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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Personensuche haben, wird man Sie mit Fragen überschütten. Alle werden denken, Sie sind gekommen, um uns nach Hause zu führen.« Ich war nicht sicher, ob sie einen Witz machte oder mir eine Frage stellte. Wie auch immer – sie lachte nicht, aber ich antwortete ihr auch nicht.
    »Wem könnte sie es denn sonst noch weitersagen?«, erkundigte ich mich und schaute mich im stillen, dunklen Wald um. Die letzten zwei Tagen war ich niemandem begegnet.
    Wieder sah Helena mich seltsam an. »Es gibt noch andere, Sandy.«
    Mir fiel es schwer zu glauben, dass irgendjemand in dieser Gegend wohnte – außer vielleicht ein paar Ewoks.
    »Sie kennen unsere Geschichte, oder nicht?«, fragte sie so leise, dass die anderen sie nicht hören konn- ten.
    Ich nickte, holte tief Luft und antwortete: »Fünf Schüler werden nach einem Campingtrip in Roundwood, County Wicklow, vermisst. Derek Cummings, Helena Dickens, Marcus Flynn, Joan Hatchard und Bernard Lynch, alle sechzehn Jahre alt und Schüler an der St. Kevin’s Boarding School for Girls and Boys in Blackrock, waren am Morgen vor dem geplanten Besuch in Glendalough nicht mehr in ihren Zelten. Helena Dickens ist die Tochter von Rory Dickens, Richter am Obersten Gerichtshof. Mr. Dickens versicherte gestern, er werde alles Menschenmögliche tun, um seine Tochter wiederzufinden.«
    Ich hielt einen Moment inne. Helena starrte mich mit fast kindlicher Faszination an und hatte Tränen in den Augen, was mich bewog, auch den Rest des Zeitungsartikels zum Besten zu geben. Auf einmal hatte ich das dringende Bedürfnis, ihr in allen Einzelheiten nahezubringen, wie die Menschen auf das Verschwinden der fünf Schüler reagiert hatten. Überall im ganzen Land hatten wildfremde Menschen bei der Suche geholfen, für die Rückkehr der fünf Teenager gebetet und den Angehörigen alle nur mögliche Unterstützung zukommen lassen. Ich fand, dass ich es sowohl diesen Menschen als auch Helena schuldig war, die ganze Geschichte zu erzählen.
    »Die Polizei erklärte heute, dass jede Spur verfolgt wird. Bisher kann ein krimineller Hintergrund des Vorfalls allerdings weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Sachdienliche Hinweise nehmen die Polizeidienststellen in Roundwood und Blackrock entgegen. Alle Schüler von St. Kevin’s haben sich versammelt, um für ihre vermissten Mitschüler zu beten. Die Einwohner von Blackrock haben den Campingplatz, an dem sie verschwunden sind, mit Blumen geschmückt.«
    Ich schwieg.
    »Was ist mit deinen Augen los, Helena?«, fragte Bernard besorgt.
    »Ach nichts«, wehrte Helena ab. »Bloß ein bisschen Asche vom Feuer«, fügte sie hinzu und tupfte sich mit ihrem Pashminaschal die Augen.
    »Ach je«, rief Joan, kam zu uns herüber und spähte Helena ins Auge. »Sieht aber nicht schlimm aus, nur ein bisschen rot, und es tränt. Wahrscheinlich brennt es ein bisschen.«
    »Ist schon gut, alles okay, danke«, beteuerte Helena, und sie ließen von ihr ab.
    »Mit Ihren schauspielerischen Fähigkeiten sollten Sie sich meiner Agentur anschließen«, lächelte ich.
    Helena lachte und schwieg dann wieder. Aber ich musste weitererzählen.
    »Man hat nie aufgehört, nach Ihnen zu suchen, wissen Sie.«
    Helena stieß ein Geräusch aus, das sie nicht unterdrücken konnte und das direkt aus ihrem Herzen kam.
    »Ihr Vater hat sich bei sämtlichen Polizeirevieren, bei jedem neuen Polizeichef und jedem neuen Justizminister eingesetzt, er hat an alle Türen geklopft und jeden Stein umgedreht. Er hat dafür gesorgt, dass überall Suchtrupps gebildet wurden, die Berg und Tal genauestens durchkämmt haben. Und Ihre Mutter, sie war wirklich toll …«
    Bei der Erwähnung ihrer Mutter erschien ein Lächeln auf Helenas Gesicht.
    »… sie hat eine Wohlfahrtsorganisation namens ›Licht im Dunkeln‹ ins Leben gerufen. Überall in ganz Irland hat sie Beratungsstellen für Familien eingerichtet, die ein Kind vermissen. Die beiden haben Sie nie aufgegeben, Ihre Mutter bis heute nicht.«
    »Sie lebt noch?« Helenas Augen wurden groß und füllten sich erneut mit Tränen.
    »Ihr Vater ist leider vor einigen Jahren verstorben.« Ich gab ihr einen Moment Zeit, um diese Information zu verarbeiten. »Ihre Mutter ist nach wie vor bei ›Licht im Dunkeln‹ aktiv. Letztes Jahr habe ich am jährlichen Wohltätigkeitslunch der Organisation teilgenommen und ihr gesagt, wie sehr ich sie und ihre Arbeit bewundere.« Jetzt kam der schwierige Teil. Ich schlug die Augen nieder und räusperte mich. »Sie

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