Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
Paffen Terzios gestört wurde. Das Rücken eines Stuhles unterbrach vollends die erdrückende Ruhe. Die Pfeife zwischen den Zähnen stand Terzios gemächlich auf und trat in die Mitte des Saals.
»Warum wollen die Adligen immer einen Schritt voraus sein?«, schnaufte der Graubart an seinem Qualm vorbei. »Es geht einfacher!«
»Natürlich! Einfach?«, wieso bin ich nicht darauf gekommen«, blökte Belothar mit belustigendem Blitzen in den Augen. »Und wie einfach ist Einfach?«
»Gebt dem Spiel die Richtung an, euer Majestät. Veranstaltet einen unvergesslichen Wettkampf im Namen des Volkes Hadaiman.«
* * *
Kaum war der letzte Splitter aus Celenas Hand entfernt, hörte der leichte Schmerz auf und die kleinen Schnitte schlossen sich umgehend.
Die düstere Miene mit der Lutek seine Gefährtin daraufhin ansah, hatte sich nicht gelegt.
»Nun, sag mir … weshalb du gehen wolltest«, brummte er.
»Wenn ich das selbst wüsste?« Die Kriegerin zuckte mit den Schultern. »Alles was ich dachte, ist wie weggeweht. Ich … kann mich an nichts erinnern.« Offen blickte sie Lutek an, der nur Wahrheit aus den himmelsblauen Augen erkennen konnte. »Mir war … als hätte ich Panik«, fügte Celena an.
»Panik oder nicht. Fortlaufen ist keine Lösung. Du wirst solchen Unsinn in Zukunft sein lassen« In seinen Augen war ein unerbittliches Funkeln, das keinen Widerspruch erlaubte.
»In Ordnung!«, versprach sie mit einen Nicken. »Es war dumm von mir!«
Flugs richtete sich der schlanke, muskulöse Mann auf. Wie ein Rachegott ragte er vor Celena empor. »Stimmt«, ließ er verlauten, wobei sich ein feines Lächeln in den Mundwinkeln einschlich.
»Luk?«
»Ja?«
»Ist bei dir alles in Ordnung?«
Ein schwerfälliges, lang gezogenes Einatmen durchzitterte förmlich den Körper des Rotschopfs. Die Furchen auf seiner Stirn gruben sich tiefer. Wortlos wandte er sich ab und trat zum Fenster hin. Pechschwarz lag die Nacht über das Anwesen von Thelerms Schloss. Er starrte ohne richtig etwas erkennen zu können in die Dunkelheit hinaus. Nach kurzen Schweigen seinerseits, bebte ein erneuter Seufzer über seinen Lippen.
»Trotz das der göttliche Vater zu mir gesprochen hatte, wollte ich es nicht wahrhaben. Ich hatte gehofft, das dem nicht so ist.« Lutek schluckte hörbar. »Nie war sie jemals seine Braut gewesen. Sie war nicht sein Prophet. Alles war stets eine Lüge.« Abermals zauderte Lutek. Seine Hand ballte sich still zur Faust zusammen. »In dem Verlies von Schwarzfels erschien mir der Antlitz meiner Mutter. Die letzten Worte bevor sie verschwand waren: Finde den wahren Propheten. Ich habe alles falsch verstanden«, murmelte er.
Es war gerade laut genug, dass Celena seine Worte verstand. Einerseits wollte er seine Gedanken teilen, gleichsam aber schien er sich vor diesen zu fürchten. Alles in Celena schrie danach zu dem Geliebten zu eilen, um ihm Trost zu spenden. Ein aufkommender Gedanke aufgrund Luteks Worte hielt die einstige San-Hüterin davon ab.
Augenblicklich schoss sie in die Höhe. Mit schnellen Schritten durchmaß sie auf der Suche nach ihrem Rucksack den Raum. Unter Ausstoß unflätiger Verwünschungen stellte sie das halbe Gemach auf den Kopf, bis sie fand was sie suchte. Wie ein Schatz raffte sie den schweren Sack, der sich in einer Truhe versteckt hatte, an sich. Auf der Lagerstatt stülpte sie den gesamten Inhalt darauf. Mit einem vieldeutigen Schnauben entnahm sie dem Haufen ein schweres ledernes Einband. Ein helles Sonnensymbol auf anthrazitfarbenen Untergrund schmückte den von Feuer gänzlich unbehelligt gebliebene Kodex. Das mittig eingelassene Auge schien sie gelassen zu beobachten.
Mit argwöhnischem Blick hatte Lutek das Treiben Celenas beobachtet. Kritisch musterte er das Buch in ihrer Hand. »Was ist das?«
»Ich trage es schon lange mit mir herum. Es nennt sich "Auf der Suche nach dem wahren Propheten". Eigentlich war es als Geschenk für Wilna gedacht, weil sie diese Art von Schriften mochte. Ich bin nie dazu gekommen, es ihr zu geben.«
Zögerlichen Schrittes kam Lutek näher und streckte zittrig seine Finger danach aus.
»Du weißt … wenn du es aufschlägst, könnte es alles … «
Die hellen Augen des Osgosaianers hefteten sich auf den Einband. Er nickte wissend. »Ja, das ist mir bewusst.«
Er nahm den Folianten in die Hände. Kurz starrte er darauf, schloss seine Lider und presste diesen sogleich fest an seine Brust. Er hob langsam den Kopf, öffnete blinzelnd die Augen und bedachte seine
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