Vermisst: Thriller (German Edition)
Museen. Ich fühlte mich an den Campus einer Universität erinnert. Wie um alles in der Welt sollte ich hier den USB-Stick finden?
Nachdem ich mir eine Eintrittskarte gekauft hatte, schlenderte ich über das Gelände. Zwischen den eleganten, prunkvollen Bauten liefen Unmengen von Touristen herum. Die imposanten, reich geschmückten Gebäude an den von Bäumen beschatteten Wegen waren im klassischen Thai-Stil errichtet: weiß getünchte Wände, orange-grüne Ziegeldächer und goldene Türmchen am First. In der Nähe der Außenmauern boten Stände allerlei Krimskrams, Karten, Räucherstäbchen und Eis an. Gruppen von Mönchen mit rasiertem Schädel und safrangelben Roben schritten vorüber. In offenen Höfen erhoben sich mit leuchtenden Mosaikkacheln bedeckte runde Türme, die mich an Stalagmiten erinnerten. Die ganze Anlage glänzte in der Sonne wie ein Sonnenkollektorpark.
»Die Dinger heißen Chedis.«
Ich sah mich um. »Wie bitte?«
Die junge Frau hatte einen australischen Akzent und ein breites Lächeln. Sie deutete mit dem Kopf auf die reich verzierten Mosaiktürme, die ich betrachtete. »Das sind Pagoden.
Schreine.« Sie trat auf mich zu, wobei sie sich die Sportsonnenbrille nach oben in die Haare schob. »Du warst doch auch im Gästehaus, oder?«
Sie kam mir irgendwie bekannt vor, aber das mochte an dem für Rucksacktouristen typischen Outfit und dem kumpelhaften Ton liegen.
»Du siehst ein bisschen verwirrt aus«, fügte sie lächelnd hinzu.
»Jetlag. Bist du Reiseführerin?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Nein, auch Touristin. Ich warte auf Russell, meinen Freund. Mein Name ist Terry.«
»Hallo.« Ich war ein wenig irritiert, aber vielleicht lag das am Schlafmangel. Noch einmal studierte ich den Zettel mit der Adresse.
Ihre forsche Miene war wie weggeblasen. »Alles in Ordnung? Ist dir nicht gut?«
Ich brauchte Hilfe, irgendeinen Hinweis, und zwar sofort. Plötzlich spürte ich, dass ich kurz vor dem Zusammenbruch war. Die Hitze, die Müdigkeit, die Erschöpfung.
»Du bist dehydriert. Komm mit, wir holen dir Wasser.«
Ich ließ mich zu einem Stand mit Getränken ziehen. Mit einer lautstarken Mischung aus Thai und Australisch gelang es Terry, eine große Flasche Wasser für mich zu ergattern. Damit gingen wir zu einem Pflanzkübel und setzten uns in den dürftigen Schatten. Sie öffnete die Flasche und reichte sie mir. Ich kippte die Hälfte auf einmal hinunter.
Sie nahm ihr Bandana ab, benetzte es mit Wasser und legte es mir in den Nacken. Ich fühlte unendliche Dankbarkeit.
»Ich will ja nicht neugierig sein«, sagte sie, »aber hast du Ärger?«
Ich schüttelte den Kopf. »Danke für deine Hilfe.« Ich zeigte ihr den Zettel mit der Adresse. »Hast du eine Ahnung, was das bedeutet?«
Sie nickte.
»Weißt du, wie ich es finde?«
»Nicht es, ihn. Ajahn steht für Lehrer oder Priester. Es ist der Titel für einen Mönch.«
Die plötzliche Erkenntnis trieb mich auf die Beine. Sofort drehte sich mir der Kopf, und ich musste warten, bis der Schwindel nachließ. »Kannst du mir noch einen Gefallen tun?«
Sie begleitete mich zum Stand zurück, an dem sich eine Gruppe Zwölfjähriger mit Eiswaffeln drängte. Die Lebensmittelfarbe hatte ihre Lippen türkis und lila gefärbt. Die Verkäuferin musterte mich stumm. In der Hitze wollte sie sich wohl jede überflüssige Bewegung sparen.
»Ajahn Niram?«, fragte ich.
Sie bediente weiter die Schulkinder, deutete aber mit dem Kopf auf einige in der Ferne sichtbare Gebäude und sprudelte dabei Worte hervor, die mir völlig unverständlich blieben. Hilfe suchend wandte ich mich zu Terry um.
»Sie hat irgendwas vom Haupttempel gesagt«, erklärte die mir.
Die Frau wiederholte den Namen des Mönchs und tippte sich an die Wange. Sie deutete auf das Zentrum der Tempelanlage und sagte klar vernehmbar: »Wat Phra«. Als ich das wiederholte, nickte sie. »Sie da gehen. Er hinkommen.«
Ich bedankte mich und machte mich auf den Weg zum Tempel.
»Hör mal, mir geht’s schon viel besser«, erklärte ich.
Terry ließ sich nicht abwimmeln. »Dann kannst du mir ja erzählen, was los ist.«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Ich hab Zeit.«
»Wo ist dein Freund?«
»Der ist wahrscheinlich was essen gegangen. Nudeln sind ihm lieber als Buddhas.«
Ich wollte nicht unhöflich sein, aber mitnehmen konnte ich sie auch nicht. »Danke für deine Hilfe.«
»Ist doch selbstverständlich. Wat Phra ist da vorn.« Sie zeigte mir die Richtung und schritt selbst
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