Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
fühlbar die Gesichtszüge. »Bist du in Ordnung?«, fragte er besorgt.
Es war ein müdes Lächeln was die Kriegerin ihm entgegenbrachte. Doch der Blick zu Belothar hinüber ließ das Lächeln einfrieren. Er war bereit gewesen, sich für sie zu opfern. Sie mit seinem Leben zu schützen.
Ihr Gesicht klärte sich zu milden Zügen, als sie es sich bewusst machte. Deirdre, das Wort Dummkopf auf ihren Lippen formend, stieg an ihr vorbei, um sich um die tiefe Wunde des Königs zu kümmern.
Ihr Blick wanderte von Belothar fort. Sichtlich matt und erschöpft lächelte sie erneut Lutek an. Angesichts dessen jagte es dem jungen Mann ein Stich durchs Herz. Er hatte Celena noch nie derart müde und ausgelaugt erlebt. Mit seinen Augen folgte er ihren weiterwandernden Blick, der in der Richtung aus der das tödliche Geschoss kam, innehielt.
Entfernt von Hütern und Soldaten ragte ein muskelbepackter, grauhaariger Hüne auf. Seine rechte Gesichtshälfte war von mehreren Narben entstellt. Er hielt eine schwere gewichtige Armbrust, die er mit einer Hand ohne ein Zittern der Muskeln zu halten in der Lage war. Die andere Hand krallte sich auf Sebylls Schulter, die unsicher hin und herblickend vor ihm stand. Dass die Gryposfrau solchen Respekt, ja sogar Furcht vor jemanden zeigte, war Lutek neu.
»Nur ein toter Hüter ist ein guter Hüter«, grollte das Muskelpaket in diesem Moment hasserfüllt. »Was sollte mich daher davon abhalten, euch allesamt zu töten.«
»Die Überzahl unsereins«, warf Jeamy ein. »Oder gedenkt ihr es mit uns allen aufzunehmen ... Torran?«
Der Mann zögerte und senkte langsam sein Geschütz.
»Jeamy seid ihr das?«
»Wer sonst?«
Torran starrte von Jeamy zu Belothar, dann glitt sein Blick zu Celena hinüber. Er blinzelte, als würde er verstehen. »So? Nun denn ... dann lassen wir das Blutvergießen. Für heute.«
Grob stieß er Sebyll von sich, trat an ihr vorbei und baute sich vor Celena auf. »Ich hoffe, es stimmt was erzählt wird.«
»Tatsächlich?«, gab Celena knapp von sich. Lutek spürte, dass die Lage weiterhin gespannt war wie die Sehne eines Bogens.
»Ich hörte, es gelte diesen Irrsinn, den sie Ritus nennen, für immer zu beenden. Vielleicht habe ich mich in euch geirrt. Ich war fest der Meinung, ihr gehört zu diesem da.« Mit einem sanften Neigen seines Hauptes deutete Torran zu dem getöteten San-Hüter.
»Nein!«, brummte Celena nur.
Der Hüne spie zur Seite aus und kaute auf seiner Lippe herum, als müsse er eine schwere Entscheidung fällen. Schließlich neigte er sich zu dem Toten hinab. Ungeschickt nestelte er an dessen Kragen und holte das Medaillon hervor, welches jeder San-Hüter nach absolvierten Ritus bekam. Kurz sah Torran es an, dann stopfte er es, ohne nur eine Miene zu verziehen, in ein Säckchen, das an seinem Gürtel hing. Darauf wandte er sich Sebyll zu, die ihm böse Blicke zuwarf.
»Hast du gehört, Kleine? Wir stehen auf derselben Seite.«
»Lass mich in Ruhe, Vater.«
Luteks Augen wurden unwillkürlich groß und er bemerkte in Celenas Antlitz dieselbe Überraschung.
Der riesenhafte Torran drehte sich von der Kriegerin ab und wandte sich Jeamy zu, um sich leise mit der alten Hüterin zu unterhalten.
Lutek stellte sich neben seine Gefährtin, die matt und schwer atmend dastand und mit ihrem Schicksal haderte.
Nichts war in diesem Moment angemessener, als einige Zeit fern von alldem zu verbringen. Sie wollte nur vergessen. Schwermütig verzog sie die Lippen und schritt zurück zur Stadt.
* * *
An Luteks Seite schlurfte Celena förmlich durch das zerstörte Ithnamena. Seine Sorge um sie wuchs mit jedem Moment, da er die Geliebte so sah. Traurig und vollkommen ermüdet, als wäre sie um Jahre gealtert, stapfte sie beinahe unbeholfen daher.
Lutek bot ihr gelegentliche Stütze an. »Es geht dir alles andere als gut«, stellte der Rotschopf fest, der es bislang kaum gewagt hatte, sie darauf anzusprechen.
Zu seiner Überraschung war Celena nicht wütend. Ihr Blick war eher irritiert, als wäre sie von dieser Feststellung völlig überrumpelt worden.
»Ich ... bin ein wenig müde, das ist alles.«
Lutek nickte verstehend. All die Zeit hatte diese Frau neben ihm die ganze Last auf ihren Schultern getragen. Mochte sie es aussprechen oder nicht, sie war diejenige, die so viel ertragen musste. Die Augen des Mannes wanderten zu dem völlig ausgebrannten Schöpferhaus hin.
»Ich konnte es nicht glauben«, wisperte er mit bebenden Lippen. »Der Schöpfer hatte
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