Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
beiden für einen Moment die Oberhand gewann, um den finalen Schlag auszuführen. Der erste Tag neigte sich dem Ende zu. Der zweite und auch der Dritte folgte. Am Ende des siebten Tages schwächelte die Maid und drohte zu verlieren. Einen kurzen Augenblick der Unachtsamkeit und der Wächter stieß sie zurück. Sie taumelte. Da besann sie sich einer ihrer wenigen Habseligkeiten. Blitzschnell löste die Frau ein kleines Beutelchen vom Gürtel, welches sie stets bei sich trug. Den Sieg vor Augen, stürmte der Wächter mit triumphal erhobenem Schwert erneut auf sie zu. Er sah nicht den faustgroßen ledrigen Gegenstand in ihrer Hand. Noch bevor er sie erreichen konnte, ergoss sich der Inhalt des Beutels, ihr liebsten Spielzeugs aus Kindertagen, auf dem Boden. Runde marmorierte Schmucksteine kullerten dem Wächter entgegen. Er glitt auf ihnen aus und stürzte in sein eigenes Schwert. Der Weg war frei. Die Maid erkannte, dass einzig ihr sentimentaler Hang zu diesen unbedeutenden kleinen Marmeln ihr den Sieg gebracht hatte.«
»Eine schöne Geschichte die du dir gerade ausgedacht hast«, schmunzelte Celena.
Luteks Miene blieb jedoch ernst. »Nein«, widersprach er. »Diese Erzählung ist wahr. Weiter heißt es, die junge Frau bestattete den Wächter und legte ihre Spielkugeln als Beigabe in sein Grab hinein.« Er lächelte. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, denn ich war an jener Brücke, an jenem Grab.«
Eine Sentimentalität, eine unbedeutende Kleinigkeit brachte einen Krieger zu Fall. Vielleicht, überlegte Celena, lag in dieser Geschichte mehr Wahrheit, als man glaubte. Die Legenden der Feuerrosse und der Grypos hatten sich schließlich ebenso bewahrheitet. Sie dankte ihrem Liebsten für diese Geschichte mit einem warmen Lächeln.
* * *
Die Bemühungen, sich halbwegs normal geschweige Würdehaft zu erheben, misslang. Allein nur ein Versuch kraftstrotzender Anstrengung sorgte für einen wasserreichen Ausbruch aus ihren Poren. Die genietete Ummantelung des sperrigen Stahlgerüsts ließ weder etwas eindringen noch flossen körpereigene Säfte hinaus. Schlussendlich bekam Celena das Gefühl in einem gefüllten Wassereimer zu sitzen.
Ächzend und fluchend kam sie nach mehrmaligem Schwung auf die Beine. Sie konnte sich nicht den Eindruck erwehren, dass der Rappe, der abwartend dastand, sich ein belustigendes Wiehern verkniff.
Denn genau das erkannte sie. Streckte dieser ihr Zähne zeigend sein Maul entgegen.
»Das findest du also lustig«, blaffte sie das Tier unwirsch an. »Mit Absicht hast du das getan, du lahmender Sohn eines Ackergauls. Nichtsnutziger Ableger einer Eselstute!«
Gelassen nahm Feuerwind die Beleidigung scharrend hin, während Wolther die Zügel ergriff und das Ross zurück zum Startpunkt führte.
»So geht es nicht weiter«, gab Celena an Rihan Wedger weiter, nachdem sie sich zu ihm gesellte. Ihre Worte unterstrich sie mit dem Abstreifen ihres unhandlichen Panzerhandschuh. Die Riemen des Plattenpanzers standen als Nächstes in der Reihe des abzulegenden Stahlkleides.
»Was ist jetzt wieder mit ihr?«, erkundigte sich Wolther leise.
Der Gefragte achtete nicht auf seinen Kameraden. Er drehte seinen Kopf der Dame neben sich zu. »Wir haben bereits die kleinste Turnierrüstung für euch herausgesucht … zumal sie nicht für Männer ausgerichtet wurde.«
Ein heiseres Lachen kam von einem der am Turnierplatz aufgestellten Zelte. An einer der dicken Zeltstangen gelehnt, deutete Torran knapp mit dem Heben seines Kinns einen Gruß an.
»Ihr benötigt leichteres Rüstzeug. Nicht solches!« brummte er hinüber.
»Wirklich? Jetzt wo ihre es sagt!«, höhnte Celena, die jeden deutlich ihre Unlust an überflüssige Kommentare spüren ließ.
»Ich kann euch eine geeignetere Rüstung schmieden«, teilte der riesenhafte Gryposmann mit.
»Sicherlich nicht, weil ihr mich mögt«, zischte die junge Frau, den Haken förmlich riechend.
»Erweist mir einen Gefallen.«
Erahnend, was der baumgroße Recke von ihr wollte, entledigte sich Celena der Brustplatte, die scheppernd zu Boden krachte. »Und das wäre?« Erwartungsvoll blinzelte sie Torran entgegen. Seine Absichten waren ein offenes Buch für sie. Trotzdem wollte sie es von ihm hören.
»Überlasst mir den, der euch rekrutierte.«
»Er wird bekommen was er verdient«, versprach Celena, kaum dass Torran seinen Satz beendete. »Und Torran … es ist unser gemeinsamer Feind. Wir müssen untereinander keine Feinde sein!«
Celena musste sich beim Anblick des Hünen
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