Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
Reigen. Ein schwärender Widerhall von Erkenntnis kräuselte sich im ansonst klaren Nass.
Celena fletsche die Zähne. Dass was da schwamm, waren nicht allein zur Unkenntlichkeit verbrannten Holzbalken, Tische, Stühle und dergleichen. Der Ruß, der Schmutz und Staub mochte vor Kurzem zu Wesen gehört haben, die Ithnamena bevölkert hatten. Jene hatten sich geliebt und sich gestritten. Sie hatten ihre kleinen, aber erfüllten Leben gelebt.
Erneut betrachtete sie sich in dem Glas. Auf ihrer Haut war das, was Ithnamena einst gewesen war. Verbrannte Überreste von Gebäuden, Tieren und Bäumen, Menschen und die wenigen Elfen und Zwerge die dort gelebt hatten. Das was sie sich versuchte vom Gesicht zu waschen, waren Einsame, Paare, Familien, die Eltern und Kinder.
Ihr Kinn begann zu zittern und von jäher Panik erfasst, suchte Celena den Ruß und die Asche hinfort zuwischen. Es gelang nicht. Was auf ihrer Haut lag, wollte nicht weichen und mit einem finalem Wutschrei zerschmetterte Celena das Glas vor sich. Sie konnte ihr eigenes Spiegelbild, ihr eigenes Ich nicht länger ertragen. Dafür ertrugt sie den Schmerz vom zersplitterten Glas, welches sich umgehend in ihre Knöchel bohrte.
Lange Zeit verharrte sie schwer atmend vor den zerbrochenen Scherben. Einzig die Leere war ihr Begleiter in diesem Moment.
Allein. Nur sie allein. Das war es, was es sein sollte.
Vielleicht sollte sie verschwinden. Für immer aus den Augen und dem Sinn der Menschen. Fort von Lutek, fort von allem. Sie hatte ihnen allen nur Unglück gebracht. Sie und ihre verdammte Suche nach einer Heilung. Sie hätte einfach fortgehen sollen, um nie wiederzukehren und irgendwann einsam in der Dunkelheit zu sterben.
Abermals blickte Celena in den Spiegel, nun allerdings in ein verzerrtes, in ein zerstörtes Gesicht. Eines, das sie nicht kannte. Ein verfluchter Anblick, der ihr ähnelte, doch anfocht, was er zuvor in ihr Augenlicht zurückwarf. Jetzt glich es kränkelnd, verdammt und voll sündhaft verderbter Weissagung. Angeekelt drehte sie sich um.
Sie musste rasch handeln. Verschwinden, ohne ein Wort zu sagen. Keinerlei Abschiede, zu niemanden. Ihre Gedanken in die Tat umsetzend, schritt sie zur Tür hinüber. Wie angewurzelt blieb sie plötzlich stehen.
Im Türrahmen stand finster dreinblickend Lutek.
»Wohin des Weges, Pilger?«
Celena wich seinem Blick aus.
»Sieh mich an!«, befahl er mit eisiger Stimme, die keinen Widerspruch duldete und sie gehorchte.
In den kristallenen Augen blitzte für einen Moment ein drohendes Gewitter auf. Glühender Schmerz einer schallenden Ohrfeige folgte.
»Du wirst nicht einfach weggehen!«, knurrte er zornig.
Mit düsterer Miene zog der Rotschopf Celena zurück in ihre Gemächer. »Hast du verstanden, Soldat?!«
Im nächsten Augenblick sank Celena dem Gefährten in die Arme. Ihr ganzer Körper begann zu beben. Unfähig den peinigenden Sturm der Tränen zu unterdrücken suchte sie Zuflucht an Luteks Hals. Heiß und brennend rannen ihr die salzigen Tropfen die Wangen hinab.
»Du wirst gebraucht«, fuhr Lutek mit kalter Stimme fort. «Ich brauche dich. Wir alle brauchen dich.«
Für einen Moment blitzte eine Erinnerung an ein Bild in Celena auf. Es wurde von einem weiteren heftigen Schütteln hinfort geschwemmt.
Verzweifelt krallte sie sich in Luteks Schulter. Nach einiger Zeit, da er sie nur gehalten hatte, drückte der Osgosaianer Celena mit sanfter Gewalt von sich. Er bedachte sie mit kühler, strenger Miene.
Lutek war entschlossen und trotz Vorangegangenem voller Stärke. Er würde Celena nicht gehen lassen, auch wenn es das Beste sein mochte.
»Lass mich deine Hand ansehen«, sagte der Rotschopf.
Ein wohlbekanntes Lied ertönte leise aus seiner Kehle, bei dessen Klang Celena abermals in den an der Wand zersplitterten Spiegel sah. Und wieder erblickte sie ihr Gesicht, gebrochen in den von gerechten Zorn spiegelndem Mahnruf aus Scherben.
* * *
»Wie viele Überlebende konntet ihr finden?«, erkundigte sich der königliche Berater Soveran Lord Monearl, den Belothars Ankunft aus dem Schlaf gerissen hatte. In dem Augenblick, da er von Ithnamena erfahren hatte, da schien der alte Lord um weitere Jahre gealtert zu sein.
»Nicht mehr als ein Dutzend, Lord Monearl«, antwortete Jeamy an des Königs stelle, der schweigend die Halle mit jedem seiner langen Schritte durchmaß. Man konnte meinen er würde auskundschaften, wie viel Platz ihm für ein neues Möbel zur Verfügung stand. Tatsächlich ertappte Jeamy den König
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