Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
obgleich dem rundlichen Burschen aus standesgemäßem Adelshaus nur ihren Rücken zugewandt, lag sie auf der Pritsche und ließ sich von diesem bearbeiten. Rihan Wedgers geübte Hände kneteten ihr geschundenes Fleisch derart, dass es nach geraumer Zeit in seiner Rebellion innehielt.
»Perfekt«, bemerkte sie leise stöhnend. Sie dachte an den Tjost und aus irgendeinem Grunde kamen ihr jäh ihre Träume in den Sinn. Schwarz und leer waren sie anfangs. Stets aber war eine einzige Blüte als leuchtender Wegbegleiter zu sehen.
»Eine Blume. Wozu ist sie, nütze, Rihan?«
Der hielt in seiner massierenden Tätigkeit inne. Vermutlich hatte ihn die Frage leicht irritiert, sinnierte Celena schmunzelnd.
»Vielleicht … Es sei denn ... Möglicherweise ... «, stotterte der Rittergehilfe nach richtigen Worten suchend, wurde jedoch zuvor von Luteks Stimme unterbrochen.
»Muss ich mir Gedanken machen?« Er lächelte seine Gefährtin an.
Diese richtete sich abrupt auf. Ihre weiblichen Vorzüge nicht nur Lutek, sondern ebenso dem Meister der massierenden Händen präsentierend, welcher augenblicklich rot anlief. Entgeistert starrte Celena den Osgosaianer an. Ebenso leicht betreten von dem Anblick, der sich ihm bot verzog er seinen Mund. »Celena! Du … solltest dich vielleicht ein wenig bedecken«, ließ er verlauten.
»Oh!« Ein leichtes Rot schoss Celena ins Gesicht, die sich ihrer Blöße bewusst wurde. Die Kriegerin schnappte sich die nächste Decke und warf diese sich um. »Rihan danke! Ihr könnt gehen!«
Mit einer leichten Verbeugung verließ Wedger, seine Wangen waren noch gerötet, die Kemenate und überließ den beiden ihre intime Zweisamkeit.
»Hättest du mich gefragt, so hätte ich dir geantwortet, dass alles, was der Schöpfer hervorbringt, von Nutzen ist«, stellte Lutek fest als der adlige Rittergehilfe verschwunden war. »Wozu sollte er Dinge erschaffen, die zu nichts zu gebrauchen wären? Hattest du nicht nach einem Heilmittel gesucht und Karmastes Segen dafür entdeckt? Und hattest du nicht dann alle Hoffnung in dieses unbedeutende Pflänzchen gelegt?«
Celenas Miene deutete skeptische Grübelei an.
»Ich habe nie gehört, dass eine Blume einen Gegner vom Pferd gestoßen hat und bisher gewann keiner mit ihr einen Krieg.«
»Warum sollten es stets die großen Dinge sein?«, Lutek war vor sie getreten. In seiner Stimme ertönte sowohl Ermahnung als auch Ermutigung. »Die Zwerge kämpfen seit langer Zeit gegen die unendlichen Heere der Anderen. Sie sind ein ungewöhnliches kleinwüchsiges Völkchen. Sie erfanden erschreckende Dinge, um ihre Gegner zu besiegen. Nichts half. Nicht einmal ihre Armee aus Steinriesen konnte den Feind aufhalten.« Seine Augen bekamen das untrügliche Aufleuchten, das ihm zu eigen war.»Ihr erster Aufmarsch sah zu Anfangs aus als würde es zu einem nie endenden Krieg werden. Aber … «
»Es könnte sein, dass wir falsch liegen«, warf Celena, von einem Moment auf den anderen wehmütig geworden, ein. Alle um sie herum starben. Zuerst ihre Eltern und dann ihr Bruder. Nichts blieb ihr, als ob sie weiterhin verflucht sei. Jener Fluch, der jeden den sie liebte, letzten Endes ins Verderben führte.
»Es hat manche winzige Kleinigkeit den größten Feldherrn geschlagen«, fuhr Lutek unbeirrt fort. Mit leichtem osgosainischen Akzent begann er, zu erzählen.
»Es begab sich vor vielen Jahrhunderten, da versperrte ein Wächter einen Flussübergang für jeden, der des Weges kam. Niemand hatte je einen Fuß auf die andere Seite gesetzt. Der Wächter bekämpfte jeden, der es wagte, einen Schritt auf die Brücke zu setzen. Hunderte von tapferen Recken hatten es versucht. Der Wächter beendete ihrer aller Leben und behielt deren Helme als Trophäen. Unsterblich dazu verdammt wartete er lange Zeit auf den würdigen Gegner, der ihn besiegen sollte. Dann, eines Tages kam eine junge Maid des Weges. Sie hatte die Aufgabe ihres Herrn erhalten, die andere Seite des Flusses zu erreichen. Jedoch nur diese eine Brücke verband beide Ufer und wie erwartet, verweigerte der Brückenwächter auch ihr den Übergang. Weder ihre Überredungskünste noch jedwede Bestechung konnten ihn davon überzeugen, den Weg freizugeben. Wissend, dass diesem Schergen viele Tapfere zum Opfer gefallen waren, blieb der Maid nichts anderes übrig, als ihn zum Kampf aufzufordern. Das Duell war hart und unerbittlich. Diese Maid war sterblich wie all die anderen zuvor, aber sie war die erste würdige Gegnerin. So kam es, dass keiner von
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