäre das sicherlich der Grund für ein Blutbad geworden. Denn die San-Hüter waren, ob der vorangegangenen hitzigen Wortgefechte, zu zwei sich belauernde Fronten erstarrt. Nacud hielt nach wie vor seinen Dolch vor Luteks Bauch. Einen Fingerbreit näher hätte gereicht, dass Celena, alle Vorsicht vergessend, auf den Wahnsinnigen zugesprungen wäre.
Jascal war es, der sich schließlich bewegte und zu dem Kelch auf dem Beistelltisch zutrottete. Allen Anschein nach hatte er jedwede Kontrolle über seine Handlungen verloren. Womöglich eine Folge des damaligen mentalen Eingriffs durch Jeamys Magierin. Diese, die nicht weit ab von Celena stand, sich scheinbar gegen sie stellte, bestätigte mit einem vielsagenden Blick ihre Vermutung. Der Dummkopf schüttete tatsächlich das Blut in den Pokal, welcher für die Aufnahme in die Ordensgemeinschaft dargereicht wurde. Fürwahr hörte er auf jedes Wort, das man ihm einflüsterte. Unwillig sich dagegen aufzulehnen, als ob er anfällig für etwaige Manipulation wäre. Ein Umstand, den Nacud für sich zu nutzen wusste. Beim Schöpfer, wie er es anstellte.
Celena bemerkte etwas Irritierendes in den Augen des alten Kommandanten. Es war der Blick eines Zwiespältigen der einerseits Befehlen gehorchte und gleichsam seine eigenen Wege gehen wollte. Was hiervon wozu gehörte, vermochte die Kriegerin nicht zu erkennen. Doch so fest und unerschütterlich sein Blick war und zeitweise mit Wahnsinn durchtränkt, so
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