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Vermächtnis des Schweigens (German Edition)

Vermächtnis des Schweigens (German Edition)

Titel: Vermächtnis des Schweigens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Gudenkauf
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Bitte mach, dass es aufhört!“ Laut aufstöhnend verzog sie das Gesicht vor Schmerz. Ich zog ihr die nasse, von Fäkalien beschmutzte Unterhose und die Jogginghose von den schweißnassen Beinen und stellte den Deckenventilator an. Dann machte ich sie, so gut ich konnte, sauber und wischte ihr die Beine mit einem in Franzbranntwein getränkten Waschlappen ab. Der Ventilator verteilte die abgestandene, nach Kupfer riechende Luft, und Allison bekam eine Gänsehaut. Die kühle Luft schien sie einen Moment lang mit neuer Energie zu versorgen. Sie beugte sich vor und krallte die Finger in das Bettlaken, sodass die Knöchel weiß hervortraten. Ihr panischer Blick traf meinen, und ich nahm ihr Gesicht in meine Hände. Übernahm die Kontrolle.
    Ich spüre, dass Claire sich mir von hinten nähert, und durch das Fenster sehe ich eine Frau und einen Mann auf Allison undCharm zulaufen. Der Mann ist ungefähr fünfzig, trägt ein Bandana um den Kopf und eine Lederjacke, deren Ärmel mit einem Adlerkopf bestickt ist. Die Frau ist mit dem knappen schwarzen Rock und ihren Stilettos völlig unpassend für das Wetter gekleidet. Irgendetwas hält sie in der Hand.
    Joshua hört das Geschrei von draußen und gesellt sich mit Truman zu uns. „Was ist los?“, fragt er neugierig.
    „Nichts Gutes“, murmele ich. Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen. Der arme kleine Junge, denke ich. Wer wird ihn vor seiner eigenen Vergangenheit schützen?

CHARM
    Charms Mutter bleibt direkt vor ihr stehen. Regentropfen kleben an ihren dick getuschten Wimpern und verursachen kleine schwarze Rinnsale auf ihren Wangen. Trotz ihrer Angst muss Charm ein Kichern unterdrücken. Ihre Mutter sieht aus wie ein Zombie aus einem B-Movie.
    „Was zum Teufel ist das?“ Reanne hält Charm das Foto, mit dem sie herumgewedelt hat, vor die Nase, und jede Anwandlung, zu lachen, wird sofort im Keim erstickt.
    Charm kämpft darum, gleichmäßig atmen zu können. „Woher hast du das?“
    „Du hattest ein Baby?“ Reannes Stimme ist leise und gefährlich. „Du hattest ein gottverdammtes Baby und hast mir nichts davon erzählt?“
    „Bitte“, weint Charm. „Bitte, tu das nicht.“
    „Was dann, Charm?“, kreischt Reanne. „Es ignorieren? Wer ist dieses Baby? Und wo ist es? Ist das dein Baby?“
    In diesem Moment bricht alles in Charm zusammen. All ihre Geheimnisse sind mit einem Mal gelüftet. Sie hatte doch nur Joshua schützen und sicherstellen wollen, dass er ein gutes Zuhause bekam. Sie wollte, dass er eine normale Kindheit hätte – und normale Eltern. Angewidert schiebt sie das Foto beiseite, will es nicht ansehen. „Du bist im Haus gewesen“, stößt Charm ungläubig hervor. „Du bist in Gus’ Haus gewesen und hast meine Sachen durchwühlt.“
    „Wer ist das Baby auf dem Bild?“, will Reanne erneut wissen.
    „Pst“, sagt Allison und versucht, zwischen Charm und ihre Mutter zu treten. „Bitte.“ Sie blickt zum Schaufenster des Buchladens, durch das Claire, Brynn und Joshua ihnen zusehen.
    „Du hältst dich da verdammt noch mal raus“, warnt Reanne Allison mit erhobenem Finger und mustert sie abschätzig. „Ich weiß, wer du bist. Du krankes Miststück.“
    „Rea“, versucht Binks, sie zu beruhigen.
    „Halt den Mund“, fährt Reanne ihn an und richtet ihre Aufmerksamkeitdann wieder auf Charm. „Ich habe heute Nachmittag mit Christopher gesprochen. Er hat mir gesagt, ich soll dich nach dem Baby fragen.“ Reanne stemmt die Hände in die Hüften und schaut ihre Tochter böse an. „Also frage ich dich. Erzähl mir von dem Baby.“
    „Woher hast du das?“, flüstert Charm und schaut auf das Foto in der Hand ihrer Mutter.
    „Ich bin deine Mutter“, betont Reanne, als würde das alles erklären und entschuldigen. „Hattest du ein Baby, Charm? Hast du ein gottverdammtes Baby bekommen und mir nichts davon erzählt?“
    „Hast du es genommen, als ich im Beerdigungsinstitut war?“ Charm kann die Dreistigkeit ihrer Mutter immer noch nicht fassen. „Wann bist du bei uns eingebrochen?“
    „Ich bin nicht eingebrochen“, sagt Reanne pikiert. „Ich hatte einen Schlüssel. Du bist nicht an dein Handy gegangen, also bin ich ins Haus gegangen. Ich habe mir Sorgen gemacht. Dann hab ich Jane angerufen, und sie sagte mir, dass du hierhergehen wolltest. Hör zu, Charm, irgendwas ist hier los, und ich will wissen, was zum Teufel …“
    Reanne verstummt. Als Charm sich umdreht, sieht sie, dass ihre Mutter in den Buchladen schaut und Joshua

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